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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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gefährlich!«, erklärte Mustafa, während er sich mit einer stolzen Geste seinen weißen Schal um den Hals legte.
    »Alles Feiglinge, diese Renegaten«, bemerkte Schoppe in seinem gewohnten grimmigen Ton.
    Ich fragte die Korsaren: »Was ist euer Meinung nach der nächstgelegene Landeplatz?«
    |143| »Die Insel Gorgona im Westen.«
    Gorgona. Der Name der unbedeutenden kleinen Insel, der auf Altgriechisch »Sirene« bedeutet, ließ Naudé, Hardouin und Guyetus zusammenzucken und in lautes Rufen ausbrechen, als wären sie plötzlich durch den Gesang einer Sirene verhext. Schoppe blickte sie überrascht an, da er den Grund für diese Aufregung nicht verstand.
    »Soll sich Capraia und Gorgona rühren!«, zitierte Schoppe Dante, in der Hoffnung, die Insel könne uns durch Zauberkraft entgegenkommen.
    Während Hardouin offenbar von Guyetus über unser Gespräch in der Unterkunft der Offiziere informiert worden war, wusste Schoppe von gar nichts. Da er ihr Konkurrent bei der Suche nach den kostbaren Handschriften war, hatten seine französischen Kollegen ihm verschwiegen, dass Philos Ptetès sich möglicherweise auf Gorgona aufgehalten hatte. Gewiss, du hattest Naudé und Guyetus beteuert, dass du den Namen des slawonischen Mönches nicht kanntest, der vor zwei Jahren auf der Reise nach Frankreich auf der Insel zurückgelassen wurde, weil ihn eine Schlange gebissen hatte. Aber das hatte ihre Hoffnung, auf Gorgona Spuren von Philos Ptetès und der enormen Menge unveröffentlichter literarischer Meisterwerke der Antike zu finden, nicht gedämpft. Immerhin würden sie dem, der sie zuerst in Druck gab, unsterblichen Ruhm einbringen.
    »Was ist denn mit euch los? Seid ihr übergeschnappt?«, fragte Schoppe mehrmals, jedoch ohne dass seine gelehrten Kollegen irgendeine Notiz von ihm nahmen.
    Ich beobachtete dich. Du saßest direkt neben Schoppe und verfolgtest aufmerksam die Szene. Du hättest ihn davon in Kenntnis setzen können, wie wichtig es war, nach Gorgona zu gelangen, so wie du an diesem Tag Naudé und Guyetus die überraschenden Nachrichten von Philos Ptetès geliefert hattest. Doch das tatest du nicht.
    Dein Blick war hart und wieder lag darin jenes kalte silberne Funkeln, das ich nach meinen bitteren Ermahnungen am Vortage in deiner Seele hatte entstehen sehen. Jetzt las ich zusätzlich Ehrgeiz und Verlangen in deinen Augen. Am vorigen Morgen hattest auch du von jener verwickelten Geschichte erfahren, in der sowohl die Medici, unsere Herren, als auch dein neuer Mäzen Kardinal Mazarin eine Rolle spielten. Darum weihtest du Schoppe nicht ein, der dir bei deinen ehrgeizigen Plänen nicht helfen konnte, spitztest aber die Ohren, damit |144| dir keine Gelegenheit entging, beiden Herren dienen zu können, den Toskanern wie den Franzosen, und von beiden reich entschädigt zu werden.
    Ich fühlte, dass es zu spät war, um dich aufzuhalten. Was hätte ich auch tun können? Niemand, auch ich nicht, hatte dich vor dem grausamsten, abscheulichsten Missbrauch retten wollen, den der menschliche Geist ersinnen konnte. Also hattest du beschlossen, den größten Nutzen daraus zu ziehen, ja, auch ein doppeltes Spiel, vielleicht sogar Verrat nicht zu verschmähen, sobald sich die Gelegenheit bot. Worüber beklagte ich mich? Hatte ich dir nicht selbst am vorigen Tag gesagt, der launischen Schicksalsgöttin müsse man die großen Momente im Leben entweder hinterrücks oder durch Verstellung entreißen?
    Warum spürte ich jetzt ein Beben und einen jähen verzweifelten Schmerz in meiner Brust? War ich nicht selbst der Auslöser deiner heutigen Verwandlung gewesen? Nein, vielleicht war ich es nicht, ich hatte dir nur die Augen vor der unveränderlichen Wirklichkeit geöffnet und vor den Verheerungen, die die Liebe dir bringen würde. Dein Leben ist und wird hart sein, mein geliebter Atto, sagte ich dir mit meinem Herzen. Du wirst noch härter sein müssen.
    Derweil hattest du nach einem ausgiebigen Gähnen die Augen zu einem vorgetäuschten Schlaf geschlossen, um nicht mit Schoppe sprechen zu müssen, der sich bereits mit Fragen an dich wandte. Der alte Deutsche verzichtete jedoch bald auf Nachforschungen, gähnte, von dir angesteckt, und schloss die Lider, um sich nach diesem schrecklichen Tag der Erschöpfung zu überlassen.
    Ich versuchte, die Stimmung derjenigen, die noch wach waren, zu heben, indem ich sie zum Handeln aufforderte:
    »Der Wind steht günstig. Die Garnison des Großherzogs ist häufig auf Gorgona stationiert, also wird

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