Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das magische Buch

Das magische Buch

Titel: Das magische Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
Vom Netzwerk:
haben wir ein Problem.
    Er sieht uns an und überlegt eine Weile, bevor er etwas sagt.
    »Es hat Ihnen gefallen, oder?«, fragt Lucía.
    »Wirst du wohl still sein und ihn sagen lassen, was er denkt?«, zische ich sie an.
    »Erstaunlich«, murmelt mein Vater schließlich. »Als hätte ich es selbst geschrieben. Es ist genauso, wie ich es mir …«
    »Aber das haben Sie doch!«, ruft Lucía. »Es beruht auf Ihren Notizen! Es ist ihr Stil! Wir haben es bloß geordnet. Jetzt müssen Sie den Text nur noch korrigieren, und fertig! Ein ganzes Kapitel!«
    Ich lege ihm noch weitere Blätter aufs Bett.
    »Jetzt muss das nächste Kapitel geschrieben werden. Hier sind deine Aufzeichnungen. Du diktierst uns, was du dir ausgedacht hast, und wir tippen es später ab. Ich bringe dir dann die fertigen Seiten, und du …«
    »Was ist denn hier los?«, ruft meine Mutter, die gerade reinkommt. »Man geht nur mal ein paar Minuten weg, und schon bricht das Chaos aus! Hab ich dir nicht gesagt, dass Papa Ruhe braucht?«
    Javier, der hinter ihr ins Zimmer gekommen ist, sieht mich an, wie er es immer tut, wenn ich etwas verbrochen habe.
    »Na, hattest du mal wieder eine deiner Ideen?«, fragt er spöttisch.
    »Geht jetzt bitte raus, bevor ich ernsthaft böse werde«, sagt Mama.
    Ich will die Blätter einsammeln, die auf dem Bett liegen, doch Papa hält mich zurück.
    »Lass das hier, César«, bittet er mich. »Und auch das, was du noch in deiner Mappe hast …«
    Ich fange gleich an zu weinen, tue aber, worum er mich gebeten hat. Dann verlassen Lucía und ich das Zimmer. Alles ist aus und vorbei! Es wird Das magische Buch nicht geben, niemals! Wir haben es versucht, aber es hat nichts genützt. Ich hab’s ja gewusst! Lucías Idee war ein Reinfall.
    Draußen auf der Straße explodiere ich:
    »Lass mich in Zukunft bloß mit deinen Einfällen zufrieden! Ich will nichts mehr davon hören! Nie wieder!«
    »Kein Grund, sich gleich so aufzuregen. Wenigstens haben wir es versucht.«
    »Vergiss es! Du bist schuld, dass meine Eltern jetzt sauer auf mich sind!«
    Ich laufe davon und lasse sie einfach stehen. Ich will sie nie wieder sehen. Ja, ja, ich weiß, morgen sitze ich wieder neben ihr in der Klasse, aber das ist mir egal. Lucía ist eindeutig verrückt. Ich will nichts mehr von ihr wissen!
    Jetzt wird alles nur noch schlimmer, und Papa wird nie mehr gesund!

7
    K urz vor Ende des Unterrichts bittet Señorita Clara, unsere Lehrerin, um Aufmerksamkeit. Anscheinend hat sie uns etwas Wichtiges zu sagen.
    »Ich bin sehr enttäuscht von euch«, beginnt sie. »Einige Bücher der Schulbücherei sind kaputt zurückgegeben worden, andere gar nicht. Wir wissen nicht, wer das getan hat, und wollen niemanden zu Unrecht beschuldigen, aber so kann das nicht weitergehen.«
    »Die Mäuse werden sie angeknabbert haben«, erklärt Sansón Pérez, und seine Freunde lachen.
    Sie sieht ihn an, lacht aber nicht. Scheinbar fand sie das gar nicht lustig. Gerade will sie etwas sagen, da geht die Tür auf.
    Die Sekretärin des Direktors kommt wie ein Wirbelwind hereingestürmt. Sie sieht zu mir rüber, und sofort habe ich einen Kloß im Hals. Sie geht zur Lehrerin und flüstert ihr etwas ins Ohr. Wie der Direktor neulich.
    »César, du sollst im Krankenhaus anrufen«, sagt Señorita Clara zu mir. »Du kannst das Telefon im Sekretariat benutzen.«
    »Komm«, fordert die Sekretärin mich auf. »Ich bringe dich hin.«
    Ich gerate in Panik. Hoffentlich ist nichts Schlimmes passiert, denke ich. Lucía wirft mir einen aufmunternden Blick zu, aber ich beachte sie nicht. Ich bin sauer auf sie wegen gestern und habe den ganzen Tag nicht mit ihr gesprochen.
    Ich wähle die Nummer des Krankenhauses und bitte die Telefonistin, mich mit Zimmer 202 zu verbinden. Kurz darauf meldet sich Mama.
    »César? … Dein Vater möchte mit dir sprechen.«
    Es ist das erste Mal, dass ich mit ihm sprechen werde, nachdem wir ihm unsere Hilfe angeboten haben. Ich hoffe, er ist nicht mehr sauer auf mich. Wir wollten ihm doch nur helfen …
    »César?«
    »Ja … Hallo, Papa.«
    »Hör zu, mein Junge …«
    Papas Stimme rauscht wie ein Orkan in meinen Ohren. Ich höre kaum, was er sagt, und bringe fast kein Wort heraus.
    »Ja, Papa … natürlich …«, sage ich, als er zu Ende gesprochen hat.
    Ich lege auf und renne in unsere Klasse. Die anderen kommen gerade heraus, der Raum ist schon halb leer. Ich suche Lucía, kann sie aber nirgendwo finden. Ich renne hinunter in den Hof, und da

Weitere Kostenlose Bücher