Das Nest der Nadelschlange
vergessen können.
Sie nahmen ihn in ihre Mitte, rissen ihm die Arme auf den Rücken und stießen ihn vorwärts. »Was hast du hier zu suchen?«
Armos schwieg.
»Du willst nicht mit uns reden? Es gibt hier genug Mittel und Wege, um dich zum Sprechen zu bringen.« Wie zur Bestätigung traf ihn ein Schlag zwischen die Schulterblätter. Nur mit Mühe unterdrückte er einen Aufschrei.
Plötzlich ein überraschter Ausruf: »Seht ihn euch an, Freunde. Seht ihn euch genau an. Ihr kennt diesen Kerl doch, oder?«
Genau das hatte Armos befürchtet. Die drei waren diejenigen Gefolgsleute von Herzog Vulleroy, mit denen Jules und er in der Schenke aneinandergeraten waren.
»Es ist also kein Zufall, dass du den Weg gefunden hast.«
Eine Hand packte ihn am Kopf und zwang ihn, aufzusehen. »Was wolltest du vor zwei Tagen von unserem Herzog wissen, hä?« Als Armos nicht sofort antwortete, schlugen sie ihn.
»Was?« kam es drohend.
»Wo Meister Duprel gefangengehalten wird.«
»Wusste ich's doch. Du wirst es erfahren, Mann, und du wirst deinem Meister folgen. Ganz sicher sogar.«
Er wurde in einen Raum gestoßen, in dem Esse und Amboss standen und über den Boden verstreut etliche Schmiedewerkzeuge lagen. Armos erschrak. Vassander und der Herzog starrten ihm entgegen. Er kannte den Erzmagier, hatte ihn jedoch nie zuvor in einem solchen Zustand erlebt wie dem, in dem er sich jetzt befand. Sein Gesicht glich dem eines Toten, seine Augen waren eiskalt und stechend, und der Schmied zweifelte in diesem Moment nicht daran, dass sie mit Hilfe der Magie auch zu töten vermochten.
Vassander zitterte. Und seine Stimme klang schrill und keifend. Er schrie: »Nur einer? Obwohl die Tür zweimal geöffnet wurde?« »Ja, Erzmagier. Niemand sonst hielt sich in dem Gang auf.«
»Habt ihr ihn wenigstens gefragt, was er hier zu suchen hat?«
»Seinen Meister Duprel Selamy.«
»Den suche ich auch!« brüllte Vassander außer sich vor Zorn, und sein Gesicht färbte sich puterrot. »Bin ich denn von lauter Tagedieben umgeben? Niemand hat euch befohlen, dass ihr den Schmied mitsamt der Rüstung in den Fluss spülen solltet.«
»Wir.«
»Schweig, wenn ich dir nicht erlaubt habe zu reden! Eure Seelen sind zu nichts anderem wert, als den Dämonen zum Fraß vorgeworfen zu werden. Verschwindet! Geht mir aus den Augen und wagt nicht zurückzukommen, bevor ich nach euch rufe!« Der Erzmagier wandte sich an den Schmied: »Und du, wer bist du? Sprich, oder du wirst bitter bereuen, jemals geboren worden zu sein.«
»Er ist ein Gehilfe des Meisters«, warf Vulleroy ein.
»Ich will es von ihm selbst hören«, tobte Vassander. »Also!«
»Es stimmt«, sagte Armos.
»Dann kannst du mit dem hier umgehen.« Es war mehr eine Feststellung denn eine Frage. Der Erzmagier vollführte eine umfassende Bewegung.
Armos nickte.
»Wie lange benötigst du, um einen Harnisch anzufertigen?«
»Eine Woche, vielleicht auch zwei. Das kommt darauf an.«
»Drei Tage«, donnerte Vassander. »Mehr hast du nicht zur Verfügung. Entweder du schaffst es, oder…« Die Geste, die er vollführte, war eindeutig. »Dort drüben ist die Esse. Die Kohlen hat das Wasser mitgerissen, aber du bekommst, soviel du haben willst.«
In diesem Moment achtete er nicht auf Armos. Der Schmied riss den Dolch aus dem Gürtel, den er versteckt unter der Kleidung getragen hatte, und sprang den Herzog an. Vulleroy, der nicht auf einen Angriff gefasst gewesen war, wollte zwar ausweichen, konnte jedoch nicht verhindern, dass die blitzende Klinge eine tiefe Wunde in seinen rechten Arm riss. Er schrie auf; die Hand, die eben nach dem Schwert greifen wollte, wurde kraftlos.
Schon stach Armos ein zweites Mal zu. Diesmal drang der Dolch dem Herzog zwischen die Schulterblätter. Röchelnd stürzte er zu Boden.
Vassander, der eben noch Anstalten getroffen hatte, sich auf den Schmied zu werfen, wandte sich ab, als er sah, dass dieser Vulleroys Schwert aus der Scheide riss. Brüllend fuhr Armos herum.
Aber da hatte der Erzmagier bereits die Tür erreicht. Sie schlug dröhnend zu.
Armos war allein. Er begriff, dass er einen schwerwiegenden Fehler begangen hatte. Aber es war zu spät, um noch irgend etwas zu ändern. Er sah sich um. Es gab keinen zweiten Ausgang. Also saß er in der Falle. Vassander brauchte nur einen
Bogenschützen auf dem Gang zu postieren, um ihn zu beseitigen .
Da hörte er es plätschern, lauter als bisher. Nur Augenblicke später sah er, dass eine der Wände sich langsam zur
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