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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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ihn. Und er hatte nicht Unrecht: Naudé drohte die Nerven zu verlieren und blindwütig auf ihn zu schießen.
    |139| Der Barbareske seufzte, erhob sich langsam von der Ruderbank und strich sich seine langen, fuchsroten Haarsträhnen aus dem Gesicht. Hochaufgerichtet, die Arme erhoben, um seinen Kameraden zu bedeuten, dass er sprechen werde, schrie er aus vollem Halse etwas auf Türkisch. Darauf blieb es still. Der Statthalter wiederholte seine Botschaft.
    »Wer soll denn verstehen, was dieser Gauner sagt?«, rief Guyetus beunruhigt. »Warum spricht er nicht Italienisch oder wenigstens die Lingua franca? Wie können wir sicher sein, dass er …«
    In diesem Moment erfolgte die Antwort vom Deck der Karacke. Es gab einen Wortwechsel, dann setzte Ali Rais sich an die Spitze seiner Männer. Ein ganzer Trupp von Barbaresken umgab ihn. Alle legten ihre Musketen an und richteten sie auf uns.
    Es geschah so schnell, dass wir keine Zeit hatten, ins Wasser zu springen oder vor Schreck an einem Herzschlag zu sterben, als wir dieses Erschießungskommando vor uns sahen.
    Ali Rais und seine Männer eröffneten das Feuer. Während wir die Kugeln pfeifend über unsere Köpfe fliegen hörten, sahen wir, wie der Rais seinen Statthalter mit einer Handbewegung verabschiedete, uns den Rücken zudrehte und im Innern des Schiffes verschwand. Nur der Rauch der Musketen blieb zurück. Das Piratenschiff drehte ab und begann sich zu entfernen.
    Jeder von uns betastete sich, um sich zu vergewissern, dass er noch am Leben war und keine Löcher in irgendeinem Körperteil hatte. Währenddessen beugtest du, armer Atto, dich über den Bootsrand, um zu erbrechen. Die angesammelte Anspannung musste sich urplötzlich entladen.
    Aber was war geschehen? Ali Rais war wirklich verschwunden, nachdem er uns zur Erinnerung und Warnung einen haarscharf über unsere Köpfe hinweg gezielten Kugelhagel hinterlassen hatte.
    »Siehst du, dass ich recht hatte? Dein Rais liebt dich«, bemerkte Naudé ironisch, die Pistole noch immer auf die Brust des Statthalters gerichtet. So konnten du und ich die beiden Korsaren durchsuchen. Als schließlich mehrere Dolche verschiedener Größe und Machart auf dem Boden des Bootes lagen, ließ er zufrieden die Pistole zurück in meinen Reisesack gleiten, der offen neben ihm gelegen hatte.

    |140| Unsere vier Ruderer legten sich wieder ächzend in die Riemen und brachten uns endlich fort von diesem traurigen Meeresabschnitt. Auch Alis Schiff entfernte sich mit vollen Segeln, und fast alle konnten wir noch immer nicht fassen, dass wir der Gefahr entronnen waren. Hatte der Korsar wirklich auf eine so gute Gelegenheit verzichtet, sich auf Kosten der königlichen Kassen Frankreichs zu bereichern?
    »Wie um alles in der Welt hast du deinen Rais dazu gebracht, uns in Ruhe zu lassen?«, fragte Guyetus misstrauisch.
    »Zuerst habe ich ihm gesagt, dass ich nicht sicher bin, ob ihr nur diese eine oder noch mehr Pistolen habt, also das Feuer auf sein Schiff eröffnen könntet, was unvorhersehbare Folgen gehabt hätte. Wenn er euch dagegen alle gleich auf der Stelle erschießen würde, könnte er das Lösegeld vergessen, ganz zu schweigen davon, dass der Bey von Tunis, der ein Zehntel von allen Plünderungen des Rais fordert, ihm den Kopf absäbeln lassen würde, wenn er hörte, dass ihm eine so hohe Summe entgangen ist. Außerdem hat Ali ja die Offiziere der französischen Galeere als Geiseln an Bord, auch für die wird Mazarin eine hübsche Summe zahlen müssen.«
    »Deine Rede hat Lecks an allen Ecken und Ecken, du Verbrecher!«, donnerte Guyetus. »Warum sollte ein ganzes Erschießungskommando aus Barbaresken an Bord einer mit Kanonen bewaffneten, riesigen Karacke Angst vor uns armen Unglückswürmern hier auf dieser Nussschale haben? Und dadurch, dass er uns laufenließ, hat Ali das Lösegeld für uns verloren!«
    »Er hat doch sicher immer noch die Absicht, uns zu schnappen, wahrscheinlich wenn wir es am wenigsten erwarten, stimmt’s?«, fragte Malagigi den Statthalter, der die Augen senkte.

    Pasqualini hatte richtig geraten. Die Gefahr, wieder in die Klauen von Ali Rais und seinen Männern zu geraten, war alles andere als gebannt.
    Im letzten Tageslicht spähte ich verstohlen in die Gesichter der anderen. Guyetus war bei Pasqualinis Worten endgültig in sich zusammengesunken und lag jetzt, zerzaust und mürrisch wie eine alte Elster am Bug. Mit einer Hand schützte er sich müde gegen die Spritzer der Wellen, in der anderen hielt er das

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