Das Maedchen mit den Schmetterlingen
nicht funktioniert«, stellte sie nüchtern fest. »Manches kann man eben nicht wieder in Ordnung bringen, Kate.«
Aber Kate meinte, eine Spur von Bedauern in ihrer Stimme zu hören.
Auf dem Rückweg erklärte Kate Tess endlich, wie ihre Mutter schwanger geworden war und Michael Byrne heiraten musste, weil Éamonn McCracken sie verlassen hatte. Und weil Onkel Jimmy damals so krank war, dass alle glaubten er würde sterben, hatte ihr Großvater Maura und ihrem Mann den Hof überlassen.
Tess war das alles vollkommen neu. Sie kam zu dem Schluss, dass sie Onkel Jimmy auf ihre Liste setzen musste. Von der Anhöhe ließen sie den Blick über das weite Land schweifen, während der Dezemberhimmel langsam dunkler wurde und der Abend sich wie eine wärmende Decke über sie breitete. Am mitternachtsblauen Firmament glitzerten die ersten Sterne. Der Mond spiegelte sich in langen Bändern auf dem beinahe regungslosen Wasser des Sees, die Venus über ihren Köpfen leuchtete, und irgendwie hatten beide Schwestern das Gefühl, als sollte jetzt alles anders werden. Tess betrachtete Kate, der man trotz des dicken Wintermantels die Schwangerschaft bereits deutlich ansehen konnte.
»Wirst du Dermot heiraten, Kate?«
»Wenn sie mich will«, ließ sich eine leise Stimme hinter ihnen vernehmen.
Die beiden drehten sich um. Vor ihnen stand Dermot im Dämmerlicht. Betroffen sah er, dass Kate ein Kind, sein Kind erwartete. Tess lief ihm entgegen, während Kate wie angewurzelt stehen blieb. Sie hatte gedacht, sie würde ihn nie wieder sehen.
»Dermot!«, rief Tess und umarmte ihn unbeholfen. Sie hatte das sichere Gefühl, das die beiden etwas zu besprechen hatten und machte sich alleine auf den Heimweg.
»Ich hätte nicht gedacht, dass du wiederkommst«, brachte Kate schließlich heraus. »Ich habe es mir gewünscht, aber ich habe nicht daran geglaubt.« Sie brach in hemmungsloses Schluchzen aus, und die Ereignisse der letzten Wochen schlugen plötzlich über ihr zusammen. Sie schlang die Arme um ihren Körper, wie zum Trost und zum Schutz vor dem kalten Wind, der jetzt das Tal herunterwehte.
Dermot suchte nach den Worten, die er sich während der dreistündigen Fahrt zurechtgelegt hatte, aber irgendwie kam ihm das alles jetzt nicht richtig vor.
»Ich hätte sofort wieder kehrtgemacht, wenn du mich gebeten hättest, Kate. Ich meine es ernst, ich möchte dich heiraten. Willst du, Kate? Willst du meine Frau werden?«
Kate schlug die Hände vors Gesicht und wischte sich die Tränen ab, die jetzt ungehemmt über ihre blassen Wangen rollten. Dermot nahm sie in den Arm, und sie hielten sich fest, und es kam ihnen vor wie eine Ewigkeit.
»Ja«, flüsterte sie schließlich.
Als Tess, die sich nur ein paar Schritte entfernt hatte, die Antwort ihrer Schwester hörte, brach sie in lauten Jubel aus und rannte davon. Die beiden lachten und gingen Hand in Hand hinterher ihr her … nach Hause.
Kapitel 48
1982
É amonn McCracken brütete in der kärglichen Zelle der Polizeiwache in der Beech Street, wo er auf seinen Prozess wegen Mordes an Michael Byrne wartete, über seiner Verteidigungsstrategie. Eines war ihm klar: Niemand würde ihm abnehmen, dass er erst dann auf das Mädchen gestoßen war, als sie über der Leiche stand, dass Byrne zu diesem Zeitpunkt schon tot gewesen war und dass er überhaupt nur deshalb dort gewesen war, um Byrne einzuschüchtern, damit er Seán nicht enterbte. Als Michael Byrne vor vielen Jahren in seiner Kanzlei aufgetaucht war, hatte er sich gewundert, dass Michael ihn nicht erkannt hatte. Éamonn war zwar um einiges jünger als Byrne und hatte sich damals auch noch nicht in Pubs herumgetrieben, aber er war Michael gelegentlich im Dorf begegnet. Sicherlich, er hatte im Lauf der Jahre das eine oder andere Kilo zugenommen, aber eigentlich hätte Byrne sich an sein Gesicht erinnern müssen. Hatte er aber nicht. Byrne hatte die Visitenkarte der Kanzlei in Mauras Handtasche entdeckt und war ziemlich ungehalten dort aufgekreuzt. Es stimmte Éamonn traurig, dass Maura seine Nummer so viele Jahre lang aufbewahrt hatte. Auch er hatte oft an sie und ihre Kinder gedacht. Er wusste zumindest ansatzweise, welches Leben Byrne ihr bereitete, und hätte fast die Beherrschung verloren, als sich herausstellte, dass Byrne Seán enterben wollte.
McCracken war sich darüber im Klaren, dass es nicht leicht werden würde, seine Unschuld zu beweisen. Eine Zeugin hatte ihn zur Tatzeit am Tatort gesehen, und er hatte ein Motiv. Er
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