Das Netz Der Grossen Fische
damit zu tun? Ich wollte wissen, ob seine Ernennung irgendetwas im Gesamtbild verändert.«
»Natürlich verändert das etwas, Michè. Danke für den Espresso. Ich bin dann mal weg.«
Caruso ging unter die Dusche, und als er angezogen und bereit war, ins Büro zu gehen, war es Viertel nach neun. In diesem Augenblick klingelte das Telefon erneut.
»Diesmal ruf ich dich an, weil ich gleich dringend weg muss«, sagte Giuditta.
Er war versucht, sie zu fragen, wie die Nacht mit Alfio gewesen war, tat es aber nicht, weil es mit Sicherheit im Streit geendet hätte. Aber ihm blieb auch gar keine Zeit, den Mund aufzumachen, weil sie gleich weitersprach:
»Kannst du heute zwischen drei und sechs weg? Bei mir würde es gehen, denn Alfio hat mir gesagt, dass er in der Zeit im Regionalparlament zu tun hat.«
»Am üblichen Ort?«
»Ja. Ciao, amore, bis später.«
»Haben Sie die Nachricht gehört, Direttore?«, fragte Cate ihn, kaum dass er das Büro betreten hatte.
»Nein. Welche Nachricht?«
»Avvocato Troina ist zu Manlios Verteidiger ernannt worden.«
»Das wusste ich schon gestern«, gab er gleichgültig zurück und ließ Cate mit offenem Mund stehen.
Als er den Sitzungsraum betrat, sahen Alfio und die sechs anwesenden Redakteure ihn voller Erstaunen an. Sein unerwartetes Erscheinen rief Unbehagen bei ihnen hervor.
Verbrachten sie womöglich sonst die erste Stunde damit, über ihn zu lästern?
»Tut einfach so, als wäre ich gar nicht da.«
Er setzte sich an eine Ecke des langen Tisches und blätterte die Zeitungen durch. Aber seine Ohren waren gespitzt.
»Gibt es neue Entwicklungen?«, fragte Alfio Marcello Scandaliato.
»Na ja, es wurde bestätigt, dass der neue Verteidiger von Manlio Caputo Massimo Troina sein wird.«
Alfio hob den Kopf und blitzte Caruso an, der sich dessen zwar bewusst war, aber so tat, als wäre nichts.
»Na gut, das teilen wir dann in einem Nebensatz mit«, sagte Alfio.
Er wirkte weniger angriffslustig als am Abend zuvor, weniger nervös. Gut möglich, dass dieser Hahnrei die entspannende Wirkung der nächtlichen Feier noch spürte, dachte Caruso.
»Einen Augenblick mal«, sagte Giacomo Alletto, der Spezialist für Kriminelles. »Ich halte das für keine Angelegenheit, über die wir einfach so hinweggehen können.«
»Und wieso?«
»Erstens, weil keine Gründe für diesen Wechsel angegeben worden sind, und zweitens, weil es auf politischer Ebene etwas zu bedeuten haben muss.«
»Giacomì, wenn wir das so betrachten wollen«, sagte Gilberto Mancuso, »geraten wir in einen Sumpf. Troina wird sagen, er habe es getan, weil in einem Fall wie diesem die politische Ausrichtung nicht zählt. Wir lassen ihn gut dastehen, und das fällt auf uns zurück.«
»Ich fahre heute Nachmittag zum Regionalparlament, da wird gerade über die Bohrgenehmigung für ein amerikanisches Unternehmen diskutiert. Das ist einen ernsthaften und den Umständen angemessenen Bericht wert«, sagte Alfio.
»Und wen nimmst du mit?«
»Gurreri und Malfitano.«
Der eine war der beste Kameramann und der andere der beste Tontechniker.
»Und wen soll ich dann mitnehmen?«, fragte Scandaliato.
»Dir steht Ferrara zur Verfügung«, sagte Alfio.
Eine halbe Stunde später, als die Sitzung sich ihrem Ende zuneigte, kam Cate herein.
»Die Kanzlei von Avvocato Troina hat angerufen. Um halb eins ist Pressekonferenz.«
»Ich will Gurreri und Malfitano haben«, verlangte Scandaliato plötzlich.
Alfio reagierte pikiert.
»Wir hatten doch beschlossen …«
»Wir machen es so, wie wir es festgelegt haben«, mischte sich Caruso ein.
Er befürchtete, Alfio könnte seine Meinung ändern, wenn er seinen Trupp nicht bei sich hatte, und jemand anderen zur Parlamentssitzung schicken.
»Angesichts der Wichtigkeit dieser Pressekonferenz ist es vielleicht besser, wenn ich hingehe«, sagte Alfio plötzlich.
Scandaliato wurde blass vor Wut. Alle wandten sich dem Nachrichtenchef zu. Der sah von seiner Zeitung auf und wiederholte:
»Wir machen es so, wie wir es festgelegt haben, Jungs.«
Und dann, an Scandaliato gewandt:
»Marcè, ich will da eine Direktschaltung haben. Diese Pressekonferenz möchte ich mir nämlich auch gern ansehen.«
»Direttore, da ist Dottor Guarienti in der Leitung.«
»Stell ihn durch.«
Guarienti war der Programmchef der regionalen Fernsehstudios. Er galt als Raubein, als jemand, der immer aussprach, was er dachte. Doch was er dachte, dachte er nicht aus persönlicher Überzeugung, sondern weil es
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