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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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von der Stiftskirche zum Vorhof des Burgschlosses gingen sie zu Fuß, eskortiert von Wachsoldaten, allesamt schmucke junge Männer, allesamt in weiten Hosen und Wämsern aus rotem Tuch, nach der neuesten Mode aufgeschlitzt und mit gelbem Stoff unterfüttert. Dazu trugen sie hübsche Samtbarette mit weißem Federbusch.
    «Achthundert Wächter habe ich für die Festtage aufstellen lassen», erläuterte ihr Gemahl, der ihre Blicke wohl bemerkt hatte. «Ausgewählt aus Tausenden junger Männer aus dem ganzen Land, die sich um diese Aufgabe gerissen haben. Obwohl sie ihre Helmbarten und Spieße aus eigener Schatulle bezahlen mussten.» Er lachte herausfordernd. «Ihr seht also, wie groß ihre Liebe ist zu diesem Land – und zu ihrem Regenten!»
    Als sie bei der Zugbrücke beim Burggraben anlangten, hatten sich die hohen Gäste zu einem Spalier aufgereiht und klatschten Beifall. Ihr Brautführer, der kaiserliche Gesandte Felix Graf von Werdenberg, hatte Mühe, mit Sabina Schrittzu halten, da er fast einen Kopf kleiner war als sie. Jetzt, auf der Brücke, geriet er gar ins Stolpern und richtete sich mit hochrotem Kopf wieder auf.
    «Streck dich halt, Werdenberg, dann bist du größer», hörte Sabina jemanden lachen. Werdenberg wollte tatsächlich mit gereckter Faust auf den Spötter losgehen, doch Sabina hielt ihn am Arm fest.
    «Beruhigt Euch, lieber Graf», flüsterte sie. «Der Kerl ist nicht mal Eurer Spucke wert.»
    Felix von Werdenberg nickte gehorsam, dafür schien nun Herzog Ulrich verstimmt: Er warf Sabina einen finsteren Blick zu, und das Strahlen, das seit ihrer Begegnung auf seinem Gesicht lag, war schlagartig verschwunden.
    «Was habt Ihr da zu flüstern?», zischte er. Dann wandte er sich abrupt um und reckte das Kinn in die Luft. Ganz so wie auf jenem albernen Kindheitsbildnis, dachte Sabina plötzlich.
    Ihr Weg führte nun ohne weitere Umwege ins Innere des Burgschlosses, das wie ein plumper Klotz gegen den Abendhimmel emporragte. Nach der Trauung musste die Ehe vollzogen werden, so wollte es der Brauch. Ulrich ging voraus, eine endlose Treppe hinauf, dann noch eine, und sie standen vor den geöffneten Türflügeln des ehelichen Gemaches, das von einem Dutzend Fackelträgern erleuchtet wurde. Mitten im Raum thronte das kunstvoll geschnitzte Paradebett, ein Himmelbett mit roten Seidenvorhängen, auf elfenbeinernen Füßen und mit Goldbrokat und rotem Atlas ausgekleidet.
    Der Hofkaplan gebot ihnen zu warten, dann ging er voraus, das Bett zu segnen. Im nächsten Augenblick wurde Sabina von ihren drei Brüdern schwungvoll in die Luft gehoben, ihr Gemahl von seinen Freunden desgleichen, und unter dem Gelächter, den Glückwünschen und den groben Scherzen derGäste und des halben Hofstaates wurden sie beide zu Bett getragen. Unsanft kam Sabina neben Ulrich zum Liegen. Ihr dichtes braunes Haar hatte sich gelöst und ergoss sich wie eine Kaskade auf das minzgrüne Seidenlaken.
    Da traf ihr Blick den eines Mannes.
    Er war etwa dreißig Jahre alt und von aufrechter, kräftiger Statur, dem Gewand nach ein Ritter. Der Mann sah sie unverwandt an. Seine tiefblauen Augen standen in auffallendem Kontrast zu dem dunklen Haar, und Sabina las darin eine Mischung aus neugieriger Bewunderung und Erstaunen. Wer war der, dass er es wagte, sie so unverhohlen anzustarren?
    Ehe sie weiter hierüber nachdenken konnte, breitete man unter anfeuernden Zurufen eine schwere Decke über sie, von den Fußspitzen bis über die Stirn. Es war ihr unangenehm, so eng bei ihrem Bräutigam zu liegen, auch wenn diese Beiwohnung nur eine symbolische war, und sie hoffte darauf, dass das alberne Spektakel rasch vorüber sei. Plötzlich dachte sie mit Schaudern daran, was wohl bald wirklich in diesem Bett geschehen würde. Sie betete, dass ihre Hofdamen recht behalten mochten: Erfahrungsgemäß nämlich würden sich frischvermählte Ehemänner bei den Feierlichkeiten so vollsaufen, dass sie in den Hochzeitsnächten zu keinerlei Annäherungen mehr fähig seien.
    «Wie lange müssen wir hier liegen?», fragte sie schließlich, als die Luft ihr dünn wurde.
    Ulrich gab keine Antwort. Da tastete sie, als Geste des Einverständnisses mit ihrem Schicksal, nach seiner Hand. Doch als wäre sie vom Aussatz befallen, zuckte er vor ihr zurück.
    Eine halbe Stunde später betraten sie Arm in Arm die Dürnitz, die zum Festbankett gerichtet war. Diese weite, hohe Halle im Erdgeschoss, zweigeteilt durch eine Reihe von neun mächtigen Rundpfeilern unter schwerem

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