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Das Meer in deinen Augen

Das Meer in deinen Augen

Titel: Das Meer in deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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im Spiegel der großen Glasfront. Sie war schon fast angekommen, da öffnete sich die Tür und Lilly blieb vor ihr stehen. Wie angewurzelt. »Hast du es schon gehört?« Wo war ihre Freude geblieben? Keine stürmische Umarmung. Diesmal lächelte sie nur ganz zaghaft. Ein entschuldigendes Lächeln. Ihre Mundwinkel zuckten.
    »Was?« Emma verstand nicht. Kein bisschen. Nur, dass die Nachricht schlimm sein musste. Lilly schüttelte bloß den Kopf. Sie hatte geweint. Ein schwarz verfärbter Tropfen klebte an ihrer linken Wange. Sie hörte nicht auf, den Kopf zu schütteln, während sie die Lippen stärker und stärker zusammenpresste. »Er ist tot.« Das platzte so aus ihr heraus, während die Tür wieder aufflog und zwei Tennisspieler lachend die Halle verließen. Das Lachen klang schon ganz hohl. Kurz hielten sie inne und schauten die zwei Mädchen prüfend an. Dann gingen sie weiter. Aber das bemerkte Emma schon gar nicht mehr. »Was?«, fragte sie nach und ließ die Tasche fallen.
    »Ich … ich weiß es von Jenny. Also Benny hat es ihr gesagt.« Lilly raufte sich die Haare und schnappte nach Luft, bevor sie den Satz zu Ende brachte. »Luka ist tot.«
    »Das … das …« Das war kein Scherz. Dafür kannte Emma sie zu lange. Schlucken. Dann kam kein Wort mehr. Nur ein leises Gurgeln brachte sie hervor. Lilly nahm sie in den Arm. Langsam, ganz langsam fing Emma an zu begreifen. Ihre Finger krallten sich in Lillys Pullover, während sie ihre Stimme wiederfand: »Das ist nicht wahr. Sag, dass das nicht wahr ist«, wehrte sie sich gegen die Gewissheit.
    »Es tut mir so leid, Emma.«

1
    Der Ball lag im Rough. Versteckt zwischen einem dichten Geflecht aus Ästen und Gras. Benjamin war hochkonzentriert, er ließ sich Zeit. Dreißig Meter Luftlinie bis zum Grün. Dazwischen lag ein Bunker. In der Ferne dröhnte ein Froschkonzert aus einem Teich. »Scheiße«, sprach er leise mit sich selbst, bevor er das passende Eisen aus einem der Fächer seines Golfbags zog. Mit einem gelungenen Schlag würde er den Ball befreien können. Sein Spielpartner schenkte ihm ein süffisantes Lächeln, während er seine Kappe zurechtrückte. Es war einer von diesen nervigen Typen, die das Ralph-Lauren- Polo-Hemd, das Mama ihnen gebügelt hat, in der Hose tragen. Jungs wie er kotzten Benjamin an. Sie hielten sich für was Besseres, weil sich das Geld ihrer Eltern seit Generationen in Familienbesitz befand. Nicht wie bei Benjamins Vater, der vor zwanzig Jahren ein Autohaus eröffnet hatte, dass inzwischen acht Niederlassungen in der Region zählte. Er habe damals nur mit ein paar Mark, der richtigen Idee und dem Mut, zu verlieren, begonnen. Natürlich hätte alles auch schiefgehen können, gab er sich sogleich bescheiden, um danach zu betonen, dass sich harte Arbeit eben auszahle. Diese Erfolgsgeschichte ließ er geradezu beiläufig, aber oft genug fallen, damit Benjamin sie sich einprägte.
    Also begegnete er seinem Spielpartner nur mit einem kühlen Blick, der so viel sagen sollte wie: Grins nicht so behindert. Benjamin hatte sich in den Kopf gesetzt, diesen Ball direkt an die Fahne zu spielen. Es musste einfach gelingen. Andernfalls hätte er zu hoch gepokert. Den lästigen Rotz zog er in der Nase hoch, spuckte aus und stellte sich in Schlagposition. Tief durchatmen. Schlagfläche ansetzen. Die Arme locker. Rückschwung. Und mit Kraft durch den Ball. Die kleine weiße Kugel rotierte rasend schnell in der Luft, bis sie mit einem hohlen Ton auf dem samtenen Grün aufschlug. Na komm, bete te Benjamin innerlich. Und tatsächlich rollte der Ball immer näher an das Loch heran. Ein kurzer Tanz an der Kante. Dann fiel er mit einem Plopp . »Tja«, flüsterte Benjamin, als er an seinem Gegenspieler vorbeiging und den Schläger lässig in die Tasche zurücksteckte. Den kleinen Triumph kostete er aus. Für diese Momente liebte er Golf. Das war nicht immer so gewesen. Er hatte es erst lernen müssen. Entgegen kam ihm, dass er schnell sein Talent entdeckte. Inzwischen spielte er besser als sein Vater, der sich schon lange nicht mehr traute, gegen ihn anzutreten und stattdessen Termine vorschob. Den Handschuh steckte er weg und rieb sich die feuchten Hände an der roten Chino trocken. Schluss für heute. Im Clubhaus begrüßte er gewohnt höflich ein paar Leute. Das gehörte sich so. Ganz automatisch. »Sehr gutes Spiel, Benjamin«, begrüßte ihn Frau Drews, Mamas beste Freundin. Das blondierte glatte Haar konnte nicht über ihr Alter hinwegtäuschen. Die

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