Das Matarese-Mosaik
meine ich. Ich bin sicher, daß man Ihnen Ihr Nichterscheinen nicht nachträgt, weil es ja keine Firma gäbe, wenn Sie sie nicht finanziert hätten.«
»Ich muß doch sehr bitten!«
»Und ich muß Ihnen sagen, daß ich mich in Gegenwart von Bittstellern unbehaglich fühle.«
»Was mich betrifft«, sagte ein Portugiese in mittleren Jahren mit schütter werdendem Haar, »so bin ich hier, weil Sie angedeutet haben, daß mein Nichterscheinen ernsthafte Schwierigkeiten für mich zur Folge haben könnte. Ihre verdeckte Anspielung ist mir nicht entgangen.«
»Ich habe in meinem Telegramm lediglich den Namen ›Azoren‹ erwähnt. Das hat offenbar gereicht. Das Konsortium, an dessen Spitze Sie stehen, ist durch und durch korrupt. Die Bestechungsgelder, die Sie Lissabon zahlen, sind kriminell. Sollte es Ihnen gelingen, die Kontrolle über die Azoren an sich zu bringen, dann würden Sie damit nicht nur Einfluß auf die ohnehin überhöhten Preise der Fluggesellschaften, sondern auch auf die Verbrauchssteuern von über einer Million Touristen im Jahr ausüben. Gut ausgedacht, würde ich sagen.«
Auf beiden Seiten der Tafel kam es zu einem Stimmengewirr, Andeutungen verschiedener fragwürdiger Aktivitäten, die Grundlage für das Erscheinen der acht auf dem verborgenen Anwesen in Porto-Vecchio sein könnten.
»Genug« , sagte der Mann aus Amsterdam und hob die Stimme. »Sie täuschen sich über den Grund Ihres Hierseins. Ich weiß mehr über jeden einzelnen von Ihnen, als Sie selbst über sich wissen. Das ist mein Vermächtnis, meine Erbschaft – und Sie sind alle Erben. Wir sind die Nachkommen des Matarese, des Quells, aus dem Ihr Reichtum stammt.«
Die acht Besucher sahen einander bestürzt an, als wäre da etwas Unsägliches, das sie miteinander verband.
»Diesen Namen haben wir noch nie benutzt, denke ich«, sagte ein Engländer im makellosen Glanz der Savile Row. »Weder meine Frau noch meine Kinder haben ihn je gehört«, fügte er dann leise hinzu.
»Warum diesen Namen zu neuem Leben erwecken?« fragte der Franzose. »Der Matarese ist lang dahin – tot und vergessen. Eine ferne Erinnerung, die man besser begräbt.«
»Sind Sie tot?« fragte der Holländer. »Sind Sie begraben? Ich denke doch nicht. Ihr Reichtum hat Sie in die Lage versetzt, den Gipfel finanziellen Einflusses zu erklimmen. Sie alle führen offiziell oder in aller Stille größere Unternehmen und Konglomerate, wie es dem Wesen der Matarese-Philosophie entspricht. Und jeder von Ihnen ist von mir dazu auserwählt worden, die Bestimmung der Matarese zu erfüllen.«
»Bestimmung? Was soll der gottverdammte Unsinn?« fragte einer der beiden Amerikaner, dem Akzent nach aus dem tiefen Süden stammend. »Sind Sie ʹne Art Huey Long?«
»Wohl kaum, aber Ihre Casino-Beteiligungen am Ufer des Mississippi deuten vielleicht darauf hin, daß Sie es sind.«
»Meine geschäftlichen Unternehmungen sind so sauber, wie sie nur sein müssen, Kumpel!«
»Ich weiß Ihre Einschränkung zu schätzen…«
»Was für eine Bestimmung?« fiel ihm der andere Amerikaner ins Wort. »Der Name Matarese ist nie im Zusammenhang mit irgendwelchen Immobilien aufgetaucht, die meiner Familie vererbt wurden.«
»Wenn das der Fall gewesen wäre, wäre ich erschüttert, Sir. Sie sind einer der führenden Anwälte in Boston, Massachusetts. Harvard Law School, magna cum laude … und Seniorpartner der korruptesten Sozietät, die sich je dadurch bereichert hat, daß sie Bundes- und Staatsbeamte, gewählt wie ernannt, in Mißkredit gebracht hat. Ich muß Ihre Geschicklichkeit loben.«
»Sie können nichts dergleichen beweisen.«
»Führen Sie mich nicht in Versuchung, Counselor … Sie hätten keine Chance. Aber ich habe Sie nicht alle deshalb nach
Porto-Vecchio kommen lassen, um mich der Gründlichkeit meiner Nachforschungen zu brüsten, obwohl ich einräume, daß sie ein Bestandteil des Ganzen sind. Zuckerbrot und Peitsche, sozusagen … Zunächst möchte ich mich selbst vorstellen. Ich bin Jan van der Meer Matareisen, und ich bin überzeugt, daß mein Familienname Ihnen etwas bedeutet. Ich bin ein direkter Nachkomme des Baron von Matarese; genauer gesagt, er war mein Großvater. Wie Sie möglicherweise wissen oder auch nicht, hat der Baron seine Affären geheimgehalten und ebenso eventuelle Nachkommen. Aber seiner Verantwortung hat sich der große Mann in keiner Weise entzogen. Sein Same wurde in die besten Familien von Italien, Frankreich, England, Portugal, Spanien,
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