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Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Titel: Das Parfum: die Geschichte eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Süskind
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sie könne sich darauf verlassen, dass alles, was er plane und tue, zu ihrem Besten und zukünftigen Glück ausschlagen werde.
    Nach dem Essen spielten sie einige Partien L'hombre, die er alle verlor, weil er statt in seine Karten immerfort in ihr Gesicht schaute, um sich an ihrer Schönheit zu ergötzen. Gegen neun Uhr brachte er sie in ihr Zimmer, das dem seinen gegenüberlag, küsste sie zur Nacht und versperrte die Türe von außen. Dann ging er selbst zu Bett.
    Er war mit einem Mal sehr müde von den Anstrengungen des Tages und der vergangenen Nacht und zugleich sehr zufrieden mit sich und dem Gang der Dinge. Ohne den geringsten Gedanken der Sorge, ohne düstere Ahnungen, wie sie ihn noch bis gestern jedesmal nach dem Löschen der Lampe gequält und wach gehalten hatten, schlief er sofort ein, und schlief ohne Traum, ohne Gestöhn, ohne krampfhaftes Zucken oder nervöses Um-und Umwälzen des Körpers. Zum ersten Mal seit langer Zeit fand Richis einen tiefen, ruhigen, erquickenden Schlaf.
    Um die gleiche Zeit erhob sich Grenouille von seinem Lager im Stall. Auch er war zufrieden mit sich und dem Gang der Dinge und fühlte sich äußerst erfrischt, obwohl er keine Sekunde lang geschlafen hatte. Als Richis in den Stall gekommen war, um ihn aufzusuchen, hatte er sich nur schlafend gestellt, um den Eindruck von Harmlosigkeit, den er an und für sich schon wegen seines Unauffälligkeitsgeruchs ausstrahlte, noch augenscheinlicher zu machen. Anders als Richis ihn, hatte übrigens er Richis äußerst präzise wahrgenommen, olfaktorisch nämlich, und Richis' Erleichterung angesichts seiner war ihm keineswegs entgangen.
    Und so hatten sich beide bei ihrer kurzen Begegnung gegenseitig von ihrer Arglosigkeit überzeugt, zu Unrecht und zu Recht, und das war gut so, wie Grenouille fand, denn seine scheinbare und Richis' wirkliche Arglosigkeit erleichterten ihm, Grenouille, das Geschäft - eine Anschauung übrigens, die Richis im umgekehrten Fall durchaus geteilt hätte.

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    Mit professioneller Bedächtigkeit ging Grenouille ans Werk. Er öffnete den Reisesack, entnahm ihm Leintuch, Pomade und Spatel, breitete das Tuch über die Decke, auf der er gelegen hatte, und begann es mit der Fettpaste zu bestreichen. Das war eine Arbeit, die ihre Zeit brauchte, denn es kam darauf an, das Fett hier in dickerer, dort in dünnerer Schicht aufzutragen, je nachdem, an welche Stelle des Körpers die jeweilige Partie des Tuches zu liegen käme. Mund und Achsel, Brust, Geschlecht und Füße gaben größere Duftmengen ab als etwa Schienbeine, Rücken und Ellbogen; Handflächen größere als Handrücken; Brauen größere als Lider etc. - und mussten dementsprechend kräftiger mit Fett versehen werden. Grenouille modellierte also gleichsam ein Duftdiagramm des zu behandelnden Körpers auf das Leintuch, und dieser Teil der Arbeit war ihm eigentlich der befriedigendste, denn es handelte sich um eine künstlerische Technik, die Sinne, Phantasie und Hände gleichermaßen beschäftigte und obendrein den Genuss des zu erwartenden Endergebnisses auf ideelle Weise vorwegnahm.
    Als er das ganze Töpfchen Pomade aufgebraucht hatte, tupfte er noch da und dort, nahm an einer Stelle des Tuches Fett ab, fügte an einer anderen zu, retuschierte, überprüfte noch einmal die modellierte Fettlandschaft - mit der Nase übrigens, nicht mit den Augen, denn das ganze Geschäft spielte sich in vollkommener Finsternis ab, was vielleicht ein weiterer Grund für Grenouilles ausgeglichen freudige Stimmung war. In dieser Neumondnacht lenkte ihn nichts ab. Die Welt war nichts als nur Geruch und ein wenig Brandungsgeräusch vom Meer her. Er war in seinem Element. Dann schlug er das Tuch zusammen wie eine Tapete, so dass die befetteten Flächen aufeinanderlagen. Es war ihm dies eine schmerzliche Handlung, denn er wusste wohl, dass sich selbst bei aller Vorsicht Teile der ausgeformten Konturen dadurch abplatteten und verschoben. Aber es gab keine andere Möglichkeit, das Tuch zu transportieren. Nachdem er es soweit gefaltet hatte, dass er es ohne allzugroße Behinderung über den Unterarm gelegt tragen konnte, steckte er Spatel, Schere und die kleine Olivenholzkeule zu sich und schlich hinaus ins Freie.
    Der Himmel war bedeckt. Im Haus brannte kein Licht mehr. Der einzige Funken in dieser stockfinsteren Nacht zuckte im Osten auf dem Leuchtturm des Forts auf der Ile Sainte-Marguerite, über eine Meile entfernt, ein winziger heller Nadelstich in rabenschwarzem Tuch.

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