Das Maedchen mit den Schmetterlingen
heftig hatte er schon lange nicht mehr zugeschlagen.
»Wer? Bei Gott, raus damit, und wenn es das Letzte ist, was du tust!«
Die Schläge prasselten auf Mauras Rücken, die Beine, die bloßen Arme, und schließlich sackte sie zusammen. Sie hatte keine Kraft mehr, um ihren Körper zu schützen. Sie jammerte nicht und flehte auch nicht um Gnade. Sie wusste, dass sie damit alles nur noch schlimmer gemacht hätte und am besten schwieg, bis es vorbei war.
Schließlich brach er neben ihr zusammen und fing an zu schluchzen.
»Welche Schande hast du über dieses Haus gebracht, du dreckige Hure? Wer war das? Wer? Bei Gott, er wird für die Schande bezahlen, die er über mich gebracht hat!«
Maura krümmte sich mehr unter seinen Worten als unter
seinen Schlägen. Noch nie hatte sie ihn fluchen hören. Immer noch schluchzend stand er auf, rang nach Atem und ließ seinen Gürtel noch ein letztes Mal auf ihren zusammengekrümmten Körper niedersausen. Dann machte er einen großen Schritt über sie hinweg und legte seinen Gürtel wieder an. Als er den Raum verließ, sah sie ihn sein Jackett glatt streichen und einen kurzen Blick in den Spiegel werfen, der an einem rostigen Nagel draußen an der Wand hing.
Er strich sich die Haare glatt, setzte den Hut auf und verließ das Haus. Es war schon fast zu spät für die Abendmesse.
Maura blieb noch lange auf dem Boden liegen, zusammengekrümmt und leise wimmernd. Ihr Vater hatte sie jetzt vollkommen in der Hand, so viel war klar, aber ein einziger Trumpf war ihr noch geblieben. Sie würde ihm niemals sagen, wer der Vater ihres Kindes war.
Als Michael Byrne am folgenden Sonntag zum Mittagessen eingeladen wurde, musste Maura auf ihrem Zimmer bleiben. Der Besucher sollte ihr blutunterlaufenes Gesicht nicht sehen, weshalb sie auch unter Hausarrest stand. Am Sonntag darauf war Michael erneut zu Gast, und Maura wurde ermuntert, nach dem Abendessen mit ihm »einen Spaziergang« zu machen. Michael erwähnte die Blutergüsse mit keinem Wort und verbrachte eine geraume Zeit alleine mit ihrem Vater in der guten Stube. »Geschäftlich« erwiderte er, als Maura ihn danach fragte.
Michael war zehn Jahre älter als Maura, groß und hager, und seine Haare waren genauso schwarz wie ihre. Trotz seiner großen schwieligen Hände hatte er ein weiches, fast feminines Gesicht. Es war allgemein bekannt, dass ihm ein Glas Bier lieber war als jede Form der menschlichen Gesellschaft. Mauras Vater ermunterte ihn, immer wieder vorbeizukommen, trotz
Mauras finsterer Miene. Sie wusste, was ihr Vater im Sinn hatte, oder glaubte es zumindest zu wissen. Eines Abends, nach dem Essen, eröffnete er ihr, dass sie Michael heiraten und dem Balg einen Namen geben müsse. Es gab keine Diskussion, kein Bitten und Flehen, keinen Ort, an den sie sich hätte flüchten können. Sie hatte keine Möglichkeit, Éamonn zu verständigen, der bestimmt gekommen wäre, um sie zu retten. Hilfe suchend blickte sie ihre Mutter an, doch vergeblich.
Vier Wochen später waren Maura und Michael ein Ehepaar. Es gab kein großes Fest, wie man es eigentlich bei der einzigen Tochter erwartet hätte. Maura stand stumm in ihrem Zimmer, während ihre Mutter das Hochzeitskleid richtete, und spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen.
»Mam, es tut mir leid. Ich möchte nicht …«
»Schweig. Du hast deinem Vater schon genug Schwierigkeiten bereitet. Du kannst von Glück sagen, dass dich überhaupt jemand nimmt, und mein weißes Kleid dürftest du eigentlich gar nicht tragen.«
Maura trug das Hochzeitskleid ihrer Mutter, einzig und allein deshalb, weil für ihre Hochzeit kein Geld ausgegeben werden sollte.
»Wir haben dir vertraut, und das ist also der Dank dafür, während dein Bruder in Dublin im Sterben liegt. Wie kannst du da sagen, du möchtest nicht? So ist es das Beste. Das wirst du auch einsehen, wenn du erstmal deinen eigenen Hausstand hast und das Baby auf der Welt ist. Jetzt bekommt es einen Vater und ein richtiges Zuhause. Du hast ja keine Ahnung, was für ein Glück du hast. Die Geburt wird deinen Vater und mich zum Gespött des ganzen Dorfes machen. Wenn der Hof nicht wäre, hätten wir dich vor die Tür gesetzt!«
Sie rannte aus dem Zimmer und ließ die Tür ins Schloss fallen, nicht vor Wut, sondern weil ihre einzige Tochter ihre
Tränen nicht sehen sollte. Einen Augenblick stand sie im Flur und trocknete ihre Tränen, dann betrat sie die Küche. Ihr Ehemann musterte sie argwöhnisch.
»Das Mädchen kann von
Weitere Kostenlose Bücher