Das Mondlexikon
Zeitrechnung lebte. Die Sprüche sagen zum Beispiel aus: „Gibt es am Tag des Neumondes ein Unwetter, so ist erfolgreiche Ernte zu erwarten.“ Oder: „Wenn ein Sonnenring die Wolke umgibt, wird Regen fallen.“ Und: „Wenn eine Wolke am Himmel dunkelt, wird Wind blasen.“
Götter machten das Wetter
Im Altertum verehrte man Sonne, Mond und Sterne als Gottheiten. Man glaubte fest daran, dass sie das Alltagsleben beeinflussten und dass alles von diesen Göttern und ihren Launen abhing: Waren sie wütend auf die Menschen, konnten sie durch ein Unwetter die Ernte auf einen Schlag zunichte machen. Sorgten sie dagegen für genügend Regen zur richtigen Zeit, konnte die Saat keimen und gut gedeihen. Der Glaube, dass Dämonen, Geister und Götter ihre Stimmungen durch Sonne oder Unwetter kundtun, hielt sich lange. Und man versuchte, die Götter durch Rituale positiv zu stimmen oder Dämonen zu vertreiben. Aus solchen Riten entstanden viele christliche Feste: zum Beispiel der katholische Fronleichnamstag mit seinen Prozessionen, bei denen man Schutz vor Unwetter erbittet – in christlicher Zeit bei den entsprechenden Heiligen, in heidnischen Tagen bei der „großen Kornmutter“.
Heilige helfen beim Kalender: der „Hundertjährige“
Von Generation zu Generation weitergegeben, wurden die Wetterregeln jedes Mal „überprüft“. Später brachte man sie dann mit bestimmten Heiligenfesten in Verbindung und verfasste sie in oft volkstümlichen Versen; so konnte man sie besser im Gedächtnis behalten. Der „Hundertjährige Kalender“, in dem der fränkische Abt Mauritius Knauer (1613-1664) seine Wetterbeobachtungen niederschrieb, ist zwar erst gut 300 Jahre alt. Aber in ihm sind all die alten Traditionen gesammelt und zusammen getragen worden. Genaue Aufzeichnung in Wetterstationen und meteorologischen Instituten kennt man erst seit etwa 140 Jahren.
Moderne Wetterkunde
Die Meteorologen in den Wetterämtern können sich heute zwar nach genauen Messdaten richten, die ihnen per Satellit zugespielt und die vom Computer ausgewertet werden. Aber selbst diese Wetterexperten und Fachleute wissen: Die bäuerlichen Mondregeln gab und gibt es nicht grundlos. Der Meteorologe Horst Mahlberg hat sich mit vielen Bauernregeln genauer befasst. Er stellte zum Beispiel fest: Wie so viele andere, hat auch die alte Wetterprophezeiung „Wenn der Mond hat einen Ring, folgt der Regen allerding“ durchaus ihre Berechtigung. Der „Halo“ – so nennt man den Ring um den Mond – tritt nämlich meist auf, wenn Westwind herrscht. Tiefdruckgebiete ziehen dabei von Westen nach Osten – und sie bringen in vielen Fällen Regen, heftige Schauer, ja sogar Orkanböen.
Selbst wenn die Meteorologie in den vergangenen Jahrzehnten Fortschritte gemacht hat und die Wettervorhersagen immer präziser werden: Mehr als drei bis vier Tage genauer Prophezeiung sind meist nicht möglich, auch wenn man Großwetterlagen besser kennt und einschätzen kann als früher. Den meisten Landwirten und Gärtnern genügt heute noch ein Blick zum Himmel, um das Wetter zu deuten. Je nachdem, wie der Mond steht, in welche Phase er getreten ist, wie er am Himmel erscheint, so wird das Wetter. Und nicht nur die Bauern kannten diese Regeln: Auch Seefahrer und Jäger bestimmten das Wetter aus ihrer reichhaltigen Erfahrung – nach dem Mond.
Unsere Ahnen wussten noch nichts von den physikalischen Umständen des Wetters. Dennoch lagen sie bei vielen Wetterregeln richtig. Viele sind nämlich nicht an bestimmten Tagen oder Daten fest gemacht. In Mitteleuropa gibt es gewisse Zyklen, die seit sehr langer Zeit bekannt sind. Das Zusammenspiel verschiedener Ursachen bei dem Wetter ist bei uns sehr ausgeprägt – das macht unser Wetter veränderlicher und abwechslungsreicher als in anderen Regionen. In manchen Gebieten auf der Erde regnet es jeden Tag zur gleichen Zeit, völlig unabhängig davon, wie das Wetter bis zu diesem Zeitpunkt gewesen ist. Die einheimische Bevölkerung weiß ganz genau, wann zum Beispiel Sommer- oder Wintermonsun einsetzen werden. Dabei ist die Zeitangabe für das Eintreffen dieser Regenperiode sehr exakt – auch ohne meteorologische Wettervorhersage.
Der Abt Mauritius Knauer, der den 100-jährigen Kalender „erfand“, wusste genau: Das Wetter wiederholt sich nicht nur jedes Jahrhundert aufs Neue, selbst wenn viele fälschlicherweise glauben, Knauer habe dies mit seinem Kalender sagen wollen. Der Wettermönch hat seine Aufzeichnungen damals jedoch anders
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