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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Seite schob. Ein Schwall schleimigen Wassers strömte ein, las ihm im Nu bis an die Waden reichte.
    Schnell stieg die dreckige Brühe an, und gleichzeitig verbreitete sich ein abscheulicher Gestank. Armos begriff, dass er verloren war. Aber so schnell gab er nicht auf. Er stand bereits bis zu den Hüften im Wasser, als er den schweren Hammer packte und damit auf die Tür eindrosch. Laut dröhnten seine Schläge durch das Flussgefängnis. Unter Ihrer Wucht begann sich das Metall zu verformen.
    Graf Corian hatte Glück. Unmittelbar neben ihm befand sich eine kleine Nische und darin eine Tür, die sich öffnen ließ. Ohne lange zu überlegen, schlüpfte er in den dahinter liegenden Raum. Er war auf alles mögliche gefasst, aber nur völlige Finsternis umfing ihn. Mit der Hand am Schwertgriff lauschte er den Geräuschen, die von außen hereindrangen. Schritte kamen näher, verstummten, wurden erneut hörbar.
    Sie durchsuchen alle Räume, durchfuhr es ihn. Wie konntest du nur so vermessen sein, anzunehmen, dein Eindringen würde unbemerkt bleiben?
    Er zog sein Schwert aus der Scheide. Im nächsten Augenblick wurde die Tür aufgestoßen. Fackelschein ließ kahle Wände erkennen.
    Eng presste der Graf sich hinter die Tür. Er wagte kaum zu atmen. Jeden Moment musste der andere ihn sehen. Aber der Mann zog sich unerwartet wieder zurück.
    »Hier ist auch keiner.«
    Dann herrschte erneut Dunkelheit.
    Einen bangen Herzschlag lang glaubte Corian, von außen würden Riegel vorgeschoben. Zum Glück täuschte er sich.
    Nach einer Weile wurden Stimmen laut. Allem Anschein nach war den Männern ein ungebetener Eindringling in die Hände gefallen. Der Graf hätte viel dafür gegeben, zu wissen, wer sich hinter ihm in das Flussgefängnis gewagt hatte.
    Als die Wachen sich offensichtlich mit ihrem Gefangenen entfernten, verließ er den Raum und eilte hinterher. So kam es, dass er Vassander toben hörte. Es fiel ihm nicht schwer, sich zusammen zu reimen, dass Duprel Selamy, der wohl bekannteste Waffenschmied von ganz Ugalien, auf Geheiß des Erzmagiers eine Rüstung angefertigt hatte. Aber weshalb hier, auf dem Grund des Flusses, und nicht in seiner Schmiede, wo ihm sicherlich bessere Werkzeuge zur Verfügung standen?
    Der Verdacht des L'umeyn schien also doch nicht ganz aus der Luft gegriffen zu sein. Der Erzmagier hatte einiges zu verbergen.
    Corian huschte zurück, als die drei Wachen sich erneut näherten. So entging ihm, dass der Gefangene sich auf den Herzog stürzte. Wenig später hallten dröhnende Schläge durch das Flussgefängnis. Von irgendwoher kam das lauter werdende Rauschen fließenden Wassers. Dann wurden grauenvolle Schreie laut, die schließlich abrupt verstummten.
    Der Graf hörte die Geräusche von Pumpen, das monotone Klappern von Hufen. Sie verrieten ihm, was geschehen war.
    *
    Die Leichen des Herzogs und dieses Schmiedegehilfen hatte der Fluss mitgerissen. Stumm und verbissen starrte der Erzmagier auf die leere Esse, den schweren Amboss und den unmittelbar neben der Tür liegenden Hammer. Alles war von der Strömung verschont geblieben, nur die Rüstung nicht. Irgendwo, vielleicht nur wenige Schritte vom Gefängnis entfernt, mochte sie auf dem Grund des Flusses liegen. Auch die ihr anhaftende Magie würde sie nicht vor Rost bewahren können. Sie war für ihn unerreichbar.
    Nachdem Vassander sich einigermaßen beruhigt hatte, begann er wieder klar zu denken. Der Verlust des Harnischs traf ihn überaus hart, aber noch gab er die Hoffnung nicht gänzlich auf.
    Er rief die drei Gefolgsleute des Herzogs zu sich. »Ihr werdet nach der Rüstung tauchen«, bestimmte er. »Und wagt nicht, ohne sie zurückzukommen!«
    Obwohl sie wussten, dass er sie in den sicheren Tod schickte, widersprachen sie nicht. Sie wagten auch nicht, die Schwerter zu ziehen und ihr Leben zu verteidigen, denn sie fürchteten die Macht des Erzmagiers. Lieber starben sie schnell in den giftigen Fluten des Flusses, als die Qualen auszustehen, die unzählige Verurteilte erlitten hatten.
    »Du«, sagte Vassander und zeigte auf einen von ihnen, »gehst zuerst.«
    Es gab da eine enge, niedrige Kammer, gerade groß genug, dass ein Mann in ihr stehen konnte. Die Dauer dreier Herzschläge genügte, um sie sowohl zu fluten als auch wieder leer zu pumpen.
    Der erste ging und kehrte nicht zurück. Der Fluss mochte ihn mit sich gerissen haben.
    Vassander bestimmte den zweiten. Auch dieser blieb verschwunden, als nach einer Weile die Kammer wieder geöffnet

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