Kreuzzüge
DIE EROBERUNG DES WELTALLS
VON ISAAC ASIMOV
Wie entstand das Leben auf der Erde? Diese Frage können auch die fähigsten Wissenschaftler noch nicht endgültig beantworten. In der Tat ist die Frage so schwierig zu beantworten, dass man fast geneigt ist, sich im Sessel zurückzulehnen und zu behaupten: »Es ist nie geschehen!«
Und doch ist es geschehen. Wir existieren. Vermutlich gab es in der Atmosphäre und in den Ozeanen der jungen Erde einfachste chemische Verbindungen, die die ultraviolette Strahlung des Sonnenlichts, die Wärme der Vulkane oder andere Energiequellen dazu nutzten, komplexere Verbindungen einzugehen, und schließlich Merkmale entwickelten, wie wir sie heute an einfachen Lebewesen beobachten.
Zudem stellt sich noch immer die weiterführende Frage, ob die urzeitlichen Umweltbedingungen tatsächlich die nötigen Voraussetzungen dafür lieferten, dass sich die Lebewesen so entwickeln konnten, wie wir sie heute kennen. Selbst wenn damals die erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren, könnten sie von Faktoren abhängig sein, die so selten auftreten, dass eine mit der Erde vergleichbare Entwicklung nur auf sehr wenigen Planeten zustande kommt.
Doch sollte man deshalb nicht gleich von der Hand weisen, dass eine solche Entwicklung möglich ist – vielleicht geschah es es nur auf einigen wenigen Planeten, vielleicht auch nur auf einem. Und selbst wenn sich auf anderen Welten kein eigenes Leben entwickeln konnte, finden sich dort vielleicht Bedingungen, die es den Bewohnern fremder Planeten erlauben, sich dort niederzulassen.
Nach unserem gegenwärtigen Kenntnisstand hat sich das Leben auf der Erde nicht auf dem Land entwickelt, sondern in den Ozeanen. Dort existierte es schon drei Milliarden Jahre, bevor sich die ersten Lebewesen auf dem Festland ausbreiteten. Schließlich eroberte es sogar Regionen, die man eigentlich für absolut lebensfeindlich halten sollte, wie etwa die Arktis oder die Wüste Gobi.
Ausgehend von dieser Überlegung, scheint es mir plötzlich nicht mehr völlig unvorstellbar, dass sich Lebewesen zunächst auf einem einzigen Planeten entwickeln und dann auf andere Welten ausbreiten, Welten, die irgendwo in den unendlichen Weiten des Alls liegen. Vielleicht ist die Erde der Ausgangspunkt einer solchen Entwicklung. Andererseits ist es nicht undenkbar, dass das Leben auf unserer Welt auf einem weit entfernten Planeten entstanden ist, irgendwo dort draußen.
Der erste Wissenschaftler, der die These aufstellte, dass sich das Leben eines Planeten auf andere verbreiten kann, war der schwedische Chemiker Svante August Arrhenius (1859-1927). Im Jahr 1907 veröffentlichte er sein Buch Über die Weltenschöpfung, in dem er schildert, wie winzige Sporen die Atmosphäre eines Planeten verlassen und durch den Strahlungsdruck der Sonne dieses Planeten durch das Weltall getrieben werden.
Unsere Sonne und die anderen Sterne sorgen auf diese Weise dafür, dass die Sporen Millionen von Jahren durch das All irren, bis sie irgendwann durch puren Zufall auf einen Planeten treffen, dessen Umweltbedingungen ihren Bedürfnissen entsprechen. Auf den ersten Blick scheint diese Theorie sehr plausibel zu sein. Viele Kleinstlebewesen sind von einer dicken Hülle geschützt, extrem widerstandsfähig gegen Kälte und Trockenheit, und können vielleicht über einen langen Zeitraum im Vakuum des Weltalls überleben. Und sie sind so winzig, dass sie vom Lichtdruck eines Sternes mehr beeinflusst werden als von seiner Gravitation.
Bereits seit 1910 weiß man jedoch, dass die uns bekannten Kleinstlebewesen auf ultraviolette Strahlung empfindlich reagieren, ganz zu schweigen von anderen gefährlichen Emissionen wie etwa kosmischer Strahlung, Röntgenstrahlen und elektrisch geladenen Partikeln. Vielleicht sind einige Sporen gegen Strahlung resistent, und vielleicht erreichen ja manche mikroskopisch kleine Lebewesen den neuen Planeten nicht nur aus purem Glück.
Der englische Wissenschaftler Francis H.C. Crick (geb. 1916) beschrieb einmal ein vermutlich nicht ganz ernst gemeintes Szenario: Ein Forscherteam landet auf einem unbelebten, aber keineswegs lebensfeindlichen Planeten und fliegt von dort wieder davon. Der von ihnen hinterlassene Abfall – die Reste ihres Mittagessens – enthält Mikroorganismen, die nun den Ausgangspunkt für einen neuen Lebenskreislauf bilden. Für die Kleinstlebewesen ist dies sicherlich die angenehmste Art, die gefährliche Reise zu überstehen.
Übrigens haben einige Astronomen
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