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Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Titel: Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Talent aufkeimen soll. Mendy wendet sich von ihm ab und seufzt innerlich.
    Aber jetzt beginnt Oswald auf der Gitarre zu klimpern. Einen Moment später setzt Marcel mit seinem Saxofon ein. Nachdem sie drei Melodien vorgespielt haben, lächelt Mendy sie an. Es ist nicht zu überhören, dass Oswald sein Instrument gut beherrscht. Und Marcel? Bei seiner Musik spürt sie zwar keine Leidenschaft, aber immerhin spielt er sauber. Vielleicht hat er ja doch ein gewisses Talent.
    Dann ist Mendy an der Reihe, ihr Können zu zeigen. Sie weiß zwar noch nicht so recht, was sie von den beiden Männern und ihrer Band halten soll, aber jedenfalls will sie nicht hinter ihnen zurückstehen. Dazu ist sie zu ehrgeizig. Sie nimmt seit Jahren Gesangsunterricht, erst in China und auch jetzt noch gelegentlich in Berlin. Dass sie als Erstes ein Lied von Marlene Dietrich singt, verblüfft die Männer.
    »Wenn ich mir was wünschen dürfte, möchte ich etwas glücklich sein« , singt sie – ein trauriges Lied. Aber wie sie da ganz gerade mitten im Zimmer steht und ohne jede Begleitung mit klarer Stimme ein deutsches Lied singt, das schlägt ihre Zuhörer sofort in Bann. Um ihre Rührung zu überspielen, klatschen beide Männer Beifall und lachen.
    Mendy verbeugt sich. »Und jetzt müsst ihr mir helfen«, sagt sie. »Ich brauche ein bisschen Begleitung. Kennt ihr Smile ?«
    »Na klar«, sagt Oswald, und Marcel setzt sich gleich ans Klavier. Er scheint wirklich ein Alleskönner zusein.
    Das »Lächeln« klappt ziemlich gut, und alle drei haben so viel Spaß, dass sie gleich noch Summertime und den St. Louis Blues dranhängen. Zum Abschluss singt Mendy dann noch ein chinesisches Lied. Marcel hört bloß zu, aber Oswald improvisiert nach der ersten Strophe gleich eine Begleitung auf der Gitarre. Es hört sich ziemlich exotisch an.
    »Hey, jetzt können wir deutsche, englische und chinesische Lieder spielen«, ruft Oswald und streichelt aufgeregt das eigene Knie. »Wir sind absolut einmalig!«
    Marcel wackelt mit dem Kopf, verdreht die Augen und fragt: »Sind wir dann eine deutsche oder eine chinesische Band? Mit Florian …«
    Aber Oswald lässt keinen Widerspruch zu. »Wieso reden wir noch über Florian? Er hat uns sitzen lassen. Wir müssen jetzt ein neues Kapitel aufschlagen.« Dann lacht er. »Den Namen brauchen wir auch nicht zu ändern: Ab sofort sind wir beide das Fenster, und Mendy ist unser Salat!«
    Fenster? Salat? Mendy muss ebenfalls lachen. Dann hält sie die Hand vor den Mund. »Ich werde bald Bankangestellte. Ich weiß nicht, ob sich das mit meiner Rolle als euer Salatkopf verträgt. Und Zeit hab ich natürlich auch nicht sehr viel.«
    »Was für einen Beruf man hat, ist doch egal«, widerspricht Oswald eifrig und unterstreicht seine Worte mit einem Gitarrenakkord. »Wenn ich mit dem Studium fertig bin, werde ich wahrscheinlich Rechtsanwalt. Aber vor allem bleibe ich Musiker. Wie ein Vogel: Mal sitzt er am Boden, mal schwingt er sich in die Luft, um zu singen.«
    »Oder wie ein Frosch«, grinst Marcel. »Mal sitzt er am Ufer und quakt, mal springt er ins Wasser.«
    Oswald hebt die Gitarre, als wollte er sie seinem Freund auf den Kopf schlagen. »Na, wer hier wohl der Frosch ist«, sagt er.
    »In jedem Fall braucht ihr keinen Salatkopf«, sagt Mendy, »sondern Fliegen und Mücken!«
    »Hast du Hunger?«, fragt Oswald, springt auf und rennt auch schon in die Küche.
    Wieder ist Mendy mit Marcel allein. Dem jungen Mann ist es jetzt peinlich, dass er zuerst so ablehnend war, als Oswald ihn drängte, die junge Frau als Bandmitglied zu akzeptieren, und er bemüht sich, den Fehler wiedergutzumachen. »Oswald hat schon viele Songs geschrieben«, sagt er. »Die Leute mögen uns. Ich bin mir sicher, dass wir bald eine Anfrage von einer Plattenfirma kriegen. Also überleg es dir gut. Oswald macht nicht jedem ein Angebot, der ein paar Lieder zwitschern kann. Wenn du wirklich …«
    »Ich singe leidenschaftlich gern und probiere alle Stilrichtungen aus, aber ich hab keinen eigenen Stil. Ich weiß nicht, ob ich für euch die Richtige bin«, sagt Mendy.
    Marcel macht ein enttäuschtes Gesicht. Doch ehe er etwas erwidern kann, klingelt sein Handy. Er wirft einen Blick aufs Display, zuckt mit den Achseln und nimmt das Gespräch an. »Ja?«, sagt er.
    Es ist offenbar seine Freundin. Mendy hört die Frauenstimme durchs halbe Zimmer, und die Art undWeise, wie Marcel darauf reagiert, lässt keinen anderen Schluss zu: eine Mischung aus

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