Das Mädchen, der Koch und der Drache: Roman (German Edition)
Sängerin starten. Ihre Stimme ist klarer und reiner denn je, aber zugleich auch gebrochen und sinnlich. In ihrem Auftritt steckt so viel Leidenschaft, dass den Zuhörern das Blut in den Kopf steigt. »Komm zu mir heute Nacht. Meine Tür steht einen Spalt offen …«, haucht sie mit geschlossenen Augen ins Mikrofon.
Unter den Gästen befinden sich auch der Goldene Drache und seine Leute. Während seine Männer nur Stehplätze haben, sitzt er am Tisch und speist zusammen mit Boss Guan, seiner Ehefrau Yeye und anderen Unternehmern. Dass er sich von Mendys Stimme verzaubert fühlt, steht ihm ins Gesicht geschrieben. Er ist selbst überrascht, wie ihn diese junge Frau immer noch in ihren Bann zieht, obwohl er jeden Zoll ihres Körpers erkundet hat. Als er merkt, dass Mendy manchmal nach hinten verschwindet, um in ein neues Kostüm zu schlüpfen, hat er eine Idee.
Da die Szenen auf der Bühne schnell wechseln, bietet sich bald eine Gelegenheit für ihn. Mendy verlässt gerade die Bühne, um Yulin und Anton für ein Liebesduett Platz zu machen. Durch die offene Küchentür registriert er, dass die junge Frau in die Küche geht und dann durch die Hintertür in den Hof verschwindet. Es liegt nahe, dass sie sich im Sonnenzimmer im Hinterhaus umziehen will.
Inzwischen haben sich die meisten Gäste den Bauch vollgeschlagen und bleiben nicht länger an ihren Tischen sitzen, sondern wandern hierhin und dorthin, um sich zu unterhalten. Der Goldene Drache gibt seinem Leibwächter ein Zeichen, dass er ihm nicht folgen soll. Dann steht er auf, tut so, als wäre es ihm zu heiß, und schlendert mit einem Glas in der Hand in den Hof.
Es ist ein schöner Hof mit Bäumen, Hecken und Bänken. Drei Paare stehen unter den Bäumen und plaudern. Ihre Gesichter kann der Goldene Drache in der Dunkelheit nicht erkennen, aber Mendy ist nichtdarunter. Schnurstracks geht er auf das Hinterhaus zu. Er stellt sich vor, wozu das Sonnenzimmer gut ist, und grinst schon vor Freude.
Aber als er die Tür zum Hinterhaus aufreißt und die Treppe zu Guans Sonnenzimmer hinaufschleicht, fliegt plötzlich ein Tuch aus dem Dunkel und nimmt ihm die Sicht. Bevor er sich befreien kann, erhält er einen Fausthieb aufs rechte Ohr und taumelt die Treppe hinunter.
Als er wieder zu sich kommt, liegt Boss Hong tatsächlich im Sonnenzimmer. Rücklings auf der Couch und benommen.
Mehr als ein halbes Dutzend Gesichter beugen sich über ihn: Guan Baohan, Yeye, Himmelsstachel, sein Leibwächter, Gingko, Mendy und Tubai. Alle sehen besorgt aus.
»Was ist los?«, fragt er kläglich.
»Du bist die Treppe hinuntergefallen«, sagt Guan Baohan ernsthaft.
»Und warum ist meine Hose so nass?«
Guan Baohan schweigt verlegen. Auch Mendy will ihm nicht sagen, dass er die Kontrolle über seine Blase verloren hat.
»Wir haben dir einen Eisbeutel zwischen die Beine gelegt«, sagt sie errötend. »Für den Fall, dass du dir bei deinem Sturz die Hüfte verstaucht hast.«
Der Goldene Drache richtet sich auf, sein Steißbein tut höllisch weh. »Ich glaube, ich fahre besser nach Hause«, sagt er und schlägt die Augen nieder.
Sofort springen Himmelsstachel und der Leibwächter an seine Seite und helfen ihm auf. Als auch Tubaiihm helfen will, winkt Boss Hong müde ab. Er will zum Schaden nicht auch noch den Spott haben. Mühsam humpelnd geht er die Treppe hinunter, während die anderen ihm folgen wie der Hofstaat einem gestürzten Tyrannen.
»Ein schönes Fest«, sagt er würdig, während ihn der Leibwächter stützt und Himmelsstachel den Wagen herbeiholt.
»Wir danken dir, dass du gekommen bist«, sagt Mendy höflich.
Vorne in der Gaststätte neigt sich indessen die Feier dem Ende entgegen. Es ist kurz vor Mitternacht. Das frisch vermählte Paar will sich in seine Wohnung zurückziehen und dort weiterfeiern. Auch viele Gäste steigen in ihre Autos. Nach chinesischer Sitte muss das Brautgemach vor der Brautnacht mit Lärm und Leben gefüllt werden. Mendy und Tubai stehen vor dem Restaurant und winken dem Tross zu.
»War das nicht eine schöne Hochzeitsfeier?«, fragt Mendy. »Das war ein guter Start für die neue Strahlende Perle .«
»Wir haben auch geheiratet«, erwidert Tubai bedrückt. »Ich bin dein Mann, aber niemand weiß es außer der dummen Behörde! Du bist meine Frau. Hast du das schon vergessen?«
Mendy wirft ihm einen scharfen Blick zu. »Nein, Tubai, gar nichts hab ich vergessen«, sagt sie mit fester Stimme. »Ab morgen hat unser Restaurant normale
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