Das Pete Buch 05 - Wer schleicht denn da herum
darangemacht, den Lederriemen, mit dem er an der Kette befestigt war, durchzunagen. Aber er war noch lange nicht damit fertig, als das Verhängnis nahte: ein riesengroßer Hund, stark wie ein Kalb, mit Zähnen wie ein Wolf, Lefzen wie ein Tiger, Krallen wie ein Fuchs und mit dem Blutdurst eines Löwen! Jimmy wußte nicht, daß dieser Hund angestammter Besitzer der Hütte war, die zu beziehen man ihn gezwungen hatte. Klar, daß das Tier sich in seinen Eigentumsrechten nicht schmälern lassen wollte! Schließlich durfte es ja die halbe Stunde Ausgang auskosten, die man ihm täglich zubilligte! Erzürnt beschloß es, sofort wieder geordnete Verhältnisse herzustellen. Es blickte Jimmy verweisend an und knurrte zunächst nur. Da Jimmy jedoch keine Anstalten machte, das Feld zu räumen, rückte es entschlossen näher. Jimmy sah zwei wütend funkelnde Augen, einen blutrot leuchtenden Rachen, Zähne, schlimmer als Dolche, eine Zunge, die genießerisch hin und her fuhr . . . hilflos begann er zu flehen: „Geh weg, gutes Hündchen! Will dir ja deine Hütte nicht fortnehmen! Ein böser, böser Mann hat mich hier festgebunden, und ich kann nicht los, so gern ich das auch möchte!"
Der Hund aber hatte nicht die Absicht, sich auf lange Verhandlungen mit Jimmy einzulassen. Er ging einige Male vor dem Hütteneingang auf und ab; sein Knurren war inzwischen zur Stärke eines kleinen Orkanes angeschwollen. Nachdem er den Jungen genugsam gewarnt zu haben glaubte, schnappte er zu, zunächst einmal gewissermaßen zum Spaß. Aber Jimmy fuhr in die Hütte zurück wie der Fuchs in den Bau. Er konnte es gerade noch verhindern, daß Stücke seiner wertvollen Körperteile in den Zähnen des Ungeheuers hängenblieben. Der Hund forderte den Feigling bellend auf, den schützenden Bau zu verlassen und sich zum ehrlichen Kampf zu stellen. Jimmy zeigte jedoch keinerlei Lust dazu, sondern verkroch sich in die äußerste Ecke der Hütte. Leider war sie nicht so groß, wie er gehofft hatte.
Als dem Köter die Sache zu langweilig zu werden begann, kroch er hinter Jimmy her. Der Gepeinigte versuchte zunächst, ihn durch Püffe abzuwehren. Aber der Hund sah dies nur als eine Aufforderung zu neckischem Spiel an. Jimmy keuchte bald vor Angst und Entsetzen. Schließlich schrie er los, als ob er lebendigen Leibes geröstet werden sollte. Leider waren all seine Anstrengungen zwecklos. Alles, was sich sonst im Haus aufhielt, befand sich ja bei der Vorstellung im Park; niemand hörte ihn.
Der Hund beschäftigte sich zunächst einmal mit sichtbarem Vergnügen mit Jimmys Rückfront. Der Schlaks hatte sich nämlich in der weisen Erkenntnis, daß hinten die weniger edlen Körperteile lagen, herumgedreht. Solange es sich nur um die Hose handelte, die dabei in Fetzen gehen konnte, machte es ihm nicht viel aus, obwohl er vor Angst zitterte. Als er aber die Zähne des Köters am bloßen Fleisch spürte, verließ ihn das letzte Restchen Beherrschung, über das er noch verfügte. Mit einem wilden Satz fuhr er in die Höhe. Die Hütte war sehr leicht gebaut und ging bei dieser Kraftanstrengung in die Brüche. Ihre Trümmer hingen an Jimmys Körper wie eine Vermummung. Er las sie ab und warf sie fort.
Nun erwies sich, daß der Hund gar nicht so charakterlos war, wie er sich anfangs gebärdet hatte; nachdem er seine Hütte, wenn auch in Bruchteilen, wiederhatte, kümmerte er sich nicht weiter um den schlotternden Jimmy, der gern davongerannt wäre, wenn ihn dieses verteufelte Halsband nicht daran gehindert hätte.
Als sich der Hund nach einiger Zeit Jimmy wieder zuwenden wollte, verlieh diesem die Verzweiflung ungeahnte Kräfte. Es gelang ihm, den Riemen, der Halsband und Kette miteinander verband, zu zerreißen. Er war frei! Mit Riesensätzen eilte er auf das Haus zu, um sich in Sicherheit zu bringen. Der Hund ließ ihn laufen; schließlich hatte er alles wieder zurück, was ihm gehörte, bis auf das Halsband, und darauf legte er keinen besonderen Wert, weil es ihn bisher nur behindert hatte. —
Jimmy kletterte durch das erste Fenster, das er offen fand. Das Schicksal fügte es, daß er ausgerechnet in die wohlbestellte Vorratskammer des Hauses geriet. Da er der Meinung war, es sei recht und billig, daß er nun für die Qualen, die er ausgestanden, auch entschädigt werde, beschloß er, sich erst einmal ausgiebig zu stärken. Er probierte darauflos und hörte erst wieder auf, als nichts mehr in ihn hineinging. Zum Schluß geriet er noch an ein Glas, in dem seiner
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