Das Mordhaus (German Edition)
der Zeit, in der Kerstin hier gewohnt hatte, war ich nie im Keller gewesen. Wozu auch? Sie hatten die Räume zur Aufbe wahrung ge nutzt und keinen Partykeller oder Ähnliches daraus gemacht. Aus welchem Grund hätte ich ihn mir also ansehen sol len? Jetzt wünsch te ich, ich hätte es getan. Dann hätte ich mich ausgekannt und wür de nicht inmitten eines Flurs stehen und nicht wissen, was sich hin ter den insgesamt vier Eisentüren ver barg.
Mir tippte jemand auf die Schulter. Ich sah mich um und blick te in die Augen von Diana. Sie zog die Augenbrauen zusammen, sodass sich eine kleine Furche auf ihrer Stirn bildete.
»Was ist los?«, flüsterte sie kaum hörbar. »Fang einfach mit ei ner Tür an.«
Aber das musste ich nicht. Ein Poltern hinter der Tür, neben der ich stand, weckte unsere Aufmerksamkeit. Hatte ein Mensch das Ge räusch verursacht, oder war etwas von selbst umgefallen? Fest ent schlossen, den Anlass dafür zu finden, fasste ich die Klin ke und drückte sie herunter. Die Tür ließ sich schwer öffnen, sie bestand aus massivem Stahl. Der Geruch, der uns bereits in der Küche aus dem Keller entgegenschlug, war gegen diesen hier nichts gewesen. Es stank gotterbärmlich. Ich schlug mir eine Hand vor den Mund und würgte, hinter mir ertönten die glei chen Geräusche.
Es half nichts. Trotz Übelkeit drückte ich mit aller Kraft die Tür ganz auf.
»Ich hab auf dich gewartet«, begrüßte mich eine Stimme.
Sofort richtete ich meine Waffe nach vorne und fand den Spre cher, es war Björn, er stand vor einem am Boden liegenden Hau fen, der mit einem weißen Laken abgedeckt war. Obwohl ... rich tig weiß war es nicht, rote Flecken zierten in grausiger Faszinati on den Stoff. Handelte es sich um Kerstins und Lucys Blut?
»Wo sind sie?«, fragte ich und zielte auf seine Brust.
»Bei mir, wo sie hingehören.« Er lachte und schien mit seinen Ge danken abzuschweifen, als erinnere er sich an etwas. »Sie wer den mich nie wieder verlassen oder mir wehtun ...« Wie ein klei nes Kind umarmte er sich selbst und wiegte sich im Takt zu ei nem stummen Lied.
Er war total durchgedreht! Wohin war der Mann verschwun den, mit dem ich einst lustige Männerabende verbracht hatte, während sich unsere Frauen bei einem Abendessen vergnügten? Nichts war mehr von ihm übrig. Der Mann, der jetzt vor mir stand, war mir fremd. Er schien um Jahre gealtert zu sein, die Au gen zuckten von einer Seite zur anderen und waren leer und farblos. Vor uns stand ein irrer Serienkiller. Der Auslöser für die se Taten lag auf der Hand. Er konnte die Trennung von meiner Schwester nicht verkraften und schon gar nicht akzeptieren.
»Wo sind sie?«, fragte ich erneut.
Björns Blick huschte für einen Moment zu dem Laken. »Im Him mel!« Wieder lachte er laut los.
Diana hatte die Schnauze voll. »Nehmen Sie die Hände hinter den Kopf und knien Sie sich hin!« Sie machte mit erhobener Pis tole ein paar Schritte auf ihn zu.
Seine Augen hellten sich auf, als er meine Partnerin sah. Wovon war er fasziniert? Von ihrem Äußeren, oder von der Vorstellung sie zu töten und aufzuschlitzen? Wider meiner Vermutung ge horchte er ihr, legte die Hände hinter den Kopf und kniete sich hin. Ohne Ge genwehr ließ er sich von Diana die Handschellen anlegen. Das ging zu einfach!
»Bringen Sie ihn zu den Polizisten vor dem Haus, sie sollen ihn für uns festhalten, bis wir die Vermissten gefunden haben, und nehmen Sie den Kollegen mit«, sagte Schroer.
Als Diana und Ingo mit unserem Verdächtigen den Raum verlie ßen, grinste dieser scheußlich zufrieden und vermied den Augen kontakt mit uns. Das war die leichteste Festnahme seit Beginn mei ner Beamtenlaufbahn.
Ich wandte mich dem blutigen Laken zu. Dafür, dass es zwei Lei chen bedecken sollte, war der Haufen darunter zu klein. Mit zittern den Knien ging ich darauf zu und streckte eine Hand nach dem Laken aus. Ich atmete tief ein und zog es mit einem Ruck weg. Angewidert drehte ich mich um und übergab mich unver züglich. Schroer kam zu mir und stützte mich, während mein Mageninhalt auf den sandigen Boden plätscherte.
»Dieses Schwein«, brachte ich mit Mühe und Not hervor. »Wie kann man nur ...?«
Wir hatten Björns Trophäen entdeckt. Das war eine kleine Eigen art, die sich die meisten Serienmörder teilten, auch wenn sie sich sonst in allen Belangen unterschieden. Sie sammelten Tro phäen, ob es nun ein Schmuckstück ihrer Opfer oder ein Bild war. Um die Tat aufs Neue zu durchleben, nahmen sie
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