Das Mädchen-Buch
Kinder nach dem Wundertüten-Prinzip bekommen. Ich wollt nicht wissen, was es wird. Die Kinder kamen, und dann war der erste Gedanke: Ist es gesund? Und dann erst: »Es ist übrigens ein Mädchen.« Das war für mich: »Aha, jetzt bin ich also Vater einer Tochter.« Ich weiß noch, wie meine älteste Tochter zur Welt kam und mir durch den Kopf ging: »Jetzt bin ich Vater einer Tochter, mal gucken, wie das wird.« Ich war erst mal neugierig auf dieses Abenteuer. »Was passiert denn jetzt?« Und das hat sich auch durchgehalten. Noch heute sitze ich manchmal hier in unserem Familienzusammenhang rum und denke: »Irre, das hätte mir vor zwanzig Jahren mal einer sagen sollen, dass ich je in einem Haushalt, wenn ich den Hund dazu rechne, mit vier Weibern rumhänge.« Sensationell! | 169 |
»Mädchen lieben andere Musik als Jungen«
Was hast du durch deine Töchter gelernt?
Über eine lange Zeit sieht es ja fast so aus, als wenn Mädchen dasselbe tun wie Jungs. Die buddeln Löcher in den Sand, wenn du mit ihnen am Strand sitzt, und machen nicht unbedingt irgendetwas, was einem besonders weiblich erscheint. Das ist natürlich auch von Fall zu Fall verschieden. Es gibt Mädchen, die sind mehr wie Jungs, und Mädchen, die sind von Anfang an wahrscheinlich eher mädchenhaft.
Ein Unterschied zwischen Mädchen und Jungen ist allerdings der Musikgeschmack. Das mag jetzt ein Klischee sein, aber ich behaupte: Mädchen wollen immer eine körperbetonte Musik haben, eine Musik, zu der sie sich bewegen können. Und bei Jungs ist das nicht unbedingt so. Den Jungs ist die Tanzbarkeit von Musik erst mal ziemlich egal. Hauptsache ist, sie können ihre Gefühle damit ausdrücken – ob das Aggression ist, Traurigkeit, Ausgelassenheit, Frustration, was auch immer. Männliche Musik ist meistens aggressiver. Bei meinen Söhnen war das ganz eindeutig; sobald sie selber entschieden haben, welche Musik sie denn jetzt zu ihrem Soundtrack ernennen, war das schon harte Musik. Das war schon irgendwie Cross-over, Punk, auch Hip-Hop natürlich. Meine Jungs sagen zum Beispiel, die Musik meines Freundes Clueso sei was für Mädchen. Denen ist das zu soft. Wobei ich denke, dass die Herren da noch was kapieren müssen. Denn das stimmt nicht.
Aber ich kenn das eigentlich von allen Frauen, denen ich begegnet bin. Frauen tanzen einfach lieber. Ich kenne kaum Jungs, die gerne tanzen. Vielleicht hängt das aber auch damit zusammen, dass ich nur solche Jungs kenne. Vielleicht ist es ja auch nur ein übler Verdacht, aber in der Regel ist es so, dass Jungen, solange sie im Balzalter sind, halt tanzen gehen. Sonst kommt man ja nicht zu Potte. Aber ansonsten war ich immer froh, wenn ich nicht tanzen musste … um mal ganz ehrlich zu | 170 | sein. Außerdem hab ich meistens in der Band gespielt und von der Bühne aus beobachtet, wie sich tanzende Jungs zum Affen gemacht haben.
»Ich bin sozusagen der Crashtest-Dummy«
Was ich natürlich bemerkt hab, ist, dass ich als einziger Mann in diesem Haushalt natürlich derjenige bin, an dem alles ausgetestet wird. Es wird zum Beispiel ausgetestet, wie man wo am besten durchkommt, wie man mit den Augen klimpert, um das und das zu kriegen, und das auch möglichst geschickt. Meine Frau sagt immer, ich würde überhaupt nichts merken, wenn sie mich austricksen. Natürlich merk ich das, ich lasse halt viel durchgehen, weil ich denke: »O. K., lass sie mal machen.« Ich bin sozusagen der Crashtest-Dummy, und das ist gut so, aber du musst auch viel Geduld haben. Unsere Töchter sind vom Temperament relativ verschieden, und jede von ihnen geht das unterschiedlich an.
Auf der anderen Seite merke ich, dass meine Töchter mir auch gerne gefallen möchten und dass sie sich zum Beispiel manchmal in einer Form kleiden, von der sie denken: »Das gefällt dem Papa.« Müssen sie gar nicht. Ich würde sie trotzdem klasse finden, auch wenn es mir natürlich schmeichelt.
Jungs
Sind Jungs anders als Mädchen?
Mit den Jungs hab ich das große Handicap, dass ich mit denen in dem Alter, wo sie dann vom Jungen zum Mann wurden, nicht mehr in einem Haushalt zusammengelebt habe. Also ich habe diesen Alltag nicht erlebt. Ich habe diese Vaterrolle teilweise auch versäumt. Der Vater, der sagen musste: »Nee, nee, so | 171 | nicht, bitte anders.« Das hab ich leider versäumt und das tut mir heute sehr leid, weil ich genau weiß, dass sie es gebraucht hätten. Denn so, wie man an einem Vater als Mädchen alles Mögliche testet, so will sich ein
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