Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
verlassen, in der er sie am dringendsten brauchte. »König Renlys Schatten hat man ebenfalls gesehen«, erzählte der Kapitän. »Er metzelte rechts und links alles nieder und führte die Vorhut des Löwenlords an. Es heißt, seine grüne Rüstung habe im Seefeuer gespenstisch geglüht, und sein Geweih sei von goldenen Flammen überzogen gewesen.«
Renlys Schatten . Davos fragte sich, ob seine Söhne ebenfalls als Schatten zurückkehren würden. Auf See hatte er viele sonderbare Dinge erlebt und würde deshalb niemals behaupten, es gebe keine Geister. »Hat ihm niemand die Treue gehalten? «, erkundigte er sich.
»Einige wenige«, sagte der Kapitän. »Die Familie der Königin, vor allem die. Wir haben etliche aufgenommen, die den Fuchs und die Blumen trugen, obwohl wir eine wesentlich größere Anzahl an Land zurücklassen mussten, die alle möglichen Wappen trugen. Lord Florent ist jetzt auf Drachenstein die Hand des Königs.«
Der Berg wurde höher und war von blassem Rauch gekrönt. Das Segel sang, die Trommel schlug, die Ruderer pullten gleichmäßig, und bald schon lag die Hafeneinfahrt vor ihnen. So leer , ging es Davos durch den Kopf, als er sich daran erinnerte, wie es hier früher ausgesehen hatte; damals hatten sich an allen Kais Schiffe gedrängt, hatten hinter den Wellenbrechern
vor Anker gelegen und sanft im Wasser geschaukelt. Er entdeckte Salladhor Saans Flaggschiff, die Valyria , an dem Anleger, wo früher die Zorn und ihre Schwestern gelegen hatten. Die Schiffe neben ihr hatten ebenfalls die gestreiften Rümpfe, wie sie in Lys üblich waren. Vergeblich hielt er nach der Lady Marya oder der Gespenst Ausschau.
Sie holten das Segel ein, als sie in den Hafen einfuhren, um nur mit Hilfe der Ruder anzulegen. Der Kapitän trat zu Davos, während das Manöver vonstattenging. »Mein Fürst wird Euch sofort sehen wollen.«
Noch ehe er antworten konnte, überfiel Davos ein Hustenanfall. Er umklammerte die Reling, stützte sich daran ab und spuckte ins Wasser. »Der König«, keuchte er. »Ich muss zum König.« Denn wo der König ist, finde ich auch Melisandre .
»Niemand geht zum König«, erwiderte Khorane Sathmantes unnachgiebig. »Salladhor Saan wird Euch über alles in Kenntnis setzen. Zuerst müsst Ihr zu ihm.«
Davos war zu schwach, um zu widersprechen. Er brachte lediglich ein Nicken zu Stande.
Salladhor Saan befand sich nicht an Bord der Valyria . Sie spürten ihn eine Viertelmeile entfernt an einem Kai auf, im Frachtraum einer Kogge aus Pentos, die den Namen Reiche Ernte trug, wo er mit zwei Eunuchen die Ladung überprüfte. Einer hielt eine Laterne, der andere eine Wachstafel und einen Griffel. »Siebenunddreißig, achtunddreißig, neununddreißig«, zählte der alte Gauner, als Davos und der Kapitän die Kajütentreppe hinunterstiegen. Heute trug Salladhor Saan ein weinfarbenes Gewand und hohe Stiefel aus gebleichtem weißem Leder, das mit verschnörkelten silbernen Verzierungen besetzt war. Er zog den Stöpsel aus einem Gefäß, roch daran, nieste und sagte: »Grob gemahlen und nur von mittlerer Güte, verrät mir meine Nase. Im Frachtbrief stehen dreiundvierzig Gefäße. Da frage ich mich doch, wo die anderen geblieben sind. Diese Pentoshi, glauben die denn, ich könne nicht zählen?« Dann erblickte er Davos und verstummte
kurz. »Habe ich Pfeffer im Auge, oder sind es tatsächlich Tränen? Steht da wirklich der Ritter der Zwiebeln vor mir? Nein, wie könnte das sein, mein teurer Freund Davos ist auf dem brennenden Fluss gestorben, darüber sind sich alle einig. Warum nur sucht mich sein Geist heim?«
»Ich bin kein Geist, Salla.«
»Was denn sonst? Mein Zwiebelritter war nie so dünn oder so blass wie Ihr.« Salladhor Saan schlängelte sich zwischen den Gewürzgefäßen und Stoffballen hindurch, die den Frachtraum des Handelsschiffes füllten, umarmte Davos kräftig, küsste ihn auf beide Wangen und ein drittes Mal auf die Stirn. »Ihr seid noch warm, Ser, und ich fühle Euer Herz klopfen. Sollte es wahr sein? Dass das Meer, das Euch verschlungen hat, Euch auch wieder ausgespuckt hat?«
Davos musste an Flickenfratz denken, den schwachsinnigen Narren von Prinzessin Sharin. Der war ebenfalls schiffbrüchig im Meer versunken, und als er wieder an Land kam, war er verrückt geworden. Bin ich auch verrückt? Er hustete und hielt die behandschuhte Hand vor den Mund. »Ich bin unter der Kette hindurchgeschwommen und wurde auf einem der Speere des Königs der Meerjungfrauen angespült. Dort
Weitere Kostenlose Bücher