Das Pete Buch 05 - Wer schleicht denn da herum
reichlich weltfremd. Pete und Sam schauten ihm von draußen durch das geöffnete Fenster zu. „Der Bengel verschachert tatsächlich die Geschäftsgeheimnisse seines Vaters für eine unbrauchbare Kanone!" staunte Sam.
„Natürlich müssen wir das verhindern!" erklärte Pete mit aller Entschiedenheit.
Sam wußte, wie das zu machen sei. Er griff tief in seine Hosentasche und brachte eine Blechschachtel von solcher Größe zum Vorschein, daß man sich wunderte, wie diese überhaupt Platz darin haben konnte. Vorsichtig öffnete er sie und hielt gleich darauf eine buntgefleckte, quiecklebendige Eidechse in den Fingern. Zwei Sekunden lang betrachtete er sie liebevoll. Dann griff er durch das offene Fenster und ließ sie über den Schreibtisch laufen. Es dauerte nicht lange, bis der Junge im Nachthemd sie sah. Der stieß einen hellen Ruf der Freude aus.
„Natürlich willst du sie haben!" lockte Sam honigsüß.
„Was muß ich dafür tun?" erkundigte sich der Boy vorsichtig. Er wußte schon, daß man nichts umsonst bekam.
„Nichts!" erwiderte Pete. „Und mein Freund hier gibt dir noch eine ganze Menge mehr von diesen netten Viechern, wenn du dafür sorgst —"
„Wenn was —?" Der Junge wurde ganz rot vor Eifer.
„Wenn du diesen Männern dort draußen nicht die Papiere bringst, die sie haben wollen, sondern ihnen dafür ein paar Blätter aus deinem Schreibheft schenkst oder etwas Ähnliches."
„Aber dann werden sie mir den Colt nicht geben!"
„Du darfst ihnen natürlich nicht sagen, daß du sie anschmierst!" Sam setzte mit kühnem Sprung ins Zimmer hinein. Auf einem Tischchen lagen ein paar alte Zeitungen. „So geht's auch!" meinte er, riß sie schnell in handliche Stücke, faltete sie und steckte sie in einen großen Briefumschlag, den er auf dem Schreibtisch fand. Andächtig beleckte er die Gummierung, ehe er ihn zuklebte. „Dies gibst du ihnen!" wandte er sich dann an den Jungen. „Das ist alles gewesen, was auf dem Schreibtisch lag! Dein Vater hatte es bereits verpackt. Es sollte morgen zur Post gehen. Verstanden?"
Der Junge sah ihn mißtrauisch an. Dann fragte er: „Und wo sind die anderen Eidechsen?"
„Hier!" Sam hielt ihm die Schachtel hin. „Mach' sie aber nur einen Spalt breit auf, sonst sind sie weg! Und vergiß nicht, sie zu füttern! Wirst verdammt viel Fliegen fangen müssen, um sie satt zu bekommen!"
„Macht nichts! Wir haben genug Personal; alle müssen tun, was ich will, das hat Man» so angeordnet. Ich schicke sie dann eben auf Fliegenjagd!"
Ohne sich weiter um Pete und Sam zu kümmern, kletterte er aus dem Zimmer, um zu den fremden Männern zurückzukehren, die Schachtel unter dem einen, den Briefumschlag unter dem anderen Arm, sichtlich mit sich und der Welt zufrieden. —
Die Jungen sahen sich nun in aller Ruhe die Papiere auf dem Schreibtisch an, verstanden jedoch nichts von dem, was darauf stand. Es schienen lange Berechnungen zu sein, und für Zahlenspiele brachten beide keinerlei Interesse auf. „ich glaube, es ist am besten, wir stellen die Schriftstücke irgendwie sicher!" riet Pete. „Möglich, daß die Männer bald merken, was ihnen der Hemdenmatz für ihren vernickelten Colt verkaufte, und dann selber hierherkommen, um sich zu holen, was sie haben wollen."
„Wohin?" fragte Sam. Gleich darauf flog ein erfreutes Grinsen über sein Gesicht. „Ganz einfach!" kam ihm ein Gedanke. „Da hinein!" Es war wirklich berückend unverfänglich: In einer Ecke des Zimmers stand ein Schirmständer, und in diesem Ständer steckte ein unordentlich zusammengerollter Schirm. Kleinigkeit, die Papiere darin zu verbergen! In zwei Minuten war die Sache getan.
„Und nun gehen wir auf Erkundung! Müssen doch sehen, wie die Sache mit den Männern und dem Hemdenboy ausgeht! Vielleicht verprügeln sie ihn, wenn sie merken, daß sie genasführt wurden."
„Ganz deiner Meinung, alter Junge!" stimmte Pete zu.
Sie wollten gerade wieder durchs Fenster in den Park hinaus, als sie vom Hof her ein entsetzliches Bellen vernahmen. Zwei Hunde kläfften um die Wette, der eine erbost, der andere ängstlich. „Gleich zwei Köter auf einmal! Dieser Mr. Dudley scheint um seine Sicherheit sehr besorgt zu sein." Sie kümmerten sich jedoch nicht weiter um das Gebell; sie hatten andere, wichtigere Dinge vor.
Wenn sie beschlossen hätten, einmal richtig nachzusehen, hätten sie Jimmy Watson aus einer peinlichen Lage retten können. Der hatte vergeblich versucht, das Halsband abzustreifen, und sich dann
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