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Das Lied des Achill

Das Lied des Achill

Titel: Das Lied des Achill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeline Miller
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geeignete Braut aussuchen, und auch mir stünde es frei, eine Frau zu wählen. Ich dachte an die Dienstmädchen und ihre stumpfen Blicke und erinnerte mich an Gespräche der Jungen, die ich belauscht hatte, als sie von Brüsten und Hüften schwärmten.
    Sie ist so weich wie Seide.
    Wenn sie ihre Schenkel um dich geschlungen hat, vergisst du deinen eigenen Namen.
    Die Jungen hatten aufgeregt und mit hochroten Gesichtern miteinander getuschelt. Aber wenn ich versuchte, mir vorzustellen, wovon sie sprachen, entglitten mir meine Gedanken wie Fische, die sich nicht fangen lassen wollten.
    Stattdessen drängten sich andere Bilder auf. Die geschwungene Linie eines über eine Leier gebeugten Nackens, im Feuerschein schimmernde Haare, sehnige Hände in Bewegung. Wir waren stets zusammen, und es gab für mich kein Entrinnen vom Wohlgeruch des Öls, mit dem er seine Füße einrieb, oder von dem Anblick nackter Haut, wenn er sich anzog. In Erinnerung an den Tag am Strand und die Kälte seiner Augen zwang ich mich dann jedes Mal wegzuschauen. Und natürlich dachte ich an seine Mutter.
    Ich machte mich nun manchmal selbstständig und ging schon früh am Morgen, wenn Achill noch schlief, oder nachmittags, wenn er seinen Speerwurf zu verbessern suchte, allein hinaus in den Wald. Ich nahm eine Flöte mit mir, spielte aber nur selten darauf. Oft lehnte ich mich an einen Baum und sog den scharfen Zypressenduft in mich auf, der von der höchsten Stelle des Berges herabwehte.
    Langsam, als sollte ich es nicht bemerken, glitt dann meine Hand zwischen die Schenkel in meinen Schoß. Ich schämte mich für das, was ich tat, mehr noch der Gedanken wegen, die mich dabei beschlichen. Aber viel schlimmer wäre es gewesen, ihnen im Inneren der Rosenquarzhöhle und in seinem Beisein nachzuhängen.
    Manchmal fiel es mir schwer, danach in die Höhle zurückzukehren. »Wo warst du?«, fragte er oft.
    »Dort drüben«, antwortete ich dann immer und deutete vage in eine Richtung.
    Er nickte, doch ich war mir sicher, er bemerkte, dass ich errötete.
    Der Sommer wurde heißer. Wir hielten uns im Schatten auf oder badeten im Fluss und ließen das Wasser glitzernd aufspritzen. Die Kieselsteine im Flussbett waren bemoost und kühl und glitschten unter meinen Füßen weg. Aufgeschreckt von unseren Rufen, flohen die Fische in ihre Felsnischen oder in stilleres Wasser flussaufwärts. Das reißende Schmelzwasser des Frühjahrs war längst verronnen. Der Länge nach ausgestreckt, ließ ich mich in der Strömung treiben. Es gefiel mir, die Sonne auf dem Bauch und gleichzeitig die kühlen Tiefen des Wassers unter mir zu spüren.
    Wenn wir genug davon hatten, schwammen wir auf die herabhängenden Zweige der Weiden zu und hangelten uns daran empor. An diesem Tag ließen wir uns daran herabbaumeln, schlangen unsere Beine umeinander und versuchten, den anderen zurück ins Wasser zu zwingen. Spontan ließ ich vom Ast ab und klammerte mich an seinem Rumpf fest. Er rief überrascht aus, und wir rangen lachend miteinander, bis der Ast über uns krachte und wir in die Fluten stürzten. Eingetaucht ins kühle Wasser, rauften wir uns weiter.
    Kaum waren wir wieder aufgetaucht, um Luft zu schnappen, fiel er über mich her und tauchte mich unter oder ich ihn, und so ging es eine Weile weiter, bis uns die Lungen vor Anstrengung brannten und unsere Gesichter rot angelaufen waren. Schließlich schleppten wir uns zurück an Land, wo wir uns ins Riedgras und Sumpfkraut fallen ließen, die Füße im kühlen Schlamm des Uferrandes. Wasser tropfte uns aus den Haaren, und ich sah es über seine Brust und die Arme rinnen.

    Am Morgen seines sechzehnten Geburtstags wachte ich früh auf. Cheiron hatte mir an einem fernen Berghang einen Feigenbaum gezeigt, der schon reife Früchte trug, die ersten in diesem Jahr. Achill wisse nichts davon, versicherte mir der Zentaur. Ich ging hinaus und pflückte etliche zum Frühstück.
    Es war nicht mein einziges Geschenk an ihn. Ich hatte mir beizeiten von Cheiron ein gut abgelagertes Stück Eschenholz geben lassen und fast zwei Monate darauf verwendet, eine Gestalt daraus zu schnitzen – einen Leier spielenden jungen Mann mit himmelwärts gerichtetem Gesicht und geöffneten Lippen, als würde er singen. Ich hatte die Figur bei mir, als ich loszog.
    Die Feigen hingen prall und schwer am Baum. Die violette Haut war so weich, dass sie unter meinen Fingern nachgab. In zwei Tagen würden sie überreif sein. Ich füllte eine Holzschale damit und trug sie

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