Das Paradies ist anderswo
Charakterfestigkeit und seine Widerstandsfähigkeit gegenüber der Versuchung zu beweisen.
Und er sah, hörte und wußte auch nicht, daß Bischof Martin, bevor der Gendarm Claverie über den Ort der Beerdigung entschieden hatte, im Morgengrauen des 9. Mai 1903 vier eingeborene Träger unter der Führung eines Geistlichen der katholischen Mission losschickte, damit sie den Leichnam des Verstorbenen in einen von der Mission gestellten, grob gezimmerten Sarg legten und ihn so rasch wie möglich, während die Bewohner von Atuona allmählich in ihren Hütten erwachten und sich gähnend den Schlaf aus den Augen rieben, zum Hügel Make Make brachten und in fliegender Eile in einem der Gräber des katholischen Friedhofs begruben, womit er einen Punkt – einen Leichnam oder eine Seele – in seinem Kampf mit dem protestantischen Gegner gewann. So daß also Pastor Vernier, als er in Begleitung von Ky Dong, Ben Varney und Tioka Timote um sieben Uhr morgens im Haus der Wonnen erschien, um Koke auf dem weltlichen Friedhof zu begraben, ein leeres Atelier und die Nachricht vorfand, daß Kokes sterbliche Überreste bereits an dem von Monseigneur Martin bestimmten Ort unter der Erde ruhten.
Er sah, hörte und wußte nicht, daß sein einziges Epitaph ein Brief des Bischofs von Hiva Oa an seine Vorgesetzten war, der im Lauf der Jahre, als Koke längst berühmt, gefeiert und ein Studienobjekt war und die Sammler und Museen der ganzen Welt sich um seine Bilder stritten, von seinen sämtlichen Biographen als Beweis dafür zitiert werdensollte, wie ungerecht bisweilen das Schicksal die Künstler behandle, die davon träumten, das Paradies in diesem irdischen Jammertal zu finden: »Das einzig erwähnenswerte Ereignis auf der Insel in der letzten Zeit war der plötzliche Tod eines Individuums namens Paul Gauguin, ein namhafter Künstler, aber Feind Gottes und von allem, was anständig ist in dieser Welt.«
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