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Die furchtbaren Salomoninseln

Die furchtbaren Salomoninseln

Titel: Die furchtbaren Salomoninseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Die furchtbaren Salomoninseln
( The Terrible Solomons )
    Es läßt sich nicht leugnen, daß die Salomoninseln eine unzugängliche Inselgruppe sind. Anderseits gibt es noch schlimmere Stellen auf der Welt. Aber dem Neuling, der keinerlei angeborenes Verständnis für Menschen und das Leben im Urzustand hat, mögen die Salomoninseln in der Tat furchtbar erscheinen. Es ist wahr, daß Fieber und Ruhr ständig dort umgehen, daß Überfluß an ekelhaften Hautkrankheiten herrscht, daß die Luft von einem Gifte gesättigt ist, das sich in jede Pore, jede Schnittwunde, jeden Hautriß einfrißt und bösartige Geschwüre verursacht, und daß viele starke Männer, selbst wenn sie dem Tode dort entgangen sind, als Invaliden in die Heimat zurückkehren. Es ist ferner wahr, daß die Eingeborenen der Salomoninseln eine wilde Horde mit herzhaftem Appetit auf Menschenfleisch und einer Liebhaberei für das Sammeln von Menschenköpfen sind. Ihr leidenschaftlichster Sport ist es, einen Menschen von hinten zu fangen und ihm durch einen geschickten Streich mit dem Tomahawk die Wirbelsäule vom Gehirn zu trennen. Es ist ebenfalls wahr, daß auf manchen Inseln, wie zum Beispiel Malaita, Gewinn und Verlust im wirtschaftlichen Verkehr nach Menschenmorden berechnet wird. Köpfe gelten als Tauschmittel, und besonders wertvoll sind weiße Köpfe. Oft veranstaltet ein Dutzend Dörfer eine gemeinsame Sammlung, die monatelang fortgesetzt wird, bis irgendein tapferer Krieger den blutigen Kopf eines weißen Mannes bringt und den Ertrag der Sammlung fordert.
    Alles dies ist durchaus wahr, und doch gibt es Männer, die jahrelang auf den Salomoninseln lebten und Heimweh spürten. wenn sie sie verließen. Man muß nur vorsichtig – und glücklich – sein, um lange Zeit dort leben zu können; aber man muß auch vom rechten Schlage sein. Man muß den Stempel des unvermeidlichen weißen Mannes tragen. Man muß eben unvermeidlich sein. Man muß eine gewisse Unbekümmertheit der Übermacht gegenüber haben, eine gewisse Selbstzufriedenheit und einen Rassenegoismus, der einem die Überzeugung beibringt, daß ein Weißer an Wochentagen besser ist als tausend Neger und daß er sonntags zweitausend Schwarze aussticht. Denn das ist es, was den weißen Mann unvermeidlich gemacht hat. Oh, und noch etwas: Der weiße Mann, der unvermeidlich zu sein wünscht, muß nicht nur die niedrigeren Arten verachten und groß von sich selber denken, er darf auch keine zu bedeutende Einbildungskraft besitzen. Er darf die Gewohnheiten, Instinkte und die Denkweise der Schwarzen, Gelben und Braunen nicht zu gut verstehen; denn das ist nicht die Art, der die weiße Rasse ihren Siegeszug um die Welt verdankt.
    Bertie Arkwright war nicht unvermeidlich. Er war zu sensitiv, zu zart besaitet, und besaß zuviel Einbildungskraft. Er war zu sehr an die Welt gebunden. Er paßte sich seiner Umgebung mit zu großem Feingefühl an. Daher waren die Salomoninseln der letzte Ort der Welt, wohin er hätte kommen dürfen. Er kam nicht dorthin, um zu bleiben. Einen fünfwöchigen Aufenthalt zwischen zwei Dampfern hielt er für genügend, um dem Ruf nach dem Primitiven zu genügen, den er auf den Saiten seiner Seele tönen hörte. So erzählte er wenigstens den Touristinnen an Bord der »Makembo«, wenn auch mit andern Worten, und sie verehrten ihn als Helden, denn sie waren Frauen und kannten nur das Dampferdeck, während er sich mühsam seinen Weg durch die Salomoninseln bahnen wollte.
    Es war noch ein Mann an Bord, von dem die Damen jedoch keine Notiz nahmen. Das war ein kleiner, schrumpeliger Mann mit welker, mahagonifarbener Haut. Sein auf der Passagierliste vermerkter Name tut nichts zur Sache, aber seinen andern Namen, Kapitän Malu, gebrauchten die Neger von Neuhannover bis zu den Neuen Hebriden als Zauberformel und Kinderschreck. Wilde Menschen und Länder waren sein Fall, und unter Fieber und Beschwerden, bei dem Knall von Snidergewehren und der Peitsche des Aufsehers hatte er fünf Millionen in Form von Trepang, Sandelholz, Perlmutter und Schildpatt, Steinnüssen und Kopra, Weiden, Faktoreien und Plantagen zusammengescharrt. Kapitän Malus kleiner Finger, der gebrochen war, hatte mehr Unvermeidliches in sich als Bertie Arkwrights ganzes Gerippe. Aber die Damen konnten ja nur nach dem Äußeren urteilen, und ohne Zweifel war Bertie ein ansehnlicher Mann.
    Bertie unterhielt sich mit Kapitän Malu im Rauchzimmer und vertraute ihm seine Absicht an, das rote, blutige Leben auf den Salomoninseln

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