Das Mozart-Mysterium
Herrenmode der Zeit nicht unter einer Perücke verbarg, und die hellblauen Augen standen dazu in erstaunlichem Gegensatz, dessen Anblick manche Maid zu einem freundlichen Lächeln bewog.
Es war zu hoffen, dass der Adlatus das Geheimnis meines nächtlichen Rendezvous für sich behielt, da sonst Thereses Vater mich fürderhin noch gründlicher von seiner Tochter fernzuhalten wüsste.
Ich bat Franz also inständig – ich musste laut sprechen, da die Fahrgeräusche beträchtlich waren –, niemandem etwas von unserem Treffen zu verraten, und ich versuchte zu ergründen, wie er davon erfahren hatte. Er schwieg beharrlich.
Mittlerweile hatten wir die Stadt erreicht, passierten die Kapuzinerkirche und standen bald an der Salzachbrücke, die (wie die Anwohner sagten) das linke und rechte Ufer des breiten Flusses verband – gemeint waren das südliche und das nördliche Ufer. Wir mussten diese schmale, hölzerne Brücke überqueren. Die Passanten waren auf sie angewiesen – und auf die Erlaubnis des Wächters, sie zu passieren –, denn sie war die einzige Brücke Salzburgs. Der Wächter hatte uns bereits erkannt, denn Mozarts Wohnung lag in der Getreidegasse nahe der Salzachbrücke, sodass sein Einspänner häufig vorbeikam und Mozart und seine Gefolgschaft dem Posten bekannt waren.
Ich harrte voll Sorge der Neuigkeiten, die die nächtliche Suche nach mir rechtfertigten.
Zur gleichen Zeit ereigneten sich im Kellergewölbe von Schloss Aigen bei Salzburg merkwürdige Dinge, von denen ich erst später erfahren sollte:
Eine Gruppe Männer in aufwendigen, mehrfarbigen Gewändern mit Kapuzen, behängt mit schweren Ketten, stand im Kreis um ein in den Boden eingelassenes Symbol von der Größe eines Wagenrades.
Einer der Männer erhob das Wort: »Hört mich an! Unsere Feinde sind dabei, ihren Einfluss auf Salzburger Boden auszudehnen. Erleuchteter zu meiner Linken! Du hast den Auftrag, uns von nun an über die feindliche Loge und den Verlauf der Dinge zu berichten. Wenn die Zeit kommt, werden wir Konsequenzen ziehen, mögen diese auch todbringend sein.«
Mizlers Rätsel
Schon bald hatten wir das Ziel erreicht und betraten die – trotz der nächtlichen Stunde hell erleuchtete – geräumige Wohnung der Mozarts in der Getreidegasse.
Ich legte eilig ab, um den Maestro aufzusuchen. Aus der offen stehenden Tür des Arbeitszimmers drangen seltsame Laute, die gleichsam wie ein leises Klagen schienen. Ich trat ein und sah den Maestro in der Mitte des Zimmers stehen, sein Gesicht in den Händen bergend. Er wandte sich mir mit entrücktem Blick zu. »David! Da sind Sie ja endlich!«
»Maestro! Was ist vorgefallen?«
»Ich brauche Ihre Hilfe. Ich kenne wenige Menschen, die einen so klaren und scharfen Verstand haben wie Sie.«
Nun war dieses unerwartete, mitten in der Nacht gesprochene Lob eher beunruhigend, da sich Mozart offensichtlich in größeren Schwierigkeiten befand. Dem widersprach jedoch, dass sich in seinem Gesichtsausdruck auf eigentümliche Weise Freude abzeichnete.
»Ich verstehe nicht recht – Sie scheinen doch guter Laune zu sein?«
»Jaja, bestens: Ich habe eine Auszeichnung erhalten, denn es traf ein an mich adressierter Brief des gelehrten Lorenz Mizlers ein. Aber dies ist zugleich die Ursache meiner Probleme. Haben Sie jemals von der sogenannten ›Mizler’schen Societät‹ gehört? Kaum einer weiß von ihr, dabei handelt es sich um eine Gesellschaft der größten Musiker dieses Jahrhunderts! Es ist die Krönung eines jeden Musikerlebens, als Mitglied auserwählt zu werden. Zuerst muss man allerdings eine Art Prüfung bestehen – und diese soll unermesslich schwer sein. Bisher wurden von Mizler, dem Gründer der Gesellschaft, nur 13 Personen aufgenommen, sodass es insgesamt 14 Mitglieder gibt. Man kann sich nicht bewerben, sondern wird auserkoren. Nie hätte ich erwartet, dass ich als Anwärter der Societät berufen werden könnte! Man wird so zum Teil der bedeutendsten Gelehrtenvereinigung in der ganzen Welt. Hier ist niedergeschrieben, welche harten Prüfungen mich erwarten.«
Mozart überreichte mir den Brief. Er sah wie ein Kunstwerk aus, wie eine feine, ornamentale Zeichnung. Das schwere Papier fühlte sich weich an, wie Samt. Ich ließ meinen Blick darüber gleiten. Es schien mir, als ob ein Mönch aus einem der berühmten Klöster uns eines seiner Meisterwerke gesandt hätte. Die Schrift war so akkurat und schön, als hätte der Verfasser monatelang daran gesessen.
Mozarts
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