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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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die richtigen Schlüsse zog.
    Die Tür fiel von selbst wieder zu, nachdem sie sich erst weit geöffnet hatte. Aber da war Corian bereits hindurch.
    Ein verwinkelter, düsterer Gang lag vor ihm. Die Wände schienen durchweg aus Eisen zu bestehen. Sie fühlten sich kalt an, und mancherorts rauschte und plätscherte es, als bildeten sie die Grenze zu den Fluten der Lorana. Aber da waren auch Räumlichkeiten zu beiden Seiten, wie Corian feststellen konnte. Sie waren allerdings verschlossen.
    Ein erneutes Knarren schreckte ihn aus seinen Überlegungen auf. Schnell sah er sich nach einem geeigneten Versteck um, denn da kam jemand hinter ihm her. Gleichzeitig hörte er gedämpfte Stimmen, die sich ihm aus der entgegengesetzten Richtung näherten.
    *
    Die Kälte, die sich immer grimmiger bemerkbar machte, hatte Frerick Armos geweckt. Aber da war auch etwas anderes. Er lauschte dem Klang der Stimmen, die sich in gedämpftem Tonfall miteinander unterhielten. Was sie sagten, konnte er weder verstehen, noch wusste er, wer sich in seiner Nähe aufhielt. Erst nachdem er sich erhoben hatte, erkannte er die beiden Personen: Der eine war der Erzmagier Vassander, der andere Herzog Vulleroy.
    Sie zusammen zu sehen war verblüffend, obwohl in Ugalos vielerlei gemunkelt wurde. Armos kauerte kaum zehn Schritt von ihnen entfernt hinter einer verwilderten Dornenhecke. Er sah sie das alte Haus betreten, von dem es hieß, dass in ihm das Böse lauere. Tatsächlich schienen kurz darauf alle Dämonen und Poltergeister in einem heftigen Wettstreit zu liegen.
    Frerick Armos war nicht dumm, und er begriff fast schlagartig. Wenn er irgendwo in ganz Ugalos eine Spur seines verschwundenen Meisters finden konnte, dann nur hier, in diesem Gemäuer. Hatte nicht Jules Dubrahin behauptet, auf dem Besitztum des Herzogs Vulleroy Zeuge eines Gesprächs geworden zu sein, in dem es um Duprel Selamy ging? Er sollte einen Harnisch für den Erzmagier anfertigen.
    Wo anders konnte er ungestörter arbeiten als an einem Ort, der von allen gemieden wurde? Aber bedeutete das nicht gleichzeitig, dass Vassander Dinge tat, die keinesfalls dem Volk kund werden durften?
    Armos war schon immer der Meinung gewesen, dass Vassander nicht nur der Erzmagier von Ugalien, sondern auch ein Erzgauner sei, der die Weiße Magie nur für seine Zwecke benutzte, um sich selbst zu bereichern und Ansehen zu verschaffen. Vielleicht wollte er trotz seines hohen Alters einmal den Platz des L'umeyn einnehmen.
    Obwohl er lediglich den Dolch als Waffe bei sich trug, scheute der Schmied nicht davor zurück, den beiden zu folgen. Er wollte gerade sein Versteck verlassen, als ein dritter Mann vorsichtig näher schlich.
    Armos kannte ihn nicht, aber an seinem Verhalten glaubte er feststellen zu können, dass er dem Erzmagier gefolgt war. Ein Verbündeter?
    Vielleicht. Dennoch wäre es töricht gewesen, sich zu erkennen zu geben.
    Armos folgte ihm auf leisen Sohlen. Und als der Mann die seltsame Konstruktion in Gang setzte, wusste der Schmied, was er zu tun hatte. War es Zufall oder göttliche Fügung, die ihn den Eingang zum berüchtigten Flussgefängnis hatte finden lassen?
    Allerdings schaffte er es nicht, hindurchzuschlüpfen, bevor die eiserne Tür sich wieder schloss. Kurze Zeit wartete er. Als der Kampflärm, den zu hören er erwartet hatte, ausblieb, war er sicher, ebenfalls unbemerkt eindringen zu können. Seine Rechte hängte sich in die Lederschlaufe. Eine nie gekannte Erregung bemächtigte sich seiner. »Du bist hoffentlich nicht umsonst gestorben, Jules«, flüsterte er. Nachdem die hölzernen Räder wieder zur Ruhe gekommen waren, kehrte Stille ein. Nur ein gedämpftes Plätschern war zu vernehmen.
    Armos zögerte nicht, dem Gang zu folgen, den er betreten hatte. Bewundernde Blicke galten den glatten, ebenmäßig geschmiedeten Wänden. Er wusste, was es hieß, solche Arbeit zu leisten.
    Mehrere Türen, an denen er vorüberkam, waren verschlossen. Dann machte der Gang eine scharfe Biegung.
    »Sieh da, ein ungebetener Gast.«
    Frerick Armos prallte erschrocken zurück. Drei Männer standen plötzlich mit gezogenen Schwertern vor ihm. Ihre Gesichter ließen unzweifelhaft erkennen, dass sie nicht zögern würden, ihn zu erschlagen, sobald er sich umwandte. Und der Schmied wusste, dass er nicht entkommen konnte. Er war gefangen, hatte sich selbst in diese unglückliche Lage gebracht. Jene mordgierigen Gesichter, wenngleich er sie bisher nur ein einziges Mal gesehen hatte, würde er nie

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