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Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Titel: Das Parfum: die Geschichte eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Süskind
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nach Savoyen jeder Weg gesperrt, Reisende hatten sich auszuweisen. Eine steckbriefliche Beschreibung des Täters erschien für die, die lesen konnten, an allen Stadttoren von Grasse, Vence, Gourdon und an den Kirchtürmen der Dörfer. Dreimal täglich wurde sie ausgeschrien. Die Sache mit dem vermuteten Klumpfuß bestärkte freilich die Ansicht, es handle sich bei dem Täter um den Teufel selbst, und schürte deshalb eher die Panik in der Bevölkerung, als dass man verwertbare Hinweise erhielt.
    Erst nachdem der Grasser Gerichtspräsident im Auftrag Richis' eine Belohnung von nicht weniger als zweihundert Livres für Hinweise zur Ergreifung des Täters ausgeschrieben hatte, führten Denunziationen zur Festnahme einiger Gerbergesellen in Grasse, Opio und Gourdon, von denen einer tatsächlich das Unglück hatte, zu hinken. Diesen gedachte man schon trotz seinem durch mehrere Zeugen gefestigten Alibi der Folter zu unterziehen, als sich, am zehnten Tag nach geschehenem Mord, ein Mann der Stadtwache bei der Magistratur meldete und den Richtern folgende Aussage machte: Am Mittag jenes Tages sei er, Gabriel Tagliasco, Hauptmann der Wache, an der Porte du Cours wie gewöhnlich Dienst tuend, von einem Individuum, auf welches, wie er jetzt wisse, die steckbriefliche Beschreibung ziemlich passe, angesprochen und wiederholt und in dringlicher Weise nach dem Weg gefragt worden, auf welchem der Zweite Konsul mit seiner Karawane am Morgen die Stadt verlassen habe. Dem Vorfall selbst habe er weder damals noch später irgendeine Bedeutung beigemessen, und auch an das Individuum hätte er sich aus eigener Kraft mit Bestimmtheit nicht mehr erinnern können – es sei so durchaus unbemerkenswert gewesen –, wenn er es nicht gestern zufällig wieder gesehen hätte, und zwar hier in Grasse, in der Rue de la Louve, vor dem Atelier des Maitre Druot und der Madame Arnulfi, bei welcher Gelegenheit ihm auch aufgefallen sei, dass der Mensch, in die Werkstatt zurückkehrend, deutlich gehinkt habe. Eine Stunde später wurde Grenouille verhaftet. Der Wirt und sein Stallknecht aus Napoule, die sich wegen der Identifizierung der anderen Verdächtigen in Grasse aufhielten, erkannten ihn sofort als den Gerbergesellen wieder, der bei ihnen übernachtet hatte: Dieser sei's und kein anderer, dieser müsse der gesuchte Mörder sein.
    Man untersuchte die Werkstatt, man untersuchte die Kabane im Olivengarten hinter dem Franziskanerkloster. In einer Ecke, kaum versteckt, lagen das zerschnittene Nachtgewand, das Unterhemd und die roten Haare der Laure Richis. Und als man den Boden aufgrub, kamen nach und nach die Kleider und Haare der anderen vierundzwanzig Mädchen zum Vorschein. Die Holzkeule fand sich, mit der die Opfer erschlagen worden waren, und der leinene Reisesack. Die Indizien waren überwältigend. Man ließ die Kirchenglocken läuten. Der Gerichtspräsident gab durch Ausruf und Anschlag bekannt, dass der berüchtigte Mädchenmörder, nach dem man fast ein Jahr lang gefahndet habe , endlich gefasst und in festem Gewahrsam sei.

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    Zunächst glaubten die Leute nicht an die Verlautbarung. Sie hielten sie für eine Finte, mit der die Behörden ihre eigene Unfähigkeit kaschieren und die gefährlich gereizte Stimmung des Volkes beruhigen wollten. Zu gut erinnerte man sich noch der Zeit, da es geheißen hatte, der Mörder sei nach Grenoble abgezogen. Zu fest hatte sich diesmal die Angst in die Seelen der Menschen gefressen.
    Erst als am folgenden Tag auf dem Kirchplatz vor der Prévoté die Beweisstücke öffentlich ausgestellt wurden – es war ein schauerliches Bild, die fünfundzwanzig Gewänder mit den fünfundzwanzig Haarbüscheln, wie Vogelscheuchen an Stangen aufgezogen, an der Stirnseite des Platzes, der Kathedrale gegenüber, aufgereiht zu sehen – da wandelte sich die öffentliche Meinung.
    Zu vielen Hunderten defilierten die Menschen an der makabren Galerie vorüber. Angehörige der Opfer, die die Kleider wiedererkannten, brachen schreiend zusammen. Die übrige Menge, teils aus Sensationslust, teils um völlig überzeugt zu sein, begehrte den Mörder zu sehen. Die Rufe nach ihm wurden bald so laut, die Unruhe auf dem kleinen, menschenwogenden Platz so bedrohlich, dass der Präsident sich entschloss, Grenouille aus seiner Zelle heraufbringen zu lassen und ihn an einem Fenster des ersten Stocks der Prévoté zu präsentieren.
    Als Grenouille ans Fenster trat, verstummte das Gebrüll. Es war mit einem Mal so vollständig still wie

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