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Letzte Ausfahrt Oxford

Letzte Ausfahrt Oxford

Titel: Letzte Ausfahrt Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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I
Die Ich-Erzählperspektive
    H erzlich willkommen zu unserem Kurs Kreatives Schreiben . In diesem Semester möchte ich mit Ihnen die Grundtechniken des Schreibens erarbeiten . Ich werde Ihnen jede Woche ein Thema als Hausaufgabe stellen . Wenn Sie es wünschen , dürfen Sie mir Ihre Arbeit anschließend gerne zur Korrektur überlassen .
    Ihre erste Aufgabe wird sein , eine Begebenheit aus Ihrem eigenen Erfahrungsbereich niederzuschreiben . Manche Menschen glauben , in ihrem Leben gäbe es keine besonderen Ereignisse . Trotzdem hat jeder von Ihnen sicher Erlebnisse gehabt , die nur ihm allein widerfahren konnten . Ein solches Erlebnis sollen Sie zu Papier bringen .
     
    Sie wollen aber sicher nicht wissen, wie ich Jenna getötet habe. Oder doch, Mrs. Dolby? Nun, jedenfalls jetzt noch nicht. Die Beschreibung des Todes sollte sich auf Schwarz-Weiß-Fotos beschränken. Sie taugt nicht zur Darstellung in Farbe. Und auf keinen Fall sollte sie in allen Einzelheiten in einem Kurs für Kreatives Schreiben dargelegt werden. Der Tod muss außerhalb der Bühne stattfinden, oder, wie in diesem Fall, neben der Autobahn. Außer Sichtweite, abseits der Ausfahrt. Ausfahrt Oxford. Aber das ist ein Scherz, den ich Ihnen jetzt noch nicht erklären möchte.
    Sie wusste es. Ihr muss klar gewesen sein, was geschehen würde. Da waren diese roten und weißen Kegel, und die Schilder, auf denen die Autobahnmeisterei sich für die Baustelle entschuldigte und versprach, die Arbeiten bis zu einem Termin zu beenden, der bereits seit zwei Wochen verstrichen war. Sie muss eine Vorahnung gehabt haben, als ich von der Ausfahrt abbog und den Wagen in die Baustellenzufahrt lenkte. Es begann, dunkel zu werden. Ein düster gelbliches Licht lag über der Landschaft. Aus niedrig hängenden Wolken trommelte Regen auf das Autodach. Über dem flachen Land wirkte der Himmel unendlich weit, und der Regen schien niemals aufhören zu wollen. Als ich ihr sagte, sie solle aussteigen, versuchte sie wegzurennen. Einen Augenblick lang fürchtete ich, sie könne mir entkommen, aber ihre Gummisohlen glitten auf dem feuchten Untergrund aus. Sie strauchelte, krallte sich in den Matsch und schluchzte; ich hatte sie schnell wieder im Griff. Ihr Haar war nass und klebte in Strähnen an ihrer Stirn. Aber das war mir gleich, denn ihr Haar war sowieso nie hübsch gewesen. Ich zog die Kapuze meines Overalls über den Kopf, um mich vor dem Regen zu schützen. Wussten Sie, dass es Overalls gibt, die weder Fasern verlieren noch welche annehmen? Ich wusste es. Keine Fasern an meiner Kleidung und kein Beweismaterial in meinem Auto (was nicht bedeuten soll, dass mich jemals irgendwer verdächtigt hätte; aber Vorsicht hat sich schon immer bewährt). Mit dünnen, an der Oberfläche angerauten Plastikhandschuhen packte ich sie an den Haaren und riss ihren Kopf nach hinten.
     
    Seien Sie genauer . Beschreiben Sie Ort und Zeit der Handlung . Erzählen Sie mir Näheres über Gefühle und Gerüche .
     
    Ich konzentriere mich lieber auf die Beschreibung des Warum und Wann; über das Wer und Wie darf sich jemand anders auslassen.
    Hinterher blickte ich auf sie hinab: Die kleine Jenna, die im Tod keinen Deut attraktiver aussah als im Leben, war durch meine Tat wichtig geworden. Man könnte fast sagen, ich habe ihr zu fünfzehn Minuten Ruhm verholfen.
    Ich öffnete den Kofferraum meines Wagens (den ich zu Hause mit schwarzen Plastikplanen ausgelegt hatte) und nahm den Spaten heraus. Inzwischen war es fast dunkel. Ich musste im Widerschein der Wolken arbeiten, aber der Boden war erst kürzlich von den Straßenarbeitern aufgewühlt worden, und daher brauchte ich nicht lange, um ein Grab für sie auszuheben. Ich legte sie hinein und brachte ihre Gliedmaßen in die richtige Position. Sie sollte ordentlich in diesem Erdnest liegen. Ihren Rucksack warf ich ebenfalls in die Grube, dann schaufelte ich Erde darüber.
    Ich legte den Spaten zwischen die schwarzen Planen im Kofferraum, schloss den Deckel und setzte mich auf den Fahrersitz. Einen Augenblick lang schaltete ich das Abblendlicht ein, um sicherzustellen, dass ich nichts vergessen hatte. Es war nur ein niedriger Erdhaufen – sie war kein besonders dickes Mädchen gewesen –, der den anderen Erdhaufen in dem zerwühlten Baugelände zum Verwechseln ähnlich sah. Aber dann mochte ich ihr Grab doch nicht so ganz ohne Schmuck zurücklassen. Im Auto lief eine Musikkassette; ich weiß noch, es war Mahlers Fünfte Sinfonie. Ich ging zum Kofferraum

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