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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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bedrückend.
    Rasch schnallte er sich sein Schwert um und huschte zu der nur angelehnten Tür hinaus. Mit geradezu schlafwandlerischer Sicherheit fand er seinen Weg die Treppen im Inneren des Palastes hinab, ohne dabei auch nur das leiseste Geräusch zu erzeugen.
    Dann stand er draußen im Park. Keinen Augenblick zu früh, denn schon näherten sich ihm schlurfende Schritte. Er verschwand in der Deckung eines Strauches, der nur noch wenige Blätter aufzuweisen hatte. Und auch die waren bereits welk und rollten sich zusammen.
    Es war tatsächlich Vassander, der sich da näherte. Der Erzmagier schien es nicht sonderlich eilig zu haben. Corian ließ ihn an sich vorüber und folgte ihm erst, als er ihn nur noch als vagen Schatten ausmachen konnte.
    Der Weg führte auf die nächste Insel und von da aus weiter flussabwärts. Allmählich machte sich ein heller Schimmer am östlichen Horizont bemerkbar. Die Nebel, die vom Fluss her aufstiegen, spiegelten den ersten Schein des beginnenden Tages wider.
    Vassander beschleunigte seinen Schritt, als er die am weitesten flussabwärts gelegene Insel erreicht hatte. Leichter Schneefall setzte ein.
    Ein einsam stehendes Haus zeichnete sich gegen den Himmel ab. Es war verfallen, wie auch seine ganze Umgebung einen überaus ungepflegten Eindruck machte. Das bis zu den Knien reichende Schilfgras hatte nicht einmal der Schnee zuzudecken vermocht. Jedoch wirkte es verdorrt und zerfiel bei jeder Berührung zu dunkler Asche.
    Vassander näherte sich dem Gebäude, während Corian in sicherer Entfernung abwartete, was weiter geschehen würde. Der Erzmagier hatte sich wiederholt scheu umgesehen, wie ein Mann, der unbemerkt bleiben will. War also der Verdacht des L'umeyn begründet?
    Wie aus dem Nichts herbeigezaubert stand da plötzlich eine zweite Person. Corian konnte sie nicht erkennen, aber er war froh, zurückgeblieben zu sein.
    Beide verschwanden in dem Haus, das gleich darauf zu gespenstischem Leben erwachte. Knarrende Geräusche, die sich anhörten wie das Poltern eines schwerbeladenen Ochsenkarrens auf holprigem Pflaster, durchbrachen die Stille. Im Fluss, nahe dem Ufer, begann es zu brodeln. Ein Schwall von Luftblasen stieg auf.
    Graf Corian wusste zunächst nicht, was er davon halten sollte, doch dann fiel ihm das Flussgefängnis ein, von dem er wiederholt gehört hatte. Das war eine Sache nach seinem Geschmack. Vassanders nächtliche Wanderung erschien ihm nun unter gänzlich anderen Vorzeichen: Gab es hier gar Gefangene, von denen der L'umeyn nichts wissen durfte?
    Die Geräusche verstummten.
    Corian entschloss sich spontan, Vassander auf den Grund des Flusses zu folgen. Denn noch war es zu wenig, was er dem L'umeyn berichten konnte.
    Nachdem er eine weitere Weile gewartet hatte, ohne dass etwas geschah, betrat er das halb verfallene Gemäuer. Modrige Luft schlug ihm entgegen. Hier war nichts, was eine nähere Betrachtung gelohnt hätte.
    Einige aus ungehobelten Brettern zusammengezimmerte Möbelstücke, etliche leere Fässer und vor allem viel Staub, der fingerdick auf allem lagerte. Dazwischen die Spuren von Ungeziefer, von Ratten und Mäusen, die in beträchtlicher Anzahl herumhuschten, aber auch die Abdrücke von Stiefeln. Sie führten in einen Nebenraum und endeten dort so abrupt, als hätten Vassander und sein Begleiter sich in Luft aufgelöst.
    Eine Falltür. Corian stellte fest, dass sie nicht von unten her verriegelt war und sich leicht öffnen ließ. Schnell stieg er die steile hölzerne Treppe hinab.
    Der Raum, in den er kam, war groß. Wasser bedeckte den Boden, der nur aus festgestampftem Erdreich bestand. Unzählige kleine Rinnsale drangen durch die Fugen der Mauersteine.
    Im Schein einer schon halb abgebrannten Fackel sah Corian eine schwere Tür aus Eisen, die mit einem unübersichtlichen Gewirr von Rädern - manche von ihnen auf den Laufflächen mit unzähligen hölzernen Zähnen versehen - und Stangen verbunden war. Wahrscheinlich ließ sie sich nur mittels dieser Vorrichtung öffnen und schließen. Ein breiter Lederriemen mit einer Schlaufe wirkte wie eine unausgesprochene Einladung. Corian konnte ihr nicht widerstehen. Obwohl die Gefahr, entdeckt zu werden, groß war, zog er daran und setzte damit ein unüberschaubares System von Gewichten in Gang.
    Wieder begann es zu krachen, zu knarren und zu quietschen, doch hatte der Graf den Eindruck, dass es hier unter der Erde leiser sei. Dennoch musste er damit rechnen, dass Vassander ihn hörte und aus den Geräuschen

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