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Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Titel: Das Parfum: die Geschichte eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Süskind
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Todeskampf sich über Tage hinziehen sollte. Die Leiche sei nächstens auf dem Schindanger zu vergraben, der Ort nicht zu kennzeichnen.
    Grenouille nahm den Spruch ohne Regung entgegen. Der Gerichtsdiener fragte ihn nach seinem letzten Wunsch. «Nichts», sagte Grenouille; er habe alles, was er brauche.
    Ein Priester ging in die Zelle, um ihm die Beichte abzunehmen, kam aber schon nach einer Viertelstunde unverrichteter Dinge wieder heraus. Der Verurteilte habe ihn bei der Erwähnung des Namens Gottes so absolut verständnislos angeschaut, als höre er diesen Namen soeben zum ersten Mal, sich dann auf seiner Pritsche ausgestreckt, um sofort in tiefsten Schlaf zu versinken. Jedes weitere Wort sei sinnlos gewesen.
    In den folgenden zwei Tagen kamen viele Menschen, um den berühmten Mörder aus der Nähe zu sehen. Die Wärter ließen sie durch die Klappe an der Zellentüre einen Blick tun und verlangten sechs Sol pro Blick. Ein Kupferstecher, der eine Skizze anfertigen wollte, musste zwei Franc bezahlen. Das Motiv war aber eher enttäuschend. Der Gefangene, an Fuß- und Handgelenken angekettet, lag die ganze Zeit auf der Pritsche und schlief. Das Gesicht hatte er zur Wand gekehrt, und er reagierte weder auf Klopfzeichen noch auf Zurufe. Der Zutritt zur Zelle war Besuchern strikt verwehrt, und die Wärter wagten es trotz verlockender Angebote nicht, sich über dies Verbot hinwegzusetzen. Man fürchtete, der Gefangene könne von einem Angehörigen seiner Opfer zur Unzeit ermordet werden. Aus dem gleichen Grund durfte ihm auch kein Essen zugeschoben werden. Es hätte vergiftet sein können. Während der ganzen Gefangenschaft erhielt Grenouille sein Essen aus der Gesindeküche des bischöflichen Palastes, welches der Gefängnisoberaufseher vorzukosten hatte. Die letzten beiden Tage aß er freilich gar nichts. Er lag und schlief. Gelegentlich klirrten seine Ketten, und wenn der Wärter an die Türklappe eilte, konnte er ihn einen Schluck aus der Wasserflasche nehmen, sich wieder aufs Lager werfen und weiterschlafen sehen. Es schien, als sei dieser Mensch seines Lebens derart müde, dass er nicht einmal mehr die letzten Stunden davon in wachem Zustand miterleben wollte.
    Unterdessen wurde der Cours für die Hinrichtung vorbereitet. Zimmerleute bauten ein Schafott, drei mal drei Meter groß und zwei Meter hoch, mit Geländer und einer soliden Treppe - ein so prächtiges hatte man in Grasse noch nie gehabt. Dazu eine Holztribüne für die Honoratioren und einen Zaun gegen das gemeine Volk, das in gewisser Distanz gehalten werden sollte. Die Fensterplätze in den Häusern links und rechts der Porte du Cours und im Gebäude der Wache waren längst zu exorbitanten Preisen vermietet. Sogar in der etwas seitwärts gelegenen Charité hatte der Gehilfe des Scharfrichters den Kranken ihre Zimmer abgehandelt und mit hohem Gewinn an Schaulustige weitervermietet. Die Limonadenverkäufer mischten kannenweise Lakritzenwasser auf Vorrat, der Kupferstecher druckte seine im Gefängnis genommene und aus der Phantasie noch ein wenig rasanter gestaltete Skizze des Mörders in vielen hundert Exemplaren, fliegende Händler strömten zu Dutzenden in die Stadt, die Bäcker buken Gedenkplätzchen.
    Der Scharfrichter, Monsieur Papon, der schon seit Jahren keinen Delinquenten mehr zu zerbrechen gehabt hatte, ließ sich eine schwere vierkantige Eisenstange schmieden und ging damit in den Schlachthof, um an Tierkadavern seine Hiebe zu üben. Zwölf Schläge durfte er nur führen, und mit diesen mussten die zwölf Gelenke sicher zerbrochen werden, ohne dass wertvolle Teile des Körpers, wie etwa Brust oder Kopf, beschädigt würden - ein diffiziles Geschäft, das größtes Fingerspitzengefühl erforderte.
    Die Bürger bereiteten sich auf das Ereignis wie auf einen hohen Festtag vor. Dass nicht gearbeitet werden würde, verstand sich von selbst. Die Frauen bügelten ihr Feiertagshabit, die Männer staubten ihre Rücke aus und ließen sich die Stiefel glänzend putzen. Wer eine Militärcharge oder ein Amt besaß, wer Gildenmeister war, Advokat, Notar, Direktor einer Bruderschaft oder sonst etwas Bedeutendes, der legte Uniform und offizielle Tracht an, mit Orden, Schärpen, Ketten und mit kreideweiß gepuderter Perücke. Die Gläubigen gedachten sich post festum zum Gottesdienst zu versammeln, die Satansjünger zu einer deftigen luziferischen Dankmesse, die gebildete Noblesse zur magnetischen Seance in den Hotels der Cabris', Villeneuves und Fontmichels. In

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