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Das Meer in deinen Augen

Das Meer in deinen Augen

Titel: Das Meer in deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Prolog
    Das Meeresrauschen weckte Benjamin allmählich. Durch das offene Fenster wehte der kühle Wind herein und trug die salzige Luft ins Haus. Das Blut, das draußen über den Strand gespült wurde, konnte er nicht riechen. Seine Lider fühlten sich taub an. Alles war ausgetrocknet. Die Augen, die Kehle, die Lippen. Sein Verlangen nach Wasser wurde immer stärker. Er wand sich aus dem Bettlaken, in das er sich während des Schlafes gewickelt hatte, und warf es zur Seite. Beim Aufrichten schmerzte jeder einzelne Wirbel. Ein Mädchen lag neben ihm. Ihre leisen Atemzüge hatte das Meer übertönt. Blondes zerzaustes Haar schimmerte im Licht der einfallenden Sonnenstrahlen.
    »Scheiße«, entfuhr es ihm, als er merkte, dass nicht viel geblieben war von letzter Nacht. Nicht mehr als ein paar Gedankenfetzen, Bilder, Töne. Und der Alkohol, der ihn jetzt lähmte. Das war alles.
    »Was?« Sie war inzwischen wach. Ihre Augen rot unterlaufen. Auf was hatte er sich da nur eingelassen? Ihren Namen kannte er nicht. Hässlich war sie nicht. Aber blass. Die spitze Nase war das einzig Markante in ihrem schmalen Gesicht, aber auch das würde er sich nicht einprägen.
    »Haben wir …?« Sie konnte sich noch nicht auf einen Punkt fixieren. Also wanderten ihre Pupillen hin und her.
    »Nein«, antwortete Benjamin hastig. Das hätte er nicht vergessen. »Schätze, wir haben nur ein bisschen rumgemacht«, mutmaßte er und ließ einen Seufzer folgen. Es gelang ihm immer wieder, sich in solche Situationen zu bringen. Auch ohne auf sein Handy zu schauen, wusste er, dass seine Freundin auf eine Antwort wartete. Zehn Anrufe in Abwesenheit und mehrere SMS hatte sie ihm hinterlassen. Das spielte jetzt auch keine Rolle mehr. Auf dem Nachtschrank stand eine grüne Flasche Wasser. Fast leer. Am Boden glänzte noch eine dünne Pfütze.
    »Ich hab Durst, gibst du sie mir?«, bettelte sie und streckte ihre Finger, um ihn zu berühren. Sie erreichte ihn nicht und ließ den Arm wieder fallen.
    Er beachtete ihren Versuch gar nicht, sondern griff nach der Flasche, drehte den Verschluss auf und trank den Rest in einem Zug aus.
    »Du bist scheiße.«
    »Ich weiß«, murmelte er, während er ins Bad schlich. »Kommst du noch mal ins Bett?« Ihre Stimme hatte gestern entspannter geklungen. Jetzt konnte er sie nicht mehr ertragen.
    Ohne etwas auszuziehen, stellte er sich unter die Dusche. Das eiskalte Wasser weckte ihn. Die Haare sträubten sich und langsam elektrisierte ihn der Schauer. Ganz konnte er das taube Gefühl nicht vertreiben. Er verzichtete darauf, sich abzutrocknen, setzte seine Sonnenbrille auf und schlurfte triefend am Bett vorbei Richtung Balkon. Hinter ihm zeichneten die Wassertropfen eine Spur. Draußen fegte ihm die frische Brise direkt ins Gesicht. Mit beiden Armen stützte er sich auf das kalte Geländer. »Verdammt«, fluchte Benjamin, als das Feuerzeug immer wieder erlosch. Dabei war es ein richtig teures Sturmfeuerzeug mit BMW -Emblem. Das Benzin war wahrscheinlich fast verbraucht. Erst beim zehnten Versuch klappte es. Er schützte die Flamme sorgsam mit der Hand, bis die Zigarette glomm. Der Kick vom Nikotin war schwach. Besser als nichts. Ziellos ließ er den Blick über den Horizont schweifen. Der klare blaue Himmel passte verdammt schlecht zu diesem beschissenen Morgen. Vieles passte momentan nicht zusammen. Das Motorboot dümpelte vorne am Steg vor sich hin. Ein paar leere Sektflaschen rollten auf dem Deck von einer Seite zur anderen. Im Pool schwamm die Verpackung eines Sixpacks. Auf dem Grill lagen ein paar verkohlte Würstchen. Sein Vater würde ihn umbringen, wenn er das sehen könnte. Egal. Er war nicht hier. Sie hatten noch fünf Tage vor sich. Nein, ein ganzes verdammtes Leben stand ihnen bevor.
    Die Klippe, die die Grenze des Grundstücks markierte, war steil. Viel zu steil, um von ihr ins Meer zu springen. Wenn man es nicht weit genug schaffte, traf man vorne auf einen spitzen Felsen. Gestern hatten Finn und er es gewagt. Mutig. Oder einfach nur verrückt. Entscheidend war allein der Kitzel, der sie befiel, sobald sie in die Tiefe abtauchten. Luftblasen schossen blubbernd nach oben, während sie wie in Zeitlupe tiefer sanken. Ganz kurz hatte es angehalten, das Leben. Genau wie jetzt. Nur diesmal fühlte es sich nicht gut an. Trau dich, du Pussy, hatte Finn gerufen, nachdem er aufgetaucht war und Luka noch keine Anstalten machte, ihnen zu folgen. Komm schon, Alter . Sonst kniff Luka nie. Es war keine Angst, die ihn von

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