Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition)
zurück
und versuchte, sie einzufangen. Sie rannten barfuss über den Strand, während
der Wolfshund bellend um sie herum sprang, bis sie außer Atem nebeneinander in
den Sand fielen.
Conrad küsste sie wieder und wie von selbst fand seine Hand
ihren Weg unter ihr Kleid, streichelte ihre Beine und wanderte langsam höher.
Sanft schob sie die Hand zurück. „Nicht hier“, flüsterte
sie. Obwohl die Kinder weg waren, fühlte sie sich plötzlich beobachtet.
„Ja“, sagte Conrad bedauernd. „Hier kann man nicht sicher
sein, dass man alleine ist.“ Er sah zum Himmel hoch. „Außerdem sollten wir
langsam aufbrechen, sonst überrascht uns noch die Dämmerung.“
„Ist es tatsächlich schon so spät? Kein Wunder, dass ich
langsam Hunger habe.“ Line küsste ihn noch einmal und stand auf. Da fiel ihr
Blick auf etwas Glänzendes im Sand. Es war ein gelber Stein, der zwischen
anderen Steinen lag und ein geheimnisvolles Leuchten auszustrahlen schien.
Sie hob den rotgold glänzenden Gegenstand auf, der etwa
doppelt so groß war wie ihr Fingernagel. Fasziniert betrachtete sie ihn von
allen Seiten.
„Hast du was gefunden?“, Conrad klopfte sich den Sand von
der Kleidung und trat neugierig näher.
„Was ist das?“, fragte sie und zeigte ihm den merkwürdigen
Gegenstand.
„Das ist Bernstein, hierzulande Börnesteen genannt.“
„Börnesteen? Ein Stein, der brennen kann?“
„Genau. Dieser Stein ist viel leichter als alle anderen
Steine und er ist brennbar, deshalb nennt man ihn Börnesteen.“
„Ich habe solch einen Stein noch nie gesehen.
„Kein Wunder, denn es gibt ihn nur am Meer. Es sind die
Tränen der Meerjungfrauen.“
„Die Tränen der Meerjungfrauen“, wiederholte Line, „das
klingt schön.“
Sie hielt den Bernstein gegen die Sonne und erfreute sich an
dem warmen Leuchten.
„Wie sehen sie denn aus, diese Meerjungfrauen?“, wollte sie
wissen.
„Diejenigen, die behaupten, sie schon einmal gesehen zu
haben, beschreiben sie als wunderschöne Wesen. Sie sind halb Mensch, halb
Fisch. Mit einem weiblichen Oberkörper und schuppigen Beinen, die in einer
Flosse enden. Manchmal locken sie die Boote der Fischer auf das Meer hinaus, wo
sie nicht selten in einen Sturm geraten und ertrinken.“
„Und dann weinen sie um sie?“, fragte Line und betrachtete
den leuchtenden Stein im Sonnenlicht.
„Wer weiß?“, Conrad schmunzelte.
„Diese Meerjungfrauen sind sicher wunderschön“, sinnierte
Line.
„Zumindest der obere Teil, der menschliche – obwohl – oben
Fisch wäre auch nicht schlecht, dann könnten sie nicht so viel schwatzen, wie
es Frauen gerne tun.“
Line warf ihm einen gespielt zornigen Blick zu.
„Das ist ein besonders schönes Stück“, sagte Conrad
anerkennend und betrachtete den Stein genauer. „Wenn man ihn schleift, dann
leuchtet er erst richtig. Wir haben in unserem Dorf einen Schmied, der sich
vorzüglich darauf versteht, solche Bernsteine zu schleifen und zu polieren.
Dann kann man sie als Schmuck verwenden. In manchen Gegenden werden sie höher
gehandelt als Diamanten und Rubine.“
Line staunte, dann ließ sie den Stein in ihren Rockfalten
verschwinden, in denen sich eingenähte Taschen befanden.
„Lass uns noch einen Augenblick den schönen Tag genießen“,
sagte sie und setzte sich in den Sand. Conrad ließ sich neben ihr nieder und
sie legte ihren Kopf an seine Schulter.
Ihr Blick fiel auf Conrads Schwert, das im Wehrgehänge neben
ihnen im Sand lag. Sie erinnerte sich daran, wie er sie damals am See gerettet
und sich das Schwert von dem Wegelagerer mit den Froschaugen zurückgeholt hatte,
der dann entkommen war. Selbst ihr ungeschulter Blick erkannte, dass es sich um
eine wertvolle Waffe handeln musste, denn der Schwertgriff war aus massivem
Silber gearbeitet. Bisher hatte sie die Waffe noch nie genauer in Augenschein
genommen. Der Griff war gedreht, so dass er besser in der Hand lag. Der runde
silberne Knauf trug ein eingraviertes Wappen. Es war so fein gearbeitet, dass
man jede Einzelheit erkennen konnte. Line erkannte einen Schild und einen Helm,
wie sie auf vielen Wappen zu sehen waren. Aber darüber thronte eine Jungfrau,
die einen kleinen Gegenstand in der Hand hielt.
„Was bedeutet diese Frau auf dem Wappen?“, fragte sie
neugierig.
„Das ist eine Prinzessin“, sagte Conrad, der ihrem
interessierten Blick gefolgt war.
„Eine echte Prinzessin?“
Conrad lachte. „Da staunst du, was? Eine Prinzessin auf dem
Wappen eines armen
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