Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
Vom Netzwerk:
selbst den Sterblichen geschenkt hatten – ein Sakrileg, unfassbar für eine Kultur, in der die sinnliche Erfahrung bei geistlichen und weltlichen Festen gefeiert wurde. Für die meisten Römer waren die christlichen Fanatiker ein Rätsel, aus einem Wahn geboren – Menschen, die man fürchten und meiden sollte. Deshalb waren es die Fanatiker, die stets den Zorn der Römer auf sich zogen, auch wenn die Stadt nicht von Feinden oder Naturkatastrophen heimgesucht wurde.
    Als in einem wohlhabenden Viertel einer römischen Vorstadt eine tödliche Grippe ausbrach, riefen die Priester des Saturn nach dem Blut der Christen, um ihren Gott zu besänftigen. Im Mittelpunkt des sich entwickelnden Dramas stand eine reiche römische Witwe, Domina Felicitas. Nachdem ihr Mann unerwartet gestorben war, hatte sie den römischen Göttern voller Bitterkeit den Rücken gekehrt und war zum Christentum übergetreten. Doch es waren nicht die Barmherzigen, bei denen Felicitas Trost fand; sie schöpfte neue Kraft aus der extremen Weltsicht der Fanatiker, für die das Leben nach dem Tod das bessere Leben war. In diesem Idealbild fand Felicitas Trost: Ihr Ehemann war nun in jener besseren Welt, und eines Tages würden sie und ihreKinder ihm dorthin folgen, und ihre Familie würde im Himmel wieder vereint sein.
    Obwohl in Felicitas das Feuer der Fanatiker brannte, waren die meisten ihrer Nachbarn nicht beunruhigt. Sollte Felicitas ruhig stundenlang daknien und beten; das ging schließlich nur sie selbst etwas an. Außerdem war sie eine mildtätige Frau, die einen Teil des Vermögens ihres verstorbenen Mannes für den Bau eines Hospitals gestiftet hatte und die ihre Söhne dazu anhielt, sich der Krankenpflege zu widmen. Aus diesem Grund waren Felicitas’ Söhne in der römischen Vorstadt, in der sie wohnten, sehr beliebt. Der Jüngste war der goldhaarige Martial; er zählte gerade sieben Sommer, während der hochgewachsene, kräftige Januarius bereits zwanzig war.
    So lebten Felicitas und ihre sieben Kinder in einer relativ friedlichen Welt – bis ihr Viertel von der Grippe heimgesucht wurde. Nur wenige Leute steckten sich an, doch wen die Krankheit befiel, hatte kaum eine Chance, das Fieber zu überleben, das von Brechreiz und Krämpfen begleitet wurde. Als der Erstgeborene eines Saturnpriesters der Grippe erlag, scharte der verzweifelte Vater die Mitglieder seiner Gemeinde um sich und beschuldigte Felicitas und deren Söhne, den Zorn des Saturn heraufbeschworen zu haben. Es konnte keinen Zweifel geben: Saturn hatte seinen Priester bestraft, um zu zeigen, dass die Römer Widerstand gegen die Christen leisten mussten, weil diese es wagten, die wahren Götter Roms als überkommen und entmachtet abzutun. Eine solche Kränkung konnten die alten Götter nicht dulden – schon gar nicht Saturn, der unbarmherzige Patriarch des römischen Pantheons. Hatte Saturn nicht sogar den eigenen Sohn verschlungen, als dieser ihm gegenüber ungehorsam war?
    Felicitas und ihre Söhne wurden vor den örtlichen Magistraten Publius gebracht. Da Felicitas von Adel war, mussten sie keine Ketten oder Fesseln tragen, sondern durften das Gericht frei betreten. Felicitas war eine schöne Frau, groß und gut gewachsen, mit wallendem dunklem Haar und von königlicher Haltung. Stolzund aufrecht stand sie vor dem Gericht, ohne ein Zeichen von Furcht.
    Die Verhandlung begann ruhig und sachlich. Zwar war Magistrat Publius bekannt dafür, auf Herausforderungen schroff zu reagieren, doch war er nicht so unmenschlich wie manch anderer Richter. Mit verhaltener Stimme verlas er die Anklage gegen Felicitas und ihre Söhne.
    »Domina Felicitas, du und deine Kinder werden heute unter einem schlimmen Verdacht vor dieses Gericht gestellt. Die Bürger Roms befürchten, dass du unsere Götter verärgert hast, allen voran Saturn, den Göttervater. Saturn hat sich gerächt, indem er einigen deiner Nachbarn, darunter unschuldigen Kindern, das Leben nahm. Die römischen Gesetze besagen: ›Werden die Götter nicht anerkannt, so zürnen sie, und das Gleichgewicht des Universums wird gestört. Wer die Götter erzürnt hat, muss sie um Vergebung bitten, indem er ihnen Opfer darbringt.‹ Deshalb trage ich dir und deinen Kindern auf, acht Tage im Tempel des Saturn zu beten und Opfer zu bringen, welche die Priester bestimmen. Erkennst du diesen Urteilsspruch als gerecht an?«
    Stumm stand Felicitas vor dem Magistraten. Ebenso stumm standen ihre Kinder in einer Reihe hinter ihr.
    Publius wiederholte

Weitere Kostenlose Bücher