Das Netz Der Grossen Fische
nicht.«
»Willst du mich auf die Palme bringen, Michè? Du weißt, welche Abgeordneten ich kenne. Willst du die Liste noch mal durchgehen, ja? Giuffrida, der siebzig ist, Palumbo, der sich nicht für Frauen interessiert, Costanzo Geraci, der …«
»Schon gut, schon gut. Trotzdem gefällt mir die Sache nicht.«
»Inwiefern?«
»Insofern, als ich nicht möchte, dass man, wenn das Gerücht die Runde macht, du hättest einen Liebhaber, schließlich auf mich kommt.«
»Hast du Angst, du könntest dadurch in Schwierigkeiten geraten?«
»Ich habe Angst, dass wir beide dadurch in Schwierigkeiten geraten könnten.«
Nachdem sie die Zigarette ausgedrückt hatte, streckte sie liebevoll eine Hand aus und kontrollierte tastend den Siedepunkt, wie sie es nannte.
»Ich denke, das ist schon sehr vielversprechend.«
Doch Michele grübelte weiter.
»Das Ding mit Alfio nimmst du ja ziemlich auf die leichte Schulter.«
»Alfios Ding, angenommen und nicht bestätigt, dass ich es nehme, nehme ich ganz bestimmt nicht auf die Schulter.«
Und sie lachte. Und ihr Lachen löste bei Michele die übliche Reaktion aus, trotz der deutlichen Anspielung auf die intime Beziehung zu ihrem Mann. Vielleicht war deshalb die zweite Runde, die normalerweise mit ihr auf dem Bett kniend und dem Gesicht in den Kissen begann, eine Art Duell bis aufs Blut, aus dem keiner von beiden als Sieger oder Besiegter hervorging.
Als Giuditta nackt aus dem Bad kam, bemerkte Michele, dass sie einen Bissabdruck hinten auf ihrer Schulter hatte und einen weiteren auf ihrer rechten Pobacke.
»Hast du gesehen, dass du …«
»Ja, aber mach dir keine Gedanken deswegen.«
Und sie begann sich anzuziehen. Was sollte das bedeuten? Dass sie sich normalerweise nicht vor Alfio auszog? Oder dass sie so selten miteinander schliefen, dass die Bissspuren alle Zeit der Welt hatten zu verschwinden? Und was, wenn sie ein Rendezvous mit dem hypothetischen Abgeordneten haben sollte? Vielleicht war ja die Geschichte, die Cate ihm erzählt hatte, nur bösartiges Geschwätz. Er fragte sie, einfach um irgendetwas zu sagen:
»Hat Alfio dir von der Meinungsverschiedenheit erzählt, die wir gestern Abend hatten?«
»Über die Ermittlungsbenachrichtigung? Ich dachte, mir platzt der Schädel, so hat er auf mich eingeredet!«
»Was hat er dir denn erzählt?«
»Alles, und er war der Meinung, du hättest ihn aus Opportunismus zensiert.«
»Was soll das heißen?«
»Dass du dir Caputo nicht zum Feind machen willst.«
»Als ob ich etwas darauf geben würde, wenn …«
»Jetzt reg dich doch nicht gleich so auf, Michè! Wenn es so war, wie er mir erzählt hat, dann hat der Arme nicht ganz unrecht. Jedenfalls hast du diesen Eindruck erweckt.«
»Die Meldung war ja noch nicht einmal gesichert!«
»Was soll ich dir sagen? Weißt du denn nicht, dass er den Abgeordneten Caputo bis aufs Blut hasst?«
Das war allerdings neu für ihn.
»Davon weiß ich nichts. Warum denn?«
»Als Alfio noch bei der ›Gazzetta‹ gearbeitet hat – damals war er noch nicht zur RAI übergewechselt –, hat Caputo einen Prozess gegen ihn angestrengt. Dabei ging es um die Veröffentlichung irgendwelcher Telefonmitschnitte, und Caputo hat den Prozess dann gewonnen.«
Die anschließende Frage rutschte ihm einfach heraus, ganz spontan, ohne dass er auch nur darüber nachgedacht hatte. Vielleicht aufgrund einer Assoziation verschiedener Einfälle oder einer Intuition.
»Ach übrigens, weißt du, ob er gestern Abend einen wichtigen Anruf erhalten hat?«
Sie sah ihn überrascht an, während sie sich die Bluse zuknöpfte.
»Woher weißt du das?«
»Hat er nun einen erhalten oder nicht?«
»Während wir im Restaurant saßen, rief ihn jemand auf seinem Handy an, und er ist aufgestanden und hinausgegangen, um das Gespräch entgegenzunehmen. Das hat er vorher noch nie gemacht.«
»Habe ich das richtig verstanden? Wenn er einen Anruf erhält und du bist zufällig dabei, dann spricht er in deiner Gegenwart?«
»Ja. Aber dieses Mal nicht.«
»Und du bist gar nicht eifersüchtig geworden?«
»Ich glaube nicht, dass ihn irgendeine Geliebte angerufen hat. Das würde gar nicht zu Alfio passen«, erklärte sie lachend.
»Also hast du auch nichts mitbekommen.«
»Nein, gar nichts. Weshalb?«
»Nur so.«
»Hör zu, jetzt muss ich wirklich los.«
Sie beugte sich nach vorn, um ihm einen Zungenkuss zu geben.
»Wir sehen uns dann morgen wieder, hier, um vier.«
»Direttore, Signora Pignato hat nach Ihnen
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