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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Sie würden den Knoten knüpfen, er würde sie zu seiner Ehefrau machen und sie sanft und zärtlich in die Geheimnisse der Liebe zwischen Mann und Frau einführen.
    Während H’meen daranging, auf einer neuen Seite ihrer Chronik das Adler-Bildzeichen zu umreißen, fasste sie den Entschluss, sich ein fröhliches und gesundes Kind aus Ixchels Gefolgschaft auszusuchen und es zum nächsten h’meen auszubilden. Diesem Kind wollte sie all ihre Kenntnisse vermitteln und ihre Bücher sowie die Chronik ihrer Wanderschaft ab Mayapán anvertrauen. Sie musste ihr Wissen weitergeben, solange sie dazu imstande war.
    Wie lang das sein würde, wusste H’meen nicht. Aber wenn sie an diejenigen dachte, die durch den Ausbruch des Vulkans heute Morgen getötet worden waren, fühlte sie sich darin bestärkt, dass das Geheimnis des Lebens darin bestand, jeden Augenblick bewusst und dankbar auszukosten.
    Ixchel dachte an Cheveyo, während sie Asche und Zweige von dem Felsvorsprung entfernte. Bestimmt erfuhren die Bewohner des Heiligtums in Tlaxcala mit der Zeit von dem Vulkanausbruch und von dem Adler, der so viele Leben gerettet hatte, von dem Kaktus und der Schlange und dem Felsen. Dann machte sich Cheveyo vielleicht auf den Weg, um sich selbst ein Bild davon zu machen.
    Auf den steinernen Altar legte Ixchel das Buch der tausend Geheimnisse und daneben den mit einem Querbalken versehenen grauen Lebensbaum, den die Nordmänner zurückgelassen hatten. Tonina stellte den transparenten Becher daneben und Chac die kleine Statue des Kukulcan. Schließlich nahm Einauge den Beutel mit den Knochen seines Urgroßvaters ab und fügte sie den geheiligten Objekten hinzu.
    »Wie sollen wir diesen Ort nennen?«, fragte Martok.
    Tonina dachte an die steinernen Stelen, mit denen die Maya ihre Namen verewigen wollten. Aber selbst Stein überdauerte nicht alles. Da kam ihr eine Idee. »Wir werden diesem Ort einen Namen geben, der Generationen hindurch lebendig bleiben wird. Wann immer jemand ihn ausspricht, wird er damit den Namen des Mannes erwähnen, der uns hierher gebracht hat.« Tonina lächelte Chac zu und sagte laut seinen Mexica-Namen: »Tenoch.« Dann fügte sie die Nahuatl-Nachsilbe titlán hinzu, was »Ort von« hieß.
    »Von heute an«, verkündete sie, »soll unser neues Zuhause Tenochtitlán heißen.«
    »Und obwohl wir weiterhin Mexica sind«, fügte Ixchel hinzu, »liegen unsere Ursprünge in Aztlán. Gott Huitzilopochtli hat gesagt, wir dürften nicht eher unseren wahren Namen verwenden, als bis der Adler uns in unsere neue Heimat gebracht hätte. Nun sind wir hier angelangt und können uns deshalb das Volk von Aztlán nennen – aztecatl. Wir sind Azteken.«
    Und Tonina ergänzte: »Im Buch der tausend Geheimnisse wird vorhergesagt, dass im Jahr Eins des Schilfrohrs Quetzalcoatl auf seinem Schlangenfloß aus dem Osten zu uns zurückkehrt. Wir werden bereit sein, ihn willkommen zu heißen, wenn es so weit ist.«

    * * *

    Zweihundert Jahre später, im Jahre des Herrn 1519 – nach dem Kalender der Mexica im Jahr Eins des Schilfrohrs – landete ein bärtiger weißer Mann mit seinem Schiff an der Ostküste des Aztekenreichs, an einem Ort, dem er den Namen Veracruz gab. Kaiser Montezuma erfuhr in seiner Stadt Tenochtitlán, die prachtvoll auf einer Insel im Texcoco-See lag, von der Ankunft des weißen Mannes. Er entsandte eine Abordnung von Edelmännern, die Geschenke für Gott Quetzalcoatl mitführten.
    Der Fremde war jedoch nicht Quetzalcoatl. Sein Name lautete Hernán Cortez. Er nahm die einem Gott zugedachten großzügigen Gaben entgegen und zog landeinwärts, um im Namen des Königs von Spanien das Reich der Azteken zu erobern.
    Als Montezuma seinen Fehler erkannte, war es zu spät.

Barbara Wood
    Barbara Wood wurde in England geboren, lebt aber seit ihrer Kindheit in den Vereinigten Staaten. Sie arbeitete u.a. als Kellnerin und Hunde-Sitterin, dann zehn Jahre lang als technische Assistentin im OP-Bereich eines Krankenhauses. Seit 1980 widmete sie sich dem Schreiben. Die Recherchen für ihre Bücher führten sie um die ganze Welt. Barbara Woods Romane sind internationale Bestseller und in 30 Sprachen übersetzt. 2002 wurde sie für ihren Roman ›Himmelsfeuer‹ mit dem Corine-Preis ausgezeichnet.
     
     
     
     
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