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003 - Im Kabinett des Grauens

003 - Im Kabinett des Grauens

Titel: 003 - Im Kabinett des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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    Er
wusste, dass er seinem grausigen Schicksal nicht mehr entgehen würde. Der
Schuldspruch war gefällt. Er stand vor der Hinrichtung. Sie schleppten ihn zur
Richtstätte. Der Staatsanwalt, zwei Gerichtsdiener und der Henker waren
anwesend. Der Henker war Harold Perkins, ein Mann Mitte Fünfzig mit bereits
ergrautem Haar. Mit kühlen Augen musterte er den Delinquenten.
    Harold
Perkins prüfte ein letztes Mal den Galgen, zog am Strang und trat dann langsam
zur Seite. Sein dunkelroter, weiter Umhang wurde durch den Windzug, der durch
den kahlen, öden Hinterhof fuhr, in Bewegung versetzt. Es war ein kalter
Novembermorgen. In London graute der Tag, doch bis zum Sonnenaufgang würden
noch Stunden vergehen. Die dichte Nebeldecke lag wie eine zähe Masse über der
Stadt, und es schien, als wolle sie die Häuser, die Menschen und die kahlen
Bäume in den Alleen und Parkanlagen verschlingen. In dem alten Holzschuppen,
der windschief außerhalb der linken Mauer stand, pfiff der Wind und rüttelte
und schüttelte das morsche Gebälk.
    Mit
bewegungsloser Miene streifte Harold Perkins die dunkelrote blutfarbene Kapuze
über seinen Kopf. Seine harten, kühlen Augen waren jetzt nur noch das einzig
sichtbare Zeichen dafür, dass die Gestalt unter dem windflatternden Umhang
wirklich lebte.
    Der
Sträfling wurde unter den Galgen geführt.
    Einer
der schmächtigen Begleiter an seiner Seite nahm die Binde von seinen Augen.
    Derry
Cromfield starrte in die Runde. Sein kantiges Gesicht mit den stets aufgeworfenen
Lippen, dem energischen Kinn und den dunklen, stechenden Augen schien während
der langen Zeit der Haft noch härter geworden zu sein.
    Derry
Cromfield, der berüchtigte Mörder, war durch seine irdischen Richter verurteilt
worden. In wenigen Minuten würde er auch vor seinem himmlischen stehen. Die
Zeugen dieser in aller Frühe stattfindenden Hinrichtung traten unwillkürlich
zur Seite, als der Henker seines Amtes waltete. Der Wind säuselte über die
hohen, mit großen Glassplittern und Stacheldraht versehenen Mauern hinweg.
Nebelschwaden wurden wie von unsichtbaren Händen zerrissen, und die elektrische
Lampe, welche die gespenstische Szene in ein unwirkliches Licht tauchte,
quietschte in ihrer Halterung und pendelte heftig hin und her.
    Regen
mit Schnee vermischt nieselte den Männern in Gesicht und Augen, und auf Derry
Cromfields buschigen Brauen bildete sich eine regelrechte Reifschicht. Sein
markantes Gesicht war wie aus Stein gemeißelt, und selbst einem nicht
psychologisch vorgebildeten Laien fiel auf den ersten Blick auf, dass diesem
Gesicht ein Zug ins Brutale anhaftete, dass Cromfield ein Menschverächter, ein
Menschenhasser war. Dieser Mann, der auf dem Podest stand, den Strick um den
Hals gelegt, hatte einundzwanzig Menschen umgebracht. Als Würger von London ging
er in die Kriminalgeschichte Englands ein. Die späten Abendstunden und die
frühen Morgenstunden, wenn der Nebel aus dem Boden stieg, wenn London wie unter
einer Dunstglocke lag, so dass man kaum die Hand vor den Augen sah – zu diesen
Zeiten war Cromfield durch die stillen, dunklen Straßen geschlichen und hatte
seinen Opfern aufgelauert.
    Und
nun wurde eine neblige, gespenstische Morgenstunde auch für ihn zum Schicksal.
Das Gesetz hatte ihn der gerechten Strafe zugeführt. Er war ein bösartiges,
gemeingefährliches Mitglied der Gesellschaft, er musste ausgemerzt werden!
    Die
dunklen Augen des Henkers unter der blutroten Kapuze musterten Cromfield ein
letztes Mal. Cromfield war ein Bär von einem Mann. Er überragte selbst den 1,80
Meter großen Harold Perkins um ein Beträchtliches. Cromfield war breit wie ein
Kleiderschrank, mit dem Nacken eines Stiers. Sein Gesicht war überzogen von
Pockennarben, und unter seinem linken Auge war deutlich die Narbe zu erkennen,
die er von einem Messerstich zurückbehalten hatte.
    »Haben
Sie noch irgendetwas zu sagen, Cromfield?« fragte Harold Perkins, und seine
Stimme klang dumpf unter der Kapuze her.
    Cromfields
Lippen zuckten, Schweiß perlte auf seiner Stirn, und sein Gesicht schien trotz
der herrschenden Kälte zu glühen.
    »Nein«,
kam es dann fast lautlos zwischen seinen zusammengepressten Zähnen hervor. »Das
heißt – eine Kleinigkeit bliebe noch«, fügte er plötzlich hinzu, und zwar in
jenem Augenblick, als Harold Perkins' Hand nach dem Hebel griff, der den
Klappenmechanismus über der Grube öffnen sollte, in die Derry Cromfield stürzen
würde. »Ihre rote Kapuze verdeckt ihr Gesicht – doch

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