1452 - Die Vodoo-Mutter
Gemessen und trotz seiner unförmigen, schwabbeligen Figur stieg er fast leichtfüßig die Treppe hinab.
Kilgo steckte voller Wut und Hass. Er hatte nicht vergessen, was ihm vor kurzem widerfahren war und dass er alles hatte liegen und stehen lassen müssen, um die Flucht zu ergreifen. Aber es war ihm gelungen. Er war noch im Spiel, und genau das sollten einige Menschen zu spüren bekommen.
Vor der Tür hielt er an und schaute nach unten.
Der Wärter lag zusammengekrümmt am Boden. Von oben her fiel Licht in den Schacht mit der Außentreppe, die zum Keller des alten Hinterhauses führte.
Der Mann war so gefallen, dass sein Gesicht nach oben lag. Die Umgebung seines Mundes sah aus, als hätte dort jemand rote Schminke verschmiert. Doch es war keine Schminke, sondern Blut.
Das kümmerte Kilgo nicht. Menschen waren ihm gleichgültig. Ihm ging es einzig und allein um seinen Vorteil. Wer nicht auf seiner Seite stand oder ihn zumindest akzeptierte, war ein Feind, und mit Feinden ging er entsprechend um.
Kilgo wandte sich der Tür zu.
Sie hatte in der oberen Hälfte einen schmalen Glaseinsatz. So konnte das Licht durchschimmern, das hinter ihr brannte. Durchsichtig war dieses Türfenster nicht, aber es reichte Kilgo aus, um zu erkennen, dass jenseits der Tür Helligkeit herrschte. So wusste er, dass die Person, die er suchte, zu Hause war.
Beim Öffnen der Tür stieg er über den Aufpasser hinweg. Kilgo wunderte sich darüber, wie locker er die Tür öffnen konnte. Er schaute in eine Welt hinein, die sich von der normalen völlig abhob und wie eine Bühne wirkte.
Ein düsteres Licht, das von Lampen stammte, die sich in dem Kellerraum verteilten. An den Wänden hingen dunkle Stoffbahnen. Der Boden war mit Teppichen bedeckt, die mindestens doppelt lagen.
Ein süßlicher Geruch schwängerte die Luft. Räucherstäbchen gaben sie ab. Sie ragten aus mit Sand gefüllten Behältern hervor und umstanden einen thronähnlichen Stuhl, auf dem die Hauptperson saß.
Ihr Platz lag so, dass sie die Tür jederzeit im Auge behalten konnte. So hatte sie auch gesehen, wer da eintrat, aber sie bewegte sich nicht und sagte nicht ein Wort.
Kilgo schloss die Tür. Mehr tat er nicht. Er wartete, denn er wusste, was er der Frau auf dem Stuhl schuldig war.
Sie ließ ihn warten. Die Arme hatte sie auf die Lehnen gelegt, und ihre Hände umkrampften die beiden Enden. Dunkle Augen beobachteten Kilgo, der wie ein Bittsteller vor ihr stand und sich nicht bewegte.
»Wer bist du?«
Der Fettsack zuckte leicht zusammen, als er die Stimme vernahm.
»Ich bin gekommen, um mit dir zu reden«, erwiderte er dann.
»Man hat dich durchgelassen?«
Kilgo lächelte etwas verlegen. »Es blieb ihm nichts anderes übrig.«
»Verstehe«, sagte die Frau.
»Und?«
Sie baute die Spannung noch weiter auf, indem sie zunächst nichts sagte.
Schließlich nickte sie und flüsterte: »Lass hören, was du von mir willst…«
***
»Das war wohl nicht die erste Sahne – oder?«, fragte Glenda Perkins und blickte mich an, als ich meinen Kaffee trank, der mal wieder perfekt von Glenda zubereitet worden war.
»Stimmt. Kilgo ist uns entkommen. Aber wir haben Johnny Conolly und Pete Ruskin retten können.«
»Immerhin etwas.«
Ich hob die Schultern und schaute zu, wie Glenda unser Büro verließ und in ihr Vorzimmer ging.
Suko, der mit gegenüber saß, lächelte ein wenig mokant. »Du und Bill, das waren einfach zu wenige gute Leute. Ihr hättet mich mitnehmen sollen.«
»Und dann?«
Er hob die Schultern. »Dann wäre dieser Kilgo kein Problem mehr.«
»Klar, du schaffst ja alles.« Ich winkte ab. »Wer hätte denn ahnen können, wie sich dieser Fall entwickelt? Als Bill und ich losfuhren, wussten wir nicht mal, dass etwas passieren könnte. Es war nur ein schwacher Verdacht. Dann kam es knüppeldick. Johnny hätte es fast erwischt, aber Kilgo konnte fliehen. Den hättest du wahrscheinlich auch nicht aufhalten können.«
»Kann sein. Was ist er überhaupt für ein Typ? Hexenmeister, Magier oder einfach nur ein Trödler?«
»Alles gemeinsam.«
»Das dachte ich mir.« Suko zog die Brauen zusammen. »Es wundert mich nur, dass die Fahndung nicht zu einem Erfolg geworden ist. Einer wie er muss einfach auffallen.«
Ich winkte ab. »Einer wie er wird seine Flucht schon vorher abgesichert haben. Wobei ich davon überzeugt bin, dass er sich noch in der Stadt aufhält. Verstecke gibt es genug.«
Suko beugte seinen Oberkörper vor und legte die Unterarme auf den
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