Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
Vom Netzwerk:
Stimme.
    Inzwischen waren wir alle im Freien und versuchten ihn zurückzuhalten und zur Vernunft zu bringen.
    »Beruhigt Euch doch«, sagtest du, hinter ihm herlaufend, »wenn man bedrückt und verzagt ist, redet man allerlei daher, vielleicht hat Monsire Naudé übertrieben, was noch lange nicht bedeutet, dass er sich wirklich das Leben nehmen will.«
    Schoppe schien nicht einmal das Echo deiner Stimme zu vernehmen. Er schritt weniger als dass er vorwärts stürzte, mit geröteten Augen starr vor sich hinblickend. Den Pfad hatte er bereits verlassen und kletterte nun wie eine Gämse die Felsen hinauf, von neuen, mysteriösen Kräften belebt. Du ergriffst seine Hand, er schüttelte dich ab wie eine Fliege. Barbara und ich waren zurückgeblieben, der schnelle Aufstieg im strömenden Regen hatte uns erschöpft. Kemal zeigte nicht die geringste Anteilnahme.
    »Ihr bringt Euch in Gefahr, Ihr wisst ja nicht einmal, wo Ihr ihn suchen sollt«, warntest du ihn vergebens.
    Schoppe blieb hochaufgereckt auf einem Felsvorsprung stehen, wo er kaum das Gleichgewicht halten konnte, und brüllte erneut mit aller Lungenkraft, das Gesicht in die Höhe gewandt, als gäbe es den Regen nicht:
    »Gabrieeel!« Seine Stimme hatte etwas Tierisches.
    In diesem Moment wurden wir alle in Gespenster verwandelt. Ein Blitz entlud sich auf der anderen Seite der Insel und tauchte alles in sein unwirkliches, weißes Licht. Dann explodierte ein höllischer Donnerschlag, der uns zusammenzucken ließ, als hätte ein Büchsenschuss uns die Eingeweide zerfetzt.
    Caspar Schoppe, der in diesem Moment auf dem Felsvorsprung hockte, drehte sich um sich selbst und stürzte übel zu Boden. Du und Barbara eiltet ihm zu Hilfe, du kamst als Erster an, doch kaum hattest du dich über ihn gebeugt, richtete er sich mit eigenen Kräften zum Sitzen auf, blickte dich mit leeren Augen an und gab dir einen kräftigen Stoß, sodass du ebenfalls nach hinten fielst und dir nur wie durch ein Wunder nicht den Kopf an einem Stein aufschlugst.
    |689| Ich wollte dir gerade im Kampf gegen Schoppe beistehen, als ich einen festen Griff um meinen Arm spürte. Es war der Korsar.
    »Lass ihn in Ruhe, Secretarius. Wenn er verrückt geworden ist, können wir ihn nicht länger bei uns behalten. Er muss seinen eigenen Weg gehen, wie alle. Willst du etwa mit ihm ins Meer stürzen und sterben?« Er zwinkerte mir in ironischer, trauriger Komplizenschaft zu.
    Er hatte recht, es hatte keinen Zweck mehr. Schoppe schrie abermals den Namen seines Freund-Feindes Naudé und stürzte, von seinem eigenen Wahn wie berauscht, im strömenden Regen und Sturm noch weiter hinauf, auf der Suche nach dem letzten Selbstmörder von Gorgona.
    Erst in diesem Augenblick offenbarte sich die wahre Natur Caspar Schoppes. Nachdem er sich mit seinem Gegner erbitterte Schlachten geliefert hatte, ihn mit dem Dreck tausenderlei Beleidigungen beworfen hatte, fühlte Schoppe sich – jetzt, nachdem er die Falsifikate des
olim
verehrten Poggio Bracciolini selbst in Händen gehalten hatte – einsam wie ein Hund und konnte nicht weiterleben, wenn Naudé starb.
    Mit dem Verschwinden Gabriel Naudés, der seinem Alter nach Schoppes Sohn hätte sein können, fiel das brüchige, von Streit und Missgunst durchzogene Dasein Caspars des Kämpferischen wie ein Kartenhaus in sich zusammen. In diesem von feigen Winkelzügen, Kleinlichkeiten, Gerüchtemachen, Kehrtwenden, Schwindeleien und Verleumdungen erschütterten Universum hätte sogar ein Heiliger schließlich geflucht und seinem Nächsten die Faust gezeigt.

DISKURS CI
    Darin sich das große Finale anbahnt und eine mutige Entscheidung getroffen werden muss.
    In eben dem Moment, da Schoppe hinter der Regenwand verschwand, hörte man die Detonation. Eine weißliche Wolke erhob sich über der Torre Vecchia, und schon einen Augenblick später hörte man einen Aufprall dicht neben uns.
    »Was zum Teufel war das?«, fragte Barbara.
    »Eine Kanone«, antwortete Kemal, dem der Mund vor Staunen offenstand. » |690| Man schießt von der Festung aus auf uns! Dort gab es Bombarden, erinnert ihr euch?«
    »Und wer um alles in der Welt sollte die benutzen?«, fragtest du.
    Du zogst das Fernrohr hervor, das du gefunden hattest, als die drei Bärtigen verschwunden waren, und richtetest es auf die Torre Vecchia. Doch deinem enttäuschten Kopfschütteln war zu entnehmen, dass du die Gestalten nicht erkennen konntest.
    Wieder ein Schuss, ein zweites weißes Wölkchen über dem Dach der Festung.
    »In

Weitere Kostenlose Bücher