Das Maya-Ritual
Verbindung brachte, aber er stand auf der Einkaufsliste, die Ken Arnold an Sanchez gefaxt hatte.
Wir saßen uns an einem Plastiktisch vor einer kleinen taqueria gegenüber und löschten unseren Durst mit eisgekühltem Dos-Equis- Bier . Die einzigen anderen Gäste waren zwei junge mexikanische Verkäuferinnen, die gerade ihren Arbeitstag beendet hatten. Das Taco-Lokal lag drei Straßen von unserem Hotel entfernt und hatte soeben für den Abend geöffnet, als wir eintrafen.
»Der Zenote gehört zu der Sorte mit senkrechten Wänden«, erwiderte Ken. »Du hast ihn mal gesehen, oder?« Er begann, in der Gesäßtasche seiner Jeans zu kramen.
Ich nickte. Ich hatte Chichen Itza zum ersten Mal mit meinem Vater besucht, als ich sechzehn war.
»Zwanzig Meter Steilwand bis zum Wasser«, sagte er und entfaltete eine Seite, die er offenbar aus einer Zeitschrift gerissen hatte. »Auch ohne Taucherausrüstung am Leib würde ich da nicht runterzuklettern versuchen.«
Er strich das Papier mit der Handkante glatt und drehte es herum, sodass ich die Abbildung sehen konnte. Es war ein grobkörniges Farbfoto von einem Gebilde, das aussah wie ein Boxring, der auf der Oberfläche eines großen grünen Teichs am Fuß einer Klippe trieb. Ein paar Leute standen auf der Plattform neben einer gelben Industriepumpe, von der eine Reihe Gummischläuche über den Rand der Plattform ins Wasser führten. Einige weitere Schläuche schlängelten sich hinter der Plattform aus dem Teich die Steilwand hinauf.
»Das war vor dreißig Jahren«, sagte Ken. »Damals haben sie ganze Berge von Schlamm abgesaugt, aber bis zum Grund sind sie trotzdem nicht vorgestoßen.«
»Das haben sie jetzt alles eingestellt.«
»Und genau deshalb ist das eine einzigartige Gelegenheit. Einfach, um es sich in den Lebenslauf zu schreiben. Der Heilige Brunnen von Glichen Itza, Mensch!«
Ken Arnold hatte mit fünfundfünfzig noch nichts von seinem jungenhaften Abenteuergeist verloren.
»Und Sanchez kann den Kran bis morgen früh hierher schaffen?«, fragte ich skeptisch. So schnell bewegte sich in Mexiko normalerweise nichts.
»Ich tippte darauf, dass bereits einer zur Stelle ist. Für die Fernsehshow.« Er sah mich von der Seite an und setzte die Flasche an die Lippen. »Und ich lag richtig.«
Die Hitze ließ nun nach, da die Sonne unterging; ihre Strahlen wurden grell von den weißen, stuckverzierten Glockentürmen einer Kirche reflektiert, die sich einige Straßen weiter hinter den Häusern erhob. Leute fuhren in VW-Käfern und alten Pick-ups vorbei oder knatterten auf lauten Mopeds dahin.
Die winzig kleine Frau, die uns die Getränke serviert hatte, kam mit unserer Essensbestellung. Sie trug ein huipil, eine traditionelle Kleidung der Maya - schlichtes weißes Hemd mit leuchtenden Stickereien an Kragen und Saum. Seit ich in diesem Teil der Welt lebe, bewundere ich die Fähigkeit der einheimischen Frauen, stets in makellosem Weiß aufzutreten, egal, ob sie gerade mit einer Horde Kinder im Schlepptau aus dem Dschungel kommen, mit ihren Einkäufen aus einem schmuddeligen Bus steigen oder Essen servieren, so wie jetzt eben.
»Frijoles refritos?«, fragte sie.
Ich hob die Hand. »Gracias.« Ken war unerbittlich in seiner Ablehnung von gebackenen Bohnen. Oder Guacamole. »Ich mach mir nichts aus Essen, das aussieht, als hätte ich’s schon mal in mir gehabt«, wiederholte er immer aufs Neue.
Ken Arnold steckte voller Widersprüche. Ein knallharter Texaner, der sein ergrauendes Haar gerne zum Zopf gebunden trug wie sein musikalischer Held Willie Nelson. Ein Nichtakademiker, nach dem man eine in Höhlen wohnende Fischart benannt hatte. Einer, der Mexiko liebte, aber kaum einen Satz auf Spanisch zusammenstöpseln konnte. Der eine riesige Sammlung psychedelischer Musik aus den Sechzigern besaß, aber schwor, niemals auch nur einen einzigen Joint geraucht zu haben. Ein Mann, der eine Taco-Bude jederzeit einem schicken Restaurant vorzog, andererseits aber Massenkost ablehnte.
»Ein paar von den Sachen sind gestrichen«, sagte ich, zeigte auf die Liste und biss in eine empanada, eine mit Käse gefüllte und dann zusammengeklappte und fritierte Maistortilla. Ken hatte tacos al pastor bestellt, eine Spezialität Yukatans, die aus dünnen Scheiben von am Spieß gebratenem, gewürztem Schweinefleisch bestand, serviert mit Cilantro, Zwiebeln und roter oder grüner Chilisauce nach Wahl.
»Ja. Ich wollte einen Schlammabsauger auf den Rand des Brunnens stellen lassen. So einen mit
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