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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Gesicht nicht betroffen zu sein, so belehrten ihn die Blicke, die ihn trafen, dass er kaum noch besser dran war als die schrecklich entstellten Gestalten, die von allen gemieden wurden.
    Als der Schmied das erkannt hatte, schlug er sich rücksichtslos durch. Kaum noch fünf Schritte trennten ihn vom Aufgang zur Brücke, als einige besonders Beherzte oder aber zutiefst Verzweifelte versuchten, von der Seite her das etwa mannshohe Geländer zu überklettern. Die Wachen wurden erst auf sie aufmerksam, als der erste schon die Brüstung erreicht hatte und hinabsprang. Ein mit großer Wucht aus allernächster Nähe geschleuderter Spieß durchbohrte den Mann. Einen Augenblick lang stand er ungläubig da, seine Hände krampften sich um den Schaft, der aus seiner Brust herausragte, dann stürzte er mit einem grauenhaften Aufschrei in die aufwallenden Fluten.
    Zwei weitere Spieße verfehlten ihr Ziel und bohrten sich zitternd in das Holz. Gleich darauf sprachen die Schwerter. Fünf Mann, die den Tod schon sichtbar in sich trugen, kämpften einen aussichtslosen Kampf. Keiner konnte ihnen helfen, als sie einer nach dem anderen blutüberströmt zusammenbrachen. Die Menge war zu schwach und schlecht bewaffnet, um die Brücke im Sturm zu nehmen.
    In jäh aufwallendem Zorn ballte Frerick Armos die Hände. Er schüttelte sie zum Himmel empor. Welcher Frevel mochte schuld daran sein, dass die Götter sich von Ugalos abwandten, zu einem Zeitpunkt, da man ihrer dringend bedurfte?
    Armos hielt den Atem an. Alles in ihm verkrampfte sich.
    Da war plötzlich eine Hand, die aus den Fluten ragte. Die Finger krallten sich an einem Pfeiler fest, zogen sich langsam, aber unerbittlich daran in die Höhe. Keiner der Schergen auf der Brücke hatte Augen dafür, doch viele aus dem Volk sahen es. Sie verstummten. In einer Zeitspanne, die kaum länger bemessen werden durfte als die Dauer dreier Herzschläge, kam das Schweigen. Totenstille! Selbst die, die von hinten herandrängten, schwiegen plötzlich.
    Der Hand folgte ein Arm, eine Schulter, alles blutig und von Schleim bedeckt. Eine zweite Hand... Sie schwang ein Schwert, stieß es von unten her zwischen den Holzbohlen hindurch, und die spitze Klinge fand ihr Opfer. Wie vom Blitz gefällt brach eine der Wachen zusammen.
    Erst jetzt wurden die anderen aufmerksam auf das, was sich hinter ihrem Rücken abspielte. Alles ging dann so schnell, dass
    Armos dem Geschehen kaum zu folgen vermochte. Mit trockenem Krachen splitterte ein Teil des Brückengeländers. Zwei Männer verschwanden in der Tiefe, vom Gewicht ihrer Rüstungen unerbittlich hinabgezogen, und mit ihnen das bedauernswerte Geschöpf, das nun wohl seine Erlösung von allen Qualen gefunden hatte.
    Deutlich spürbar hing das Entsetzen in der Luft. Die Nacht zog herauf. Gnädig legte sich der Mantel der Finsternis über die wallenden Nebel.
    Aus der Ferne erklang Hufgetrappel, das rasch lauter wurde. Ein Wagen polterte über holpriges Pflaster. Im Schein etlicher Fackeln näherte sich eine prunkvolle Kutsche der Brücke, von vier makellosen Schimmeln gezogen. Zweifellos ein Adliger von einer der oberen Inseln. Auch er wollte Ugalos verlassen, denn sonst hätte er einen anderen Weg gewählt.
    Der Kutscher trieb seine Pferde auf die Menge zu. Einige wichen ängstlich vor dem Gespann zurück, aber viele verharrten auf ihren Plätzen. Ein wahrer Hüne von einem Mann warf sich in die Zügel. Er schaffte es, die Tiere schon nach wenigen Schritten zum Stehen zu bringen.
    Bewaffnete und Unbewaffnete drängten nun heran. Man versuchte, die Kutsche umzustoßen. Fackeln fielen zu Boden, wurden aufgehoben und in hohem Bogen in den Fluss geworfen, wo die Flammen plötzlich mehrfach mannshoch in die Höhe schossen, nur um gleich darauf zischend zu ersterben. Es wurde merklich dunkler ringsum. Trotzdem konnte Frerick Armos das Wappen erkennen, das die Kutsche zierte. Es war das der Vulleroy und erinnerte ihn an seinen Meister, dessen Schicksal noch immer unter dem Mantel des Schweigens verborgen lag.
    Ohnmächtig musste der Schmied den Versuch aufgeben, sich erneut vorzudrängen. Aber dann wurde die Tür zur Kutsche aufgerissen, und er sah einen Mann und eine Frau, beide in höfischen Gewändern und aufgeputzt wie Pfauen. Doch der Herzog war nicht dabei. Indes hielt der Mann plötzlich eine winzige Armbrust in Händen und schoss einen Bolzen durch die offene Tür hindurch. Verwirrung entstand. Jemand brach lautlos zusammen.
    Der Kutscher nutzte die

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