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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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doch in eben diesem Moment war die erste Explosion erfolgt. Wahrscheinlich |137| hatte ein unvorsichtiger Korsar mit einer Arkebuse oder Pistole hantiert und das Feuer entfacht.

    Das Tageslicht wurde langsam schwächer, der kalte Wind wurde eisig, das Geräusch der Ruder wetteiferte mit dem schaumigen Murmeln der Wellen. Hardouin, Malagigi und die beiden Barbaresken mühten sich mit aller Kraft, uns aus den Gewässern herauszubringen, in denen sich unser Unglück abgespielt hatte, doch noch immer sahen wir in der Ferne die rauchenden Umrisse unseres Schiffes, das sich als sinnloser Scheiterhaufen selbst verzehrte.
    Plötzlich staunten wir. Der Bug der französischen Galeere hatte sich noch weiter erhoben, wahrscheinlich weil Wasser ins Heck eingedrungen war, denn die Explosionen mussten große Löcher in den Rumpf gerissen haben. Man hörte ein unheimliches Knirschen, dann einen Knall. Wie in einem letzten Todeszucken bäumte der Bug sich noch höher auf. Dann versank das Wrack vor unseren entsetzten Blicken blitzschnell, senkrecht wie ein ins Wasser gestoßener Dolch, nachdem es zum ersten und letzten Mal die elegant geschwungene Rundung seines Steuerruders zum Himmel gewandt hatte. Zum Glück waren wir schon weit genug entfernt, sonst hätte der Sog des über dem Schiff zusammenströmenden Wassers uns verschlungen. Schon als das Feuer ausgebrochen war, hatte die Galeere nichts mehr für uns tun können, trotzdem überkam uns bei dem Gedanken, nun allein, ohne den Anblick dieses nutzlosen, aber vertrauten Schiffes mitten auf dem Meer zu sein, die düsterste Trübsal. Verstohlen blickte ich in die Gesichter der anderen und fand nur Bestürzung und Verzweiflung.
    »Seht!«, riefst du plötzlich aus, mit der linken Hand zum Horizont zeigend.
    Alis Karacke steuerte auf uns zu. Sie schien sich nähern zu wollen.
    »Sie kommen uns holen!«, riefst du, unsicher, ob du dich freuen solltest, weil man dich aus diesem schwankenden Boot retten würde, oder ob du dich vor der bevorstehenden, erneuten Gefangennahme durch die Korsaren fürchten solltest.
    Dein gespaltener Seelenzustand wurde vom Rest der Schiffbrüchigen geteilt. Nur der lockenköpfige Korsar begann heftig mit den Armen zu fuchteln, um die sich nähernden Piraten, seine Freunde, zu begrüßen. Der Statthalter verfolgte aufmerksam die Manöver des Schiffs.
    »He, was habt ihr zu tuscheln, ihr drei?«, fragte er barsch, zu Naudé, |138| Malagigi und mir gewandt. Die nahende Vereinigung mit seinen Kameraden hatte dem Barbaresken seine grimmige Entschlossenheit zurückgegeben.
    »Das werde ich dir gleich sagen«, antwortete der französische Bibliothekar prompt.
    Naudé hielt eine Pistole in der Hand.
    »Befiehl deinen Freunden dort drüben auf der Karacke, umzukehren und uns in Ruhe zu lassen«, forderte er.
    »Sie ist geladen«, beeilte sich Pasqualini dem Statthalter zu erklären.
    »Seid ihr verrückt? Glaubt ihr wirklich, sie gehorchen mir und verzichten auf die fette Beute, die ihr für Ali Rais bedeutet?«
    »Mach keine Schwierigkeiten. Gib ihnen ein Zeichen umzudrehen«, wiederholte Naudé mit unbewegter Miene, während sein Blick immer wieder den meinen kreuzte.
    Die Karacke kam derweil stetig näher. Ich meinte Ali Rais zu erkennen, der uns vom Oberdeck aus beobachtete.
    »Wenn Ali sieht, dass ihr eine Pistole habt, schießt er erst auf mich und dann auf den da«, beharrte der Statthalter, auf den Lockenkopf zeigend. »Mein Rais ist nicht der Mann, der sich erpressen lässt.«
    »Probieren wir’s aus«, erwiderte Naudé und zielte mit dem Lauf der Pistole auf das Gesicht des Barbaresken.
    »Aufgepasst, Ali könnte auch auf jemanden von euch schießen.«
    »Du widersprichst dir, mein Freund«, reizte ihn Malagigi. »Eben hast du noch gesagt, dass dieses Raubtier, dein Anführer, nicht auf die fette Beute verzichten würde, die wir für ihn bedeuten.«
    Das Schiff kam immer näher.
    »Sag ihnen, sie sollen abhauen!«, schrie Naudé fast wie von Sinnen den Statthalter an.
    Mazarins Bibliothekar hielt die Rolle des eiskalten Schützen, die ihm im Grunde wenig entsprach, nicht mehr durch. Ich betete zum Himmel, dass er bei all den Reisen quer durch Europa und der ständigen Gefahr, von Räubern überfallen zu werden, wenigstens eine gewisse Vertrautheit mit Feuerwaffen erworben hatte.
    Der verwirrte und panische Geisteszustand, der sich auf den Zügen des Pariser Bibliothekars abzuzeichnen begann, machte den Statthalter nicht selbstsicherer, sondern alarmierte

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