Das Phantom von Schreckenstein
spannend“, bemerkte Hans—Jürgen. Durch ein Fenster konnte man sehen, wie sie mit Jean sprachen und ihm alsbald folgten.
„Aha. Mauersäge muß auch mitspielen“, kombinierte Ottokar.
Das traf zu. Jean brachte die beiden zum Burgherrn. „Wir hätten noch eine Bitte“, begann Pummel. „Könnten Sie vielleicht einen Besuch zum Tee empfangen?“
Der alte Herr blinzelte vergnügt, und auch er stellte keine Gegenfrage. „Aber… ks… natürlich“, sagte er. „Wenn es Schreckenstein nützt. Wie viele… ks… Personen?“
Pummel zählte an den Fingern ab. „Wahrscheinlich eine bis drei…“
„D’accord“, äußerte Mauersäge sein Einverständnis auf französisch. „Ich werde sofort… ks… Kuchen besorgen lassen.“
Nachbarschaftshilfe
Der Sturm hatte sich gelegt. Die eingeflossene Polarluft überzog das Land mit Rauhreif, daß Schloß Rosenfels aussah, wie auf einem Schwarzweißfoto.
Die drei Ritter hatten die Fahrt gemächlich zurückgelegt und versteckten ihre Räder sicherheitshalber im Wald.
Stephan schaute auf seine Uhr. „Warten wir, bis die Stunde rum ist.“
Pummel grinste. „Wir wollen ja ausnahmsweise von allen gesehen werden!“
„Stringentes Streichgefühl“, witzelte Mücke. Als die schrille Klingel das Ende der vorletzten Unterrichtsstunde ankündigte, öffneten sie das Tor und stiegen die knarzende Treppe hinauf. An der Glastür zum ersten Obergeschoß lief ihnen Beatrix in den Weg.
„Stephan!“ Sie freute sich offensichtlich, ihn zu sehen, doch dann verfinsterten sich ihre Züge. „Was tut ihr denn hier?“
„Wir machen nur einen kleinen Besuch“, antwortete Pummel scheinheilig.
„Nanu?“ Bettina war dazugekommen. Weitere Mädchen folgten und starrten die Ritter argwöhnisch an.
„Schaut nicht so dämlich“, rügte Mücke. „Wir beißen euch ausnahmsweise nicht.“
„Wenn du dabei bist, ist was faul!“ fuhr seine Schwester ihn an.
„Ruhig Blut, junge Frau!“ beschwichtigte sie Pummel. „Wir sind kein Trojanisches Pferd.“
„Sie wollen angeblich einen Besuch machen!“ erklärte Beatrix.
Alle gackerten durcheinander, die drei Kratzbürsten drängten sich vor.
„Die müssen weg! Wenn die Horn kommt…“ zischte Martina.
„Gut, daß du’s sagst!“ antwortete Pummel seelenruhig, „zu der wollen wir ja.“
„So weit kommt’s noch! Uns verpetzen, was?“ Ingrid bebte vor Zorn.
„Los!“ rief Sophie.
Esther packte Mücke, Doris sprang Pummel an, Beatrix stürzte sich auf Stephan. „Ist das eure Ritterfairneß?“
„Moment“, sagte der und hielt sie an den Handgelenken fest. Pummel hatte Doris in den Schwitzkasten genommen, da kam Martina von hinten und riß ihn um. Esther biß Mücke in den Arm.
„Vorsicht, deine Milchzähne!“ mahnte der. Sophie und Renate bemühten sich, Stephan zu überwältigen, doch er schleuderte ihnen Beatrix entgegen, als handle es sich um Kugelstoßen.
„Niemand wird hier verpetzt!“ keuchte er. „Aber wenn ihr nicht aufhört…“
„Loslassen!“ fuhr Ingrid dazwischen. „Erst sollen sie reden.“
Die Mädchen reagierten nicht sofort, doch da bekamen die Ritter unerwartete Hilfe.
„Was geht hier vor?“ fragte eine allen bekannte Stimme. Schlagartig gab die Meute ihre Beute frei, der Ring um die Ritter öffnete sich für keine andere als Fräulein Doktor Horn.
„Ihr?“ Mit starrem Vogelblick musterte sie die drei. „Und um diese Zeit? Habt ihr denn keinen Unterricht?“
„Im Augenblick nicht“, antwortete Stephan ruhig. „Guten Tag.“ Er verneigte sich leicht.
Mücke und Pummel folgten seinem Beispiel. Für Höflichkeit war Fräulein Doktor Horn besonders empfänglich.
„Guten Tag“, erwiderte sie schon deutlich milder. „Also, was führt euch nach Rosenfels?“
„Wir wollten zu Ihnen“, antwortete Pummel unter entsetztem Raunen der Mädchen.
„Zu mir?“ Ihr Vogelblick wanderte von einem zum andern. Mit ihrer schmalen Nase sah sie aus, wie eine humorlose Schwester von Mauersäge.
Stumm und steif standen die Mädchen im Kreis. Die Augen fielen ihnen vor Spannung schier aus den Köpfen, als käme die Antwort der Ritter für sie einem Urteil gleich.
Pummel genoß ihre Besorgnis und ließ sich Zeit. „Es ist nämlich so…“ begann er.
„Ja, so ist es“, bestätigte Mücke unsinnigerweise.
„Nun redet schon!“ drängte die Leiterin.
Ihr strenger Unterton veranlaßte Stephan, sich zu räuspern. Für seine Kameraden ein Zeichen, daß er reden wollte. Sie
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