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Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Titel: Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Entschuldigungen und Beschwörungen, wie man sie öfter hört, wenn es in einer Beziehung Probleme gibt. Mendy überlegt schon, ob sie das Zimmer verlassen soll, da steht Marcel auf und geht von sich aus ins Wohnzimmer.
    Mendy sieht sich in dem halbdunklen Zimmer um. Die Wohnung gefällt ihr. Eine ganze Wand ist mit Büchern, Noten, CDs und Platten gefüllt. Mendy stellt sich davor, legt den Kopf schräg und versucht, die Titel der Alben und die Namen der Interpreten zu lesen.
    »Ich weiß schon, wie wir es machen«, ruft Oswald. »Marcel und ich ziehen schwarze Klamotten an. Wir symbolisieren die schwarze Erde. Und du ziehst dein rotes Seidenkleid an, Mendy. Du bist die Kraft des Lebens, die aus der Erde kommt. Du singst und tanzt vor uns auf der Bühne wie eine Flamme!«
    Mendy schneidet Grimassen. Sie weiß nicht recht, was sie sagen soll. Er scheint so fest daran zu glauben, dass sie Mitglied in seiner Band wird.
    »Du hast viele Platten und CDs«, sagt sie schließlich.
    Oswald freut sich über das Kompliment. Er stellt das Tablett mit Mettwurstbrötchen, Bierflaschen und einer weiteren Büchse Mangosaft auf den Tisch und geht zu Mendy hinüber. Eifrig zieht er CDs und Platten heraus und zeigt ihr die Cover.
    Dabei kommt es zu einer ungeschickten Berührung: Oswald hält ihr eine alte Rolling-Stones-Platte hin, Mendy will danach greifen – und hat plötzlich für einen Sekundenbruchteil Oswalds Daumen in der Hand.Hastig zuckt sie zurück, und beide erröten. Dann lässt Oswald die Platte fallen und küsst sie.
    Erschrocken zieht Mendy den Kopf zurück. »Was tust du?«
    »Ich glaube, ich habe mich zum Salat gerufen gefühlt«, sagt Oswald und lächelt.
    »Du meinst, ich bin dein Insektensalat?« Mendy macht einen Schritt rückwärts und zwingt sich zu einem Lächeln.
    »Vielleicht. Vielleicht bin ich auch dein Salat. Willst du nicht mal an mir schnuppern?«, fragt er und rückt ihr schon wieder näher.
    »Bist du eigentlich nie ernst?«, fragt Mendy und will schon die Flucht ergreifen, da spürt sie erneut seine Lippen auf ihrem Mund. Sie wirft den Kopf nach hinten, um ihm zu entkommen. Aber er hat sie längst in den Arm genommen, und als er sie an sich zieht, lässt sie es geschehen und gibt sich seinem Kuss hin.
    Das dritte Bandmitglied haben sie völlig vergessen. Aber jetzt rauscht plötzlich die Toilettenspülung, und auf dem Korridor sind Schritte zu hören. Mendy zuckt zusammen und schiebt Oswald von sich. Als Marcel das Zimmer betritt, ist sie schon zwei Schritte weggehuscht. Nur dass sie übermäßig an ihren Haaren zupft, verrät ihre Unruhe. Aber Marcel scheint nichts zu bemerken.
    Sie essen und trinken, dann spielen die beiden Männer ihr neue Lieder vor. Mendy hört zu. Die Lieder gefallen ihr, und sie versucht sich vorzustellen, wie es wäre, öfter mit den Männern zusammen zu sein. Ein, zwei Mal fragt sie auch nach den Texten der Liederund versucht, sie zu singen. Aber nach der Umarmung ist sie nicht mehr dieselbe. Sie kann sich nicht konzentrieren. Sie ist weit weg mit ihren Gedanken. Dann und wann wirft sie einen verstohlenen Blick auf Oswald, als wolle sie sich vergewissern, dass er noch da ist. Als der Abschied sich nähert, schlägt Oswald ihr vor, sie nach Hause zu begleiten. Aber das will Mendy nicht. Das Tempo, mit dem er in ihr Herz einmarschieren will, macht Mendy Angst. Mit einer Ausrede verlässt sie hastig die Wohnung und lässt den Mann mit seinen romantischen Wünschen allein zurück.
    Hong Litong, der bislang in einem diskreten Hotel in der Nähe des Kurfürstendamms gewohnt hat, wünscht sich jetzt eine Eigentumswohnung. Der Feng-Shui-Tradition nach ist ein Haus wertvoll, wenn es sich hinten an einen Berg lehnen kann und vorn auf einen See blickt. Aber bei einer flachen Stadt wie Berlin bleibt dem Goldenen Drachen nichts anderes übrig, als auf den Berg von vornherein zu verzichten. Umso mehr will er eine Wohnung am Wasser haben. Am besten gefällt es ihm an der Spree, gegenüber vom Tiergarten. »Es kann ja nicht schaden, in der Nähe des Kaisers zu wohnen«, sagt er zu Boss Guan. »Ich habe auch schon etwas gefunden. Aber ich traue dem Makler nicht. Er redet so viel, und ich weiß nicht, was das alles bedeutet. Kannst du mir nicht helfen?«
    Boss Guan versucht erst einmal auszuweichen, aber als er hört, dass der Goldene Drache eine Penthousewohnung mit sieben Zimmern und Blick auf die Spree kaufen will, ist er beeindruckt. Eine solche Wohnungkostet sicher weit mehr als eine

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