Das Model und der Scheich
„Mash’allah.“ Wie es Allah gefällt.
Vor zehn Jahren wäre Salih mit einer solchen Nachricht zuallererst zu ihr gekommen …
Nachdenklich betrachtete sie sein Gesicht mit dem selbstbewussten, ja arroganten und zugleich gelassenen Ausdruck. Sie konnte sich durchaus vorstellen, dass der Prinz ihm vertraute.
Doch um nichts in der Welt würde sie diesen verschlossenen Mann heiraten wollen. Plötzlich war sie froh darüber, dass sie sich entschlossen hatte, Samiha zu helfen. Mit Salih verheiratet zu sein, war sicher alles andere als angenehm.
„Sie wollen, dass ich Salih heirate“, hatte Samiha gesagt.
Ihre missliche Situation hatte während des Studiums begonnen, als ihr Vater bei einem Baustellenunfall ums Leben gekommen war. Nach dessen Tod wurde Walid, der älteste Sohn, das Familienoberhaupt.
Und sofort begannen die Probleme, zum Teil auch, weil die Mutter dem Druck nachgab. Also lenkte auch Samiha ein und trug, wenn sie das Haus verließ, wie verlangt ein Kopftuch.
Doch es blieb nicht bei dieser Einschränkung – weitere folgten, und Samihas Freiheit wurde immer mehr beschnitten.
Irgendwann kamen Walid und der zweite Sohn Arif auf die Idee, dass das Kopftuch nicht mehr genügte, um begehrliche Blicke von Männern abzuwehren. Jetzt sollte sie den Niqab genannten Schleier anlegen, der das gesamte Gesicht verhüllte.
An diesem Punkt nahm sie all ihren Mut zusammen und stellte den Brüdern Farid, ihren Verlobten, vor. Das Paar hoffte, dass Walid erleichtert darüber sein würde, die Verantwortung für seine Schwester in die Hände des künftigen Ehemannes zu legen.
Was sich sogleich als ein taktischer Fehler herausstellte. Die Tatsache, dass sie sich heimlich mit dem Mann ihrer Wahl verlobt hatte, entzürnte ihren Bruder. Er sah seine Autorität dadurch untergraben, denn seiner Auffassung nach war er der Beschützer seiner Schwester – und bestimmte, wen sie heiraten würde. Obwohl Farid al Muntazer selbst Muslim war, entsprach er nicht seinen Vorstellungen.
Nein, es sollte ein Mann von zu Hause sein. Jemand aus der Verwandtschaft …
„Aber Salih ist dein Cousin!“, rief Desirée entrüstet.
In ihrer Bedrängnis hatte sich Samiha ganz selbstverständlich an ihre Freundin gewandt.
Obwohl sie nicht mehr in derselben Straße wohnten und längst nicht mehr zusammen zur Schule gingen, waren sie in regelmäßigem Kontakt. Egal wo sich Desirée beruflich gerade aufhielt, immer fand sie jede Woche ein paar Stunden Zeit, um Samiha anrufen.
„Umso besser!“, antwortete Samiha mit Bitterkeit in der Stimme. „Das ist es ja, was meine Brüder ganz besonders passend finden.“
„Sie müssen verrückt sein! Sam, du darfst dich auf keinen Fall darauf einlassen.“ Eine schreckliche Vorstellung: Salih und Samiha als Ehepaar! „Du bist siebenundzwanzig. Wen du heiratest, geht niemanden etwas an. Weigere dich!“
„Mach ich ja. Aber meine Mutter gibt leider immer nach. Meine Brüder erzählen mir, was ich für ein Glück habe. Salih ist reich, sieht gut aus und ist so etwas wie Prinz Omars rechte Hand.“
„Und wenn er Prinz Omar selbst wäre – er ist dein Cousin!“
„Wenn er Prinz Omar wäre, Des, wäre er nicht mein Cousin.“
Desirée lachte. „Das nennt man wohl Galgenhumor.“
Auch Samiha lachte. „Wusste ich doch, dass es ein Wort dafür gibt.“
Wieder ernst geworden, überlegte Desirée: „Was könntest du nur tun?“
„Ich weiß auf jeden Fall, was ich nicht kann, nämlich jemand anderen als Farid heiraten. Eher tue ich mir etwas an. Aber Walid hat sich völlig auf die Ehe mit Salih versteift und hat Arif auf seiner Seite. Und mich offen gegen die beiden zu stellen, halte ich für keine gute Idee.“
„Was, wenn du ehrlich mit Salih redest? Womöglich glaubt er, dass du diese arrangierte Heirat auch möchtest. Wenn er aber weiß …“
„Kann sein, dass er mir hilft. Vielleicht aber auch nicht. Des, das ist mir zu riskant. Ich kenne seine Gründe ja nicht. Womöglich braucht er einen kanadischen Pass oder so was.“
„Wie bitte? Bei seiner Stellung? Wozu denn?“
„Des, ich will nicht mit ihm sprechen. Was ist, wenn er es Walid erzählt?“
„Du glaubst doch nicht, dass Salih das tun würde?“
„Ich weiß nicht mehr, wem ich trauen kann!“, brach es aus Samiha heraus. Es schmerzte Desirée, zu sehen, wie verzweifelt ihre Freundin war.
„Ich würde so gern etwas für dich tun. Aber ich weiß nicht, was!“, rief Desirée.
„Ach, Des, du bist die Einzige, die mir
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