Das Mädchen-Buch
Selbstwertgefühl der Mutter transportiert sich geradewegs unter ihre Haut, unmerklich, und es wirkt umso effektiver.
»Meine Mutter achtet sehr auf ihr Äußeres, sie hat ständig Diäten gemacht, sie fand sich immer zu dick. Wenn wir gegessen haben, hat sie oft nicht mitgegessen. Heute achte ich auch darauf, dass ich z. B. abends mal nichts esse.« | 159 |
HELENA, 15 JAHRE
Das Körperbild, die Zufriedenheit mit sich und ihrem Körper vermittelt die Mutter ebenso durch die Art, wie sie Mutter ist. Gibt es ein vertrauensvolles Verhältnis zu Hause? Sind die Rollen klar? Kann die Tochter sich anlehnen bei ihr als erfahrener stabiler Frau, die ihr Halt bietet, oder ist sie selbst sehr unsicher und kann der Tochter keinen geschützten Rahmen bieten?
»Ich hatte immer Angst vor einer Mutter-Tochter-Beziehung, weil ich selbst keine gute hatte. In der Pubertät war meine Mutter nicht da. Ich habe meine Freundinnen beneidet, dass sie mit ihren Problemen zu ihrer Mutter gehen konnten. Bei uns gab es kein Vertrauen.«
JOHANNA, 40, DREI JUNGEN UND EIN MÄDCHEN
Die Frage, wie wir unsere Mutterrolle ausfüllen, hängt entscheidend damit zusammen, was wir darüber selbst gelernt und erfahren haben. Wie sind wir ausgestattet? Hatten wir eine Mutter, die uns beschützt, gefördert, geliebt und unterstützt hat? Eine, die einen Beruf hatte, der sie ausfüllte? Eine, die zufrieden war, den Haushalt zu schmeißen und die Kinder zu erziehen? Eine, die ein respektvolles Verhältnis zu unserem Vater hatte? Hat sie uns mitgegeben, dass Frausein eine tolle Sache ist, und mochte sie sich selbst als Frau? Mädchen spüren in vielen Dingen, ob ihre Mutter mit ihrer Rolle als Frau im Einklang ist oder ob sie sich oft minderwertig fühlt. Vermittelt sie: »Sei schön brav und fang keinen Streit an«, oder sagt sie: »Deine Meinung ist wichtig, und wenn du in der Schule ungerecht behandelt wirst, kannst du dich dazu äußern«? – Nörgelt sie eher an Aussehen und Auftreten ihrer Tochter herum oder bestätigt sie sie und gibt ihr die Gewissheit: »Du bist gut so, wie du bist.«
Wenn Mädchen in die Pubertät kommen, wenn sie sich | 160 | vom Kind zur Frau entwickeln, ändert sich etwas: Sie sind jetzt selbst eine Frau, sie sind begehrenswert im erotischen Sinne, sie können vielleicht Kleider tragen, die wir nicht mehr anziehen können, sie führen uns vor Augen, dass sie jetzt dran sind. Das kann auch schmerzlich sein. Die Mädchen spüren sehr genau, wie ihre Mütter das erleben:
»Ich glaube, die Pubertät ist ein Problem für die Eltern. Denn wenn die sehen, wie wir erwachsen werden, dann spüren sie, dass sie alt werden. Es fällt ihnen sehr schwer, diese Realität zu akzeptieren.«
JANINA, 16 JAHRE
Junge Mädchen müssen sich ablösen von ihrer Mutter und einen eigenen Weg finden. Gleichzeitig sind wir als Mütter für junge Mädchen sehr wichtige Bezugspersonen. So sind Mütter für Mädchen mit Abstand die wichtigsten Personen der Sexualaufklärung. 68 % der Mädchen deutscher Nationalität geben sie als wichtigste Bezugsperson an. Das zeigt auch, dass es eine Vertrauensbasis zwischen den beiden gibt. Mädchen aus Migrantenfamilien bezeichnen ihre Eltern deutlich seltener als »wichtigste Bezugspersonen«. 74
Coach
Für die Tochter ist es eine Riesenhilfe, wenn wir uns mit unserer Haltung uns selbst und unserer Tochter gegenüber auseinandersetzen. Wenn wir uns »minderwertig« fühlen, ist es eine hilfreiche Frage, wie wir daran etwas verändern können. Sehr viel hilfreicher, als dieses Minderwertigkeitsgefühl | 161 | unreflektiert weiterzugeben. Konkurrenzgefühle, weil die Töchter jetzt »dran« sind, weil sie schön sind, schöner als wir, weil sie leichter den Vater um den Finger wickeln können, sind normal. Wenn wir uns darüber klar sind und sie reflektieren, können wir dafür sorgen, dass wir sie den Mädchen nicht weitergeben. Sie probieren sich aus und bereiten sich vor auf ihr Leben als Frau. Wir können uns ihnen zur Verfügung stellen – mit unserer Erfahrung, unserem Mitgefühl und unserer Haltung. Und wir können uns freuen, wenn es ein gutes Vater-Tochter-Verhältnis gibt. Väter nehmen Müttern nichts weg – im Gegenteil, ein gutes Verhältnis zwischen Vater und Tochter entlastet und bereichert die Beziehung zwischen Mutter und Tochter – die Mutter muss nicht alles können und sie muss nicht alle Bedürfnisse abdecken.
Was Mädchen sich von ihren Müttern wünschen:
»Dass sie stolz
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