Das Maedchen mit dem Stahlkorsett
blieb Emily stehen. »Ein Automat soll das Museum ausgeraubt haben?« Sie riss die grünen Augen weit auf und sah Griff erstaunt an.
»So scheint es«, antwortete er und bemerkte, dass Sam ohne sie weitergegangen war. In letzter Zeit hatte es in der Stadt einige Verbrechen gegeben, die offenbar von Automaten begangen worden waren. Die Maschinen hatten ihrer Programmierung zuwidergehandelt; bis auf einen Vorfall war es jedoch immer glimpflich verlaufen. Dieses eine Ereignis war aller dings schlimm genug gewesen. Fast hätten sie dabei einen ihrer eigenen Leute verloren.
Die Erinnerung beschwor Bilder voller Blut und Rauch herauf. Ein verstümmelter, dem Tode naher Körper in den Klauen eines Metallmanns, dem es egal war, dass er gerade einen Menschen in Stücke riss. Griff war auf den Rücken des Automaten gesprungen und hatte die Klappe über der Steuertafel aufgerissen. Wahrscheinlich wurde auch Sam von Erinnerungen ge plagt, denn er war es gewesen, der beinahe umgekommen wäre.
Seit fast einem Jahr beobachteten Griff und seine Gefährten ähnliche, wenngleich normalerweise weitaus weniger gewalttätige Vorfälle. Sie waren der Ansicht, hinter alldem müsste ein Mensch stecken, der sehr viel über mechanische Apparate und besonders über die Automaten wusste. Bisher hatte Emily in der Programmierung der beiden Exemplare, die sie geborgen hatten, jedoch keinerlei Hinweise auf Manipulationen entdeckt.
Die Energiequellen der Automaten entsprachen denen, die auch bei allen anderen Maschinenmännern und obendrein in weiten Teilen Londons eingesetzt wurden. Da die Bauteile auf dem von Organellen produzierten Erz beruhten, das sein Großvater entdeckt hatte, kannte sich Griff sehr gut damit aus. Er besaß sogar das Patent und sämtliche Rechte und konnte sofort erkennen, dass die kleinen Kerne der Maschinen völlig in Ordnung gewesen waren.
Wie hatte der Schurke nun dafür gesorgt, dass die Automaten ihrer Programmierung zuwiderhandelten? Und welchem Zweck diente es, wenn eine Maschine Menschen angriff?
»Solange wir keinen Beweis für das Gegenteil haben, müssen wir davon ausgehen, dass ein Metallmann, der irgendetwas anstellt, von einem menschlichen Herrn gesteuert wird.« Er kämpfte die Angst nieder, die ihm die Kehle zuschnürte. Maschinen, die unabhängig denken konnten. So etwas war doch unmöglich, oder?
Emily war noch blasser als gewöhnlich. Auch sie dachte an das, was Sam passiert war. Griffin hätte sie trösten sollen, wusste aber nicht, wie. Wenn er ein Problem zu lösen hatte, krempelte er sofort die Ärmel hoch, aber wie man jemanden tröstet, wusste er nicht. Er bekam Schuldgefühle.
Als sie die Bibliothek betraten, wo sie immer ihre Gruppensitzungen abhielten, wartete Sam schon auf sie. Als sein Blick auf den Freund fiel, den er schon sein ganzes Leben lang kannte, wunderte sich Griff, dass überhaupt irgendetwas in der Lage gewesen war, ihn zu verletzen. Sam war so stark. Er war ein wenig größer als Griff und deutlich kräftiger gebaut, hatte breite Schultern und dicke Muskelstränge. Sein zerfurchtes Gesicht verstärkte die einschüchternde Wirkung noch. So grimmig hat te er nicht immer ausgesehen – noch vor weniger als einem Jahr hatte er oft und gern gegrinst und schmutzige Witze gerissen.
Vor sechs Monaten hatte ihn während eines Routineeinsatzes ein Automat angegriffen und verstümmelt. Es war eine brutale Attacke gewesen, und alle hatten entsetzt zusehen müssen, wie ihr stärkstes Mitglied im Handumdrehen niedergemacht wurde. Emily hatte ihn schließlich gerettet und wieder zusammengeflickt. Manchmal, wenn sich Sam die dichten schwarzen Haare aus der Stirn strich und Emily mit den ebenso dunklen Augen anblickte, keimte in Griff der Verdacht auf, dass er ihr genau das nicht verzeihen konnte.
Auch jetzt zuckten die Finger der Hand, die Emily in Ordnung gebracht hatte.
Die zierliche Irin bemerkte es ebenfalls, wandte rasch den Blick ab und richtete ihre Aufmerksamkeit auf alles andere, nur nicht auf Sam.
»Wir hätten das Mädchen ins Krankenhaus bringen sollen«, murmelte der große Kerl. Er lehnte sich an ein Sofa und rieb sich mit der linken Hand über den Nacken. »Es ist für uns alle gefährlich, wenn sie hier ist. Was, wenn sie nun eine gesuchte Verbrecherin ist?«
Griff legte den Kopf schief. »Ich glaube, es wäre nicht viel sicherer gewesen, sie ins Krankenhaus zu bringen. Weder für sie noch für die Schwestern.«
Sein Freund zog die buschigen Augenbrauen hoch. »Und
Weitere Kostenlose Bücher
Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn Online Lesen
von
Sandra Regnier
,
Teresa Sporrer
,
Jennifer Wolf
,
Cathy McAllister
,
Natalie Luca
,
Jennifer Jäger
,
Melanie Neupauer
,
Katjana May
,
Mara Lang
,
Lars Schütz
,
Pia Trzcinska