Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman
Schürze um.
Als Guan den Scherbenhaufen sieht, zieht er die Augenbrauen hoch. »Herr im Himmel! Wollt ihr mich arm machen? Wer schlägt denn hier alles kaputt?« Er wirft Tubai einen grimmigen Blick zu.
Der junge Mann zieht den Kopf ein. »Tut mir leid. Ich hätte die Teller wie meinen Augapfel hüten sollen.« Er ist dabei, die Scherben in einen Abfalleimer zu schaufeln, jetzt beschleunigt er seine Bewegungen. Da sein linkes Handgelenk immer noch höllisch wehtut, kann er nur die rechte Hand einsetzen.
»Du kennst meine Regel. Ist es deine Schuld, ziehen wir den Schaden von deinem Lohn ab«, sagt der Restaurantbesitzer in Tubais Richtung.
Als jetzt auch noch Oswald mit einem Geschirrtuch aus der Wäschekammer kommt, macht Guan ein Gesicht, als sähe er einen Käfer auf einem Stück Schweinebraten herumwandern. »Was hat der Deutsche hier zu suchen? Einen Lautsprecher zur Verbreitung übler Nachrede brauche ich nicht«, sagt er auf Chinesisch zu seiner Tochter.
»Aber Papa! Üble Nachrede gibt es bei Deutschen nicht!«, sagt Mendy. Dann wechselt sie abrupt ins Deutsche. »Ich habe noch einen Küchengehilfen bestellt. Möchtest du uns so lange helfen, bis er eingetroffen ist, Oswald?«
»Ich wollte ja eigentlich nur meinem Freund Tubai helfen. Aber wenn ich mich nützlich machen kann, warum nicht?« Oswald hebt die Schultern und spitzt die Lippen. Nichts auf der Welt fällt ihm schwer.
»Eine moderne Küche. Mit leistungsstarker Belüftung. Nicht schlecht«, lässt sich der Goldene Drache vernehmen. Er schnuppert an einer der herunterhängenden Peking-Enten, macht hier eine Schachtel und dort einen Schrank auf. Niemand hat Zeit, ihn daran zu hindern.
Oswald? Küchengehilfe? Vater Guan verdreht die Augen. Ein einziger Blick hat ihm genügt, um zu sehen, dass der junge Mann nicht hierhergehört. Zu gut gekleidet, zu viele Worte, zu viele flatternde Bewegungen. Das ist doch ein Kindskopf, der noch nie hart gearbeitet hat und für sein Leben nicht kämpfen muss. Aber Boss Guan ist ein reifer Mann. Er ahnt, was sich da zwischen den beiden jungen Menschen anbahnt, auch wenn es ihn nicht gerade freut. Deshalb sagt er: »Na gut. Aber wirf Geschäft und Freundschaft nicht in einen Topf. Sonst kann es schnell passieren …«
»Keine Zeit für Personaldiskussionen, Papa«, unterbricht die Tochter den Vater und tippt ein paar Bestellungen in den Computer. Während der Drucker rattert, hört sie jemanden an die Durchreiche klopfen. »Ich komme!«, ruft sie auf Deutsch und trabt in RichtungRestaurant. Ihr ist klar, dass die Gäste ungeduldig sein müssen. »Beeil dich, Papa!«, ruft sie ihrem Vater zu. »Da vorn sitzen hungrige Wölfe und Bären. Wenn sie nicht bald etwas kriegen, werden sie deine Tochter auffressen!«
»Haha!« Der Goldene Drache lacht amüsiert. Er hat sein Gesicht zwar Boss Guan zugewandt, aber sein Blick hängt am Rücken der schlanken Tochter. Die Vorstellung, dass sie gefressen werden könnte, scheint ihm zu gefallen. »Hm«, sagt er. »Chinarestaurant Strahlende Perle . Viele Chinarestaurants hier sind ihres Namens nicht würdig. Aber du hast wirklich eine strahlende Perle, Boss Guan.«
Guan wirft einen Blick auf den Zettel mit den Bestellungen, nimmt einen Brokkoli und dreht ihn in seinen Händen. »Eigentlich habe ich das Restaurant gegründet, um nicht mehr selbst kochen zu müssen. Aber meine Leute finden immer eine Methode, um mich an den Herd zu kriegen.« Er geniert sich, vor dem reichen Hong Litong mit Schöpflöffel, Küchenmesser und Bratenwender hantieren zu müssen. Da der andere sich immer noch nicht verabschieden will, sagt er: »Unsere Küche wird deine Schuhe schmutzig machen. Ich möchte dich wirklich nicht aufhalten.«
»Na, na, ich werde doch meinen neu gewonnenen Freund nicht im Stich lassen«, sagt der Goldene Drache. Er hängt sein Jackett an den Nagel und krempelt die Ärmel hoch. Dann stellt er sich neben seinen Gastgeber. Da es zehn verschiedene Kochplatten gibt, ist genug Platz für beide. »Ich koche gar nicht so übel. Lass mich eine Weile bleiben, bis du aus dem Engpassheraus bist.«
Boss Guan bleibt nichts anderes übrig, als mit dem Goldenen Drachen zusammen zu kochen. Damit die Sache nicht zu kompliziert wird, lässt er den Gast zuerst etwas Einfaches machen: junge Zuckererbsen mit Shrimps. Die Zutaten werden getrennt und schnell gebraten, auf den Teller kommen zuerst die grünen Erbsen, dann werden die roten Shrimps daraufgelegt. »Das Gericht muss wie eine
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