Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
Axell schob das Messer in die Scheide, verneigte sich und eilte auf die Tür zu. Zornig hallten seine Schritte durch den Raum.
»Ihr habt Euch stets auf meine Nachsicht verlassen«, warnte Stannis Davos, nachdem Ser Axell gegangen war. »Ich kann Euch die Zunge genauso leicht kürzen lassen wie die Finger, Schmuggler.«
»Ich bin Euer Mann, Euer Gnaden. Somit ist es auch Eure Zunge, und Ihr könnt damit tun und lassen, was Ihr wollt.«
»Das stimmt«, erwiderte Stannis ein wenig ruhiger. »Und ich will, dass sie mir die Wahrheit sagt. Obwohl die Wahrheit manchmal bitter ist. Aerys? Wenn Ihr nur wüsstet ... das war eine schwere Entscheidung. Für mein Blut oder meinen Lehnsherrn. Für meinen Bruder oder für meinen König.« Er
schnitt eine Grimasse. »Habt Ihr je den Eisernen Thron gesehen? Die Widerhaken in der Rückenlehne, die Bänder aus verdrehtem Stahl, die schartigen Spitzen von Schwertern und Messern, die einen verschmolzenen Wirrwarr bilden? Das ist kein bequemer Sitz, Ser. Aerys hat sich so häufig daran geschnitten, dass man ihn König Wundschorf nannte, und Maegor der Grausame wurde in diesem Stuhl ermordet. Von diesem Stuhl, meinen manche. Es ist kein Platz, auf dem sich ein Mann ausruhen kann. Oft frage ich mich, warum meine Brüder dort unbedingt sitzen wollten.«
»Warum wollt Ihr es denn?«, fragte Davos ihn.
»Das ist keine Frage des Wollens. Der Thron gehört mir, weil ich Roberts Erbe bin. So lautet das Gesetz. Nach mir muss er an meine Tochter übergehen, falls mir Selyse nicht am Ende doch noch einen Sohn schenken sollte.« Er strich mit drei Fingern leicht über den Tisch, über die Schichten von ausgehärtetem Firnis, der mit dem Alter dunkel geworden war. »Ich bin der König. Wollen hat damit nichts zu tun. Ich habe eine Pflicht meiner Tochter gegenüber. Dem Reich gegenüber. Selbst Robert gegenüber. Er hat mich nicht besonders geliebt, ich weiß, dennoch war er mein Bruder. Dieses Lennister-Weib hat ihm Hörner aufgesetzt und ihn zum Narren gemacht. Vielleicht hat sie ihn sogar ermordet, wie sie Jon Arryn und Ned Stark ermordet hat. Für solche Verbrechen muss es Gerechtigkeit geben. Die bei Cersei und ihren Abscheulichkeiten beginnt. Und nur dort. Ich beabsichtige, am Hofe mit eisernem Besen zu kehren. Das hätte schon Robert tun sollen, nach der Schlacht am Trident. Ser Barristan hat mir einmal erzählt, der Verfall von König Aerys’ Herrschaft habe mit Varys angefangen. Der Eunuch hätte niemals begnadigt werden dürfen. Und der Königsmörder ebenfalls nicht. Zumindest hätte Robert Jaime den weißen Mantel fortnehmen und ihn zur Mauer schicken sollen, wozu Lord Stark ihn gedrängt hat. Stattdessen hörte er auf Jon Arryn. Ich war damals noch in Sturmkap, wo ich belagert
wurde ... Mich hat niemand um Rat gefragt.« Abrupt wandte er sich ab und warf Davos einen harten, scharfen Blick zu. »Und nun die Wahrheit. Warum wolltet Ihr Lady Melisandre ermorden?«
Also weiß er darüber Bescheid . Davos konnte ihn nicht belügen. »Vier meiner Söhne sind auf dem Schwarzwasser verbrannt. Sie hat sie den Flammen überlassen.«
»Ihr tut ihr Unrecht. Diese Feuer waren nicht ihr Werk. Verflucht den Gnom, verflucht die Pyromantiker, verflucht diesen Narren Florent, der meine Flotte in diese Falle geführt hat. Oder verflucht meinen sturen Stolz, Melisandre fortzuschicken, als ich sie am dringendsten brauchte. Nur werft es nicht ihr vor. Sie ist meine treue Dienerin.«
»Maester Cressen war ebenfalls Euer treuer Diener. Sie hat ihn genauso getötet wie Ser Cortnay Fünfrosen und Euren Bruder Renly.«
»Jetzt sprecht Ihr wie ein Narr«, beklagte sich der König. »Sie hat Renlys Ende in den Flammen gesehen , ja, aber sie hatte daran nicht mehr Anteil als ich. Die Priesterin war bei mir. Euer Devan würde das Gleiche sagen. Fragt ihn, wenn Ihr an mir zweifelt. Sie hätte Renly verschont, wenn es möglich gewesen wäre. Melisandre hat mich zu dem Treffen mit ihm gedrängt, um ihm eine Gelegenheit zu geben, seinen Verrat wiedergutzumachen. Und Melisandre war es auch, die mich bat, nach Euch zu schicken, während Ser Axell Euch am liebsten R’hllor übergeben hätte.« Er lächelte dünn. »Überrascht Euch das?«
»Ja. Sie weiß, dass ich weder ihr Freund noch der ihres Roten Gottes bin.«
»Aber Ihr seid mein Freund. Das weiß sie ebenfalls.« Er winkte Davos näher heran. »Der Junge ist krank. Maester Pylos hat ihn mit Blutegeln behandelt.«
»Der Junge?« Er dachte sofort an Devan,
Weitere Kostenlose Bücher