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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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immer noch konsterniert auf das Pergament.
    »Du hast es Bogdan untergeschoben, nicht wahr? Du hast ihn bewusst in die Falle gelockt.«
    »Das Archiv ist vor mehreren hundert Jahren verlorengegangen«, entgegnete Santiago nachdenklich. »Ich war überzeugt, dass es nicht mehr existiert.«
    »Das kannst du deiner Großmutter erzählen, aber nicht dem Schiedsgericht«, höhnte Franz. »Der Orden verlangt vom Dunklen Hof offiziell eine Erklärung über die Herkunft dieses Dokuments. Andernfalls werden wir das Herrscherhaus Naw und dich persönlich der Verbreitung verbotener Zauber beschuldigen.« Franz grinste siegessicher und fügte hinzu: »Und die Todesstrafe für dich fordern.«
    Dem Kommissar war klar, dass der Kriegsmeister de Geer nur gekommen war, um ihm diese Drohung genüsslich entgegenzuschleudern.
    »Wie lange habe ich Zeit?«
    »Drei Tage.«
    »Das ist lächerlich.« Santiago tippte sich an die Stirn. »In drei Tagen kann ich höchstens beweisen, dass das Archiv tatsächlich verlorengegangen ist. Ich will aber denjenigen finden, der diese ganze Intrige angezettelt hat. Das wäre im Interesse aller Herrscherhäuser.«
    »Hör auf damit, gemeinsame Interessen der Verborgenen Stadt vorzuschieben, das nimmt dir doch keiner ab!«
    »Ich schiebe überhaupt nichts vor.« Der Kommissar winkte dem Barkeeper, deutete auf seine leere Kaffeetasse und wandte sich wieder seinem Gesprächspartner zu. »Falls Sie es schon wieder vergessen haben sollten, Kapitän: Ich war bereit, Bogdan gewähren zu lassen, falls er preisgibt, woher er die Regeln des Arkans kennt. Darauf hat er sich jedoch nicht eingelassen. Jetzt wissen wir nur, aus welcher Quelle der Kriegskommandeur sein Wissen bezogen hat. Wer ihm den Zugang zu dieser Quelle verschafft hat, wissen wir nach wie vor nicht. Mir wäre sehr daran gelegen, das herauszufinden. Ihnen etwa nicht?«
    De Geer antwortete nicht.
    »Meinen Sie nicht, dass das Schiedsgericht dieser Argumentation folgen würde?«
    »Vermutlich schon«, räumte der Kapitän widerwillig ein. »Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass du Bogdan zu dem Verbrechen provoziert hast.«
    »Schade, dass Sie so denken, Franz. Ich bin nun wahrlich kein Heiliger, aber Sie können mich nicht für alles zum Sündenbock machen. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich auch nach der Vollendung des Arkans für Bogdans Tod sorgen können.«
    »Warum hast du es dann nicht so gemacht?«
    »Deswegen.« Santiago zeigte mit dem Finger auf das Manuskript. »Der Kriegskommandeur hätte die Quelle seines Wissens niemals preisgegeben. Ich konnte nicht zulassen, dass er die Spuren verwischt.«
    »Wir werden sehen.« Franz erhob sich. »Du hast einen Monat Zeit, Santiago. Danach wird es mir ein Vergnügen sein, dabei zuzusehen, wie man dir das Herz herausreißt. Einen Monat …«
    Der Tschud warf einige Geldscheine auf den Tresen und verließ die Bar, ohne auf sein Wechselgeld zu warten.
    Santiago versenkte den Blick seiner schwarzen Augen in der schaumigen Haube des frischen Kaffees. Das Gambit war brillant gespielt. Als begnadeter Intrigant wusste der Kommissar die Raffinesse und Präzision der Züge seines Gegenspielers zu würdigen. Diesem mysteriösen Unbekannten war es gelungen, Zwietracht zwischen den Herrscherhäusern Naw und Tschud zu säen und ihn, den Kommissar, vorläufig aus dem Spiel zu nehmen. Denn anstatt sich seinen eigentlichen Pflichten zu widmen, war er nun gezwungen, die schweren Vorwürfe gegen seine Person zu entkräften. Welchen Zug hatte der Feind wohl als nächsten geplant?
    Santiago schlürfte die dickflüssige Koffeinbombe und lächelte. Es gefiel ihm, sich mit einem starken und unberechenbaren Gegner zu messen, der ihm an Macht und Verstand ebenbürtig war. Schade nur, dass für dieses spannende Duell auf Augenhöhe nur ein Monat Zeit blieb. Es hätte ihm Spaß gemacht, diese Partie voller Winkelzüge, Ablenkungsmanöver und versteckter Fallen länger auszukosten. Nun war er gezwungen, seinen unsichtbaren Widerpart innerhalb von dreißig Tagen mattzusetzen. Eine langweilige Zeit stand ihm jedenfalls nicht bevor. Und wurde es nicht höchste Zeit herauszufinden, wer eigentlich sein mysteriöser Gegenspieler war?
Der Kampf um
DiE VERBORGENE STADT
wird fortgesetzt in:
DIE HEXE

GLOSSAR
     
     
     
  Arkan, das; -s, -e 
 Bezeichnung verschiedener Zauber 
  Artefakt 
 Gegenstand, der magische Energie in sich trägt 
  Assuren 
 Der älteste Volksstamm der Erde; herrschte etwa 10 000 Jahre lang und

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