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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Astronomica
von Manilius
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»Die Grammatiker und viele andere«
    Warum spricht Cencio von sechs Autoren, Poggio von drei und der Mäzen Barbaro von zwölf, außerdem von einigen nicht näher bezeichneten Grammatikern und vielen anderen?
    Wollte Poggio den Diebstahl der Handschriften vertuschen? Sehr unwahrscheinlich, da er gerne mit seinen unorthodoxen Methoden prahlte. Außerdem war der lobende Brief von Barbaro eindeutig geschrieben, um verbreitet zu werden. Wenn Poggio den Diebstahl der von Barbaro genannten Titel hätte verschweigen wollen, hätte er den Brief vernichtet.
    Der wichtigste Fund in Sankt Gallen ist der vollständige Quintilian. Die
Institutio oratoria
war bis dahin nur teilweise bekannt.hat eine Kopie der Kopie von Quintilian untersucht, die Poggio persönlich nach dem in der Abtei entwendeten Original angefertigt hatte. In dieser Kopie der Kopie wird vom Kopisten am Rand vermerkt, dass es eine eigenhändige Notiz Poggios gibt, in der er versichert, er habe Quintilian in Konstanz kopiert. Also hat Poggio mindestens den Quintilian nach Konstanz gebracht und dort kopiert.
    Mehr noch: Der Kopist fügt hinzu: »Wie aus dem Trojanischen Pferd sind aus dieser Kopie von Poggio alle Quintilian-Texte hervorgegangen, die wir jetzt besitzen.« Quintilian ist also ein weiteres Geschöpf, das, wie Tacitus und viele andere, nur durch Poggios Hände gegangen ist, als es wieder aus dem Dunkel der Vergangenheit hervorkam.
    Nicht einmal über das Jahr des Besuchs in der Abtei gibt es Einigkeit: in einigen Briefen wird 1416, in anderen ein Jahr später genannt.
    |683| Warum so viele Widersprüche?
    Poggio behauptet, sie hätten in dem Kloster »eine so große Menge Bücher« gefunden, »dass viel Zeit nötig gewesen wäre, sie alle auch nur zu zählen.« Auch Cencio spricht von »zahllosen« Büchern. Doch kaum fünfzig Jahre nach ihrem Besuch tauchen im Inventar des Klosters aus dem Jahr 1461 nur etwa 500 Bände auf. Nicht gerade viel. Hatten Poggio, Bartolomeo und Cencio womöglich viele Bücher gestohlen? Wie wir sahen, finden sich in der Korrespondenz der drei Freunde mit italienischen Briefpartnern (Barbaro) einander widersprechende Listen, die von drei bis zu einem Dutzend Büchern reichen, hinzu kommt höchstens noch der allgemeine Hinweis auf »die Grammatiker und viele andere«. Nun gut, wird man sagen, sie haben fast alle Bücher gestohlen.ist in Sankt Gallen gewesen und hat in den Annalen der Abtei gelesen, die seit Jahrhunderten jeden Besucher und alle anderen Ereignisse in diesen Mauern getreulich verzeichnen. Von dem Besuch der drei Toskaner gibt es keine Spur! Auch wird kein Verlust von Büchern erwähnt. Es wäre widersinnig, wenn die Abtei den Besuch des päpstlichen Secretarius aus Rom nicht vermerkt hätte, vor allem wenn man den Anlass bedenkt: ein ungeheuer wichtiges und heikles ökumenisches Konzil, das vom Kaiser aus schwerwiegenden politischen und religiösen Gründen im nahen Konstanz einberufen wurde.

    Die Widersprüche, das Stillschweigen und die vagen Auskünfte Poggios und seiner Mitarbeiter sind in Wahrheit Lügen.
    Wennsich aus diesem Bett, an das er nun gefesselt ist, erheben könnte, würde er mit lauter Stimme verkünden, dass Poggio niemals Texte von Quintilian gefunden hat und auch die anderen Handschriften aus Sankt Gallen nicht. Vielleicht ist er nie in der Abtei gewesen. Man muss ein Kloster nicht besuchen, um zu wissen, dass es auch eine Bibliothek besitzt – alle Klöster haben eine. Poggio wird sich damit begnügt haben, die Abtei von außen zu betrachten, dabei hat er den Turm bemerkt, und um das Risiko abzuwenden, die von ihm erwähnten Bücher könnten inventarisiert oder jemandem bekannt sein, hat er in seinen Briefen die Geschichte von den im Turm vergessenen Büchern erfunden. Cencio, der nicht so umsichtig ist, prahlt hingegen damit, dass er sie in der Bibliothek erbeutet habe. Poggios geheimnisvolle Blitzkarriere ist von Anfang bis Ende die Laufbahn eines Betrügers. Wo sich das Original von Quintilian befindet, weiß man nicht, einige sagen, Poggio |684| habe es verloren, andere, es sei ein paar Jahrzehnte später verlorengegangen. Verloren ist auch die ursprüngliche Kopie von Poggio.

    Kurz gesagt, es gibt keine Beweise dafür, dass Poggio den Text von Quintilian wirklich entdeckt und nicht vielmehr selbst erschaffen hat, indem er das nahm, was er über ihn wusste und sich von

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